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       # taz.de -- FC Schalke 04 in der Fußball-Bundesliga: Systematisch unspektakulär
       
       > Schalke will sein sprödes Spiel weiter pflegen. Die Spieler schwärmen von
       > Trainer Tedesco. Neuzugang Rudy wäre wohl ohne ihn nicht gekommen.
       
   IMG Bild: Unaufgeregt und beliebt: Schalke-Trainer Domenico Tedesco
       
       Gelsenkirchen taz | Euphorisch wirkte Domenico Tedesco nicht, als er
       Donnerstagabend das Ergebnis der Champions-League-Auslosung kommentieren
       sollte. „Das ist eine sehr interessante und ausgeglichene Gruppe ohne
       klaren Favoriten“, sagte der Trainer des FC Schalke, der das
       Königsklassenabenteuer am 18. September gegen den FC Porto als auf dieser
       Ebene vollkommen unerfahrener Frischling beginnen wird. Es folgen Duelle
       mit Galatasaray Istanbul und Lokomotive Moskau, die kaum Begeisterung,
       dafür aber umso größere Erwartungen wecken.
       
       Die Bild spricht von „Kugel-Dusel“, auch Reviersport findet, der
       Bundesligist habe „Riesen-Glück“ gehabt. So ähnlich klingen die meisten
       Kommentare. In Wahrheit [1][handelt es sich aber um fiese Gegner], die
       dummerweise nicht einmal namhaft genug sind, um Verständnis für Misserfolge
       zu wecken. Auch vor diesem Hintergrund hätte Tedesco lieber „ein, zwei
       Hammer“ gehabt, wie er Anfang der Woche erklärte.
       
       Der Glamour, den Duelle gegen Teams aus Manchester, Madrid oder Liverpool
       umgeben hätte, fehlt dieser Schalker Vorrunde, und irgendwie passt das
       sogar. Schließlich steht der Mangel an Spektakel im Zentrum einer
       Dauerdebatte in Gelsenkirchen.
       
       Der ganze Sommer war von der Hoffnung geprägt, dass das Team künftig
       attraktiver gewinnen möge als in der fußballerisch biederen Vorsaison. Beim
       mühsamen 2:0 im Pokal bei Schweinfurt 05 und beim 1:2 in Wolfsburg am
       vorigen Samstag spielte Schalke allerdings ähnlich fantasielos wie im
       ersten Jahr mit Tedesco.
       
       ## Tedesco, immer wieder Tedesco
       
       Umso erstaunlicher ist, dass dieser Fußballlehrer sich zur treibenden Kraft
       eines beschwingten Aufbruchs entwickeln konnte. „Der Trainer hat uns eine
       Identität gegeben, mit der wir Rückschläge besser wegstecken können“, hat
       Kapitän Ralf Fährmann kürzlich verkündet. Solche Schwärmereien sind
       allgegenwärtig auf Schalke.
       
       Wenn neue Spieler gefragt wurden, warum sie sich für den Revierklub
       entschieden haben, wurde früher immer viel von Tradition, den tollen Fans
       und der wahren Größe dieses Fußballvereins gefaselt. Nun sagte Sebastian
       Rudy nach seinem Wechsel vom FC Bayern zu den Königsblauen, der Trainer
       habe den Ausschlag gegeben: „Er hat mir nicht nur Honig ums Maul
       geschmiert, Tedesco hat mich voll überzeugt und begeistert.“
       
       Manager Christian Heidel war zur wohl entscheidenden Verhandlungsrunde
       nicht einmal mitgekommen, dafür hatte Tedesco einen Videoanalysten und
       einen Assistenztrainer mitgebracht. In vertrauter Runde wurde ein
       tiefgründiges Fachgespräch über das Spiel des FC Schalke, aber auch über
       Stärken und Schwächen Rudys geführt. Das muss beeindruckend gewesen sein.
       Auch der vielerseits umworbene Stürmer Mark Uth, aus Hoffenheim nach
       Gelsenkirchen gewechselt, versichert, Tedesco sei der Hauptgrund für seine
       Entscheidung gewesen.
       
       ## Hang zum Pragmatismus
       
       Es gibt nicht viele Fußballlehrer, die solch eine Anziehungskraft auf
       Spieler ausüben; Christian Streich auf etwas niedrigerem Niveau, Jürgen
       Klopp oder Pep Guardiola, wirklich lang ist diese Liste aber nicht. Und
       Heidel ist uneitel genug, Tedesco an seiner Seite wachsen zu lassen.
       
       Auch die Kaderplanung soll mittlerweile weitgehend im Trainerbüro
       stattfinden, wo häufig noch nach Mitternacht das Licht brennt. Offenkundig
       sieht man beim FC Schalke nach Jahren des Schlingerns die Chance, mit
       diesem Trainer nachhaltig zu wachsen. Er habe „den festen Vorsatz“, sich in
       seiner Haltung zu Tedesco „nicht von der ersten Krise ins Wanken bringen zu
       lassen“, sagte Heidel, nachdem er den Vertrag mit diesem im Sommer bis 2022
       verlängert hatte. Was noch fehlt, ist der Fortschritt auf dem Rasen, ein
       Thema, bei dem Tedesco vorsichtig wird.
       
       Der 32-Jährige ist viel zu höflich, um die Kritiker der Spielweise
       zurechtzuweisen, aber seinen Hang zum Pragmatismus wird er weiter pflegen.
       Erfolg und Funktionalität sind ihm wichtiger als das schöne Spiel. Er ist
       einer, der sich auch von der Schönheit einer torlosen, dafür aber
       strategisch innovativen Abwehrschlacht begeistern lassen kann. „Unsere DNA
       wird die gleiche bleiben“, sagt er. Für Freunde des Spektakels keine gute
       Nachricht.
       
       2 Sep 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.kicker.de/news/fussball/uefa/startseite/730719/artikel_schalkes-gruppe-d_eine-unglaubliche-auslosung.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Theweleit
       
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