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       # taz.de -- Neuer Spitzenmann der Bremer Grünen: Vorgänger wird Nachfolger
       
       > Nach dem Rücktritt von Ralph Saxe bewirbt sich Hermann Kuhn um den
       > vakanten Posten in der Doppelspitze von Bremens Grünen.
       
   IMG Bild: Reimt sich sogar: Hermann Kuhn – will's noch mal tun
       
       Bremen taz | Hermann Kuhn macht es. „Die Lücke, die durch den Rücktritt von
       Ralph Saxe entstanden ist, muss schnell geschlossen werden“, kündigte der
       73-jährige Politiker an, für den vakant gewordenen Platz neben der
       25-jährigen Alexandra Werwath in der Doppelspitze des Bremer Grünen
       Landesverbands zu kandidieren. „Ich sehe mich dabei als Übergangslösung“,
       präzisierte er.
       
       Noch am Montag, also gleich am Tag von Saxes Rücktritt aus privaten
       Gründen, hatte Werwath das Tempo forciert: „Gerade vor der Wahl im
       kommenden Jahr brauchen wir einen voll besetzten Vorstand“, hatte sie der
       taz gesagt. Auf den 14. September wurde die außerordentliche
       Landesmitgliederversammlung terminiert, die über die Neubesetzung des
       Postens entscheiden soll. Jetzt hat man für den auch einen Bewerber. Dass
       jemand gegen Kuhn antritt, der den Posten bereits von 2011 bis 2013 inne
       hatte, ist unwahrscheinlich.
       
       Denn wirklich beliebt ist das undotierte Ehrenamt nicht: Gerade bei Bündnis
       90/Die Grünen, dessen Parteichef*innen deshalb etwas sperrig
       Landesvorstandssprecher*innen genannt werden, ist der Ausgleich zwischen
       dem Bedürfnis nach Vorgaben und dem Anspruch auf Mitbestimmung schwierig.
       Als Voraussetzung gelten große Leidensfähigkeit und noch mehr intrinsische
       Motivation.
       
       Er jedenfalls verfüge über „ein dickes Fell“, so Kuhn, der insgesamt 20
       Jahre Erfahrung als Bürgerschaftsabgeordneter erworben hat, über seine
       Kernkompetenzen. Und: „Ich habe ein ausgeprägtes Bewusstsein dafür, dass
       Parteien notwendig sind, als vermittelnde und ordnende Organisationen.“
       
       Die Parteien seien derzeit unter Druck. Und dem gelte es etwas
       entgegenzusetzen: „Es sind die Parteien, für die es sich lohnt, sich zu
       engagieren.“ Noch im vergangenen Herbst war Kuhn als Gegenkandidat von Saxe
       mit dem Versprechen, für mehr Führung zu sorgen, knapp gescheitert.
       „Vielleicht ist nach den jetzigen Turbulenzen der Wunsch danach gewachsen“,
       sagte er jetzt.
       
       Der Vorstandsvorschlag, bei der Bürgerschaftswahl 2019 mit einer von
       Bürgermeisterin Karoline Linnert, Fraktionschefin Maike Schaefer und
       Sozialsenatorin Anja Stahmann gebildeten Dreierspitze anzutreten, hatte in
       der Partei Unruhe verursacht. Für Klärung soll nun eine Urabstimmung
       sorgen. Zusammen mit dem Saxe-Rücktritt ergab das einen verkorksten Start
       in den Vorwahlkampf.
       
       Entsprechend reagierte Saxe nun mit Erleichterung auf die Nachricht, dass
       sein Vorgänger wohl auch sein Nachfolger wird: „Alle werden verstehen, dass
       ich bei der letzten Vorstandswahl nicht für Hermann gestimmt habe“, sagte
       er über seinen damaligen Gegenkandidaten. „Diesmal werde ich es tun.“ Er
       freue sich, „dass es so schnell eine gute Lösung für meine Nachfolge gibt“.
       Er habe „großen Respekt“ für dessen Bewerbung.
       
       ## Zu alt für die CDU
       
       Weniger groß fällt der bei der CDU aus: „Hinsichtlich der Kandidatur Kuhns
       ist man versucht zu sagen: Zurück in die Zukunft!“, so der
       Landesvorsitzende der Christdemokraten, Jörg Kastendiek, auf Nachfrage.
       „Ein 73-Jähriger ist ein besonderes Signal für die Erneuerung oder
       Verjüngung einer Partei.“ Ansonsten spiele für die CDU „keine Rolle, wer
       bei den Grünen Landessprecher ist“.
       
       „Ich finde es etwas einfältig, Erneuerungskraft allein am Alter
       festzumachen“, lässt Kuhn derartige Ageismen abperlen. Ansonsten hält man
       sich im politischen Raum mit Kommentaren zur Grünen-Personalie eher zurück,
       möglicherweise gerade, weil sie Auswirkungen auf künftige Verpartnerungen
       haben kann. Schließlich sind die jeweiligen Parteivorstände federführend
       bei den Verhandlungen von Koalitionsverträgen: Kein Wort zur Kandidatur von
       SPD-Chefinnen Sascha-Karolin Aulepp, vom FDP-Vorsitzenden Hauke Hilz nur
       die unverbindliche Hoffnung, „dass sich die Grünen personell so aufstellen,
       dass die Option einer Jamaika-Koalition gewahrt bleibt“.
       
       ## Nachdenken über ein rot-rot-grünes Bündnis
       
       Den Posten zu besetzen sei denn ja doch „Sache der Grünen“, stellt auch
       Conny Barth, Landesvorstandssprecherin von Die Linke auf Nachfrage der taz
       klar. Dass Kuhn, einst selbst als Kommunist von einem Berufsverbot als
       Lehrer betroffen, sich seit den 1980er-Jahren politisch im scharfen
       Gegensatz zu sozialistischer Politik positioniert, sehe sie nicht als
       Hypothek für Koalitions-Optionen: „Ich vermute, dass auch die Grünen so
       demokratisch sind, dass eine solche Entscheidung nicht allein vom Vorstand
       abhängt.“
       
       Das Nachdenken über ein rot-rot-grünes Bündnis war zuletzt durch Äußerungen
       von Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) und von Kristina Vogt, der Chefin
       der Linksfraktion, befeuert worden. Kuhn wollte sich daran gestern nicht
       beteiligen: „Ich glaube, dass jeder gut beraten ist, vor den Wahlen nicht
       groß über vermeintliche Bündnisse zu spekulieren“, sagte er. „Das ist nach
       dem Wahltag nämlich alles Makulatur.“
       
       31 Aug 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Benno Schirrmeister
       
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