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       # taz.de -- Geflüchtete auf Schiff in Italien: Minderjährige dürfen von Bord
       
       > Zahlreiche Geflüchtete harren weiter auf einem Schiff vor Italien aus.
       > Sie sind im Hafen, dürfen aber nicht von Bord. Zumindest die Kinder
       > dürfen nun an Land.
       
   IMG Bild: Nach knapp drei Tagen im Hafen: Minderjährige dürfen inzwischen von Bord der „Diciotti“
       
       Catania/Berlin dpa | Die Bundesregierung zögert mit einer möglichen
       Übernahme von Geflüchteten eines italienischen Rettungsschiffs. Die 177
       Flüchtlinge harrten am Mittwoch den zweiten Tag in Folge auf dem
       Küstenwachenschiff „Diciotti“ im Hafen von Catania in Sizilien aus. Die
       Europäische Kommission hat sich mit einem Aufnahmeersuchen auch an
       Deutschland gewandt. Eine Entscheidung über eine Aufnahme sei aber noch
       nicht getroffen, hieß es am Mittwoch aus dem Bundesinnenministerium in
       Berlin.
       
       Deutschland stehe zwar grundsätzlich zu seiner „humanitären Verantwortung
       im Rahmen der europäischen Solidarität“. Eine Sprecherin sagte, die
       Bundesregierung erwarte aber, dass sich auch andere Mitgliedstaaten an
       einer Aufnahmeaktion beteiligten. Sie betonte: „Solidarität kann keine
       Einbahnstraße sein.“
       
       Italien hatte Brüssel am Sonntag aufgefordert, EU-Länder zu finden, die
       bereit sind, Geflüchtete zu übernehmen. Erst dann will Innenminister Matteo
       Salvini die Menschen an Land gehen lassen. An Bord sind laut
       Hilfsorganisationen rund 30 unbegleitete Minderjährige. 29 Kinder dürften
       von Bord, erklärte Salvini. Der Rest allerdings nicht.
       
       Die populistische Regierung in Rom hatte bereits mehreren Schiffen mit
       Flüchtlingen das Anlegen in Italien verweigert beziehungsweise erst nach
       tagelangen Hängepartien gestattet.
       
       ## Medizinische Lage verbessern
       
       Eine Sprecherin der EU-Kommission wiederholte in Brüssel die Aussagen der
       Vortage: Man sei noch immer im Gespräch mit den EU-Staaten und rufe jeden
       dazu auf, sich an einer schnellen Lösung zu beteiligen. „Vorrangig sollte
       natürlich für alle sein, sicherzustellen, dass diese Menschen die
       Versorgung erhalten, die sie brauchen.“
       
       Laut EU-Kommission bekommt Italien zwischen 2014 und 2020 zur Bewältigung
       der Migration mehr als 850 Millionen Euro aus EU-Mitteln. Zusätzlich zu gut
       650 Millionen Euro aus regulären EU-Fonds seien mittlerweile mehr als 200
       Millionen Euro Soforthilfe bereitgestellt worden. Am Dienstag seien weitere
       9 Millionen Euro zur Versorgung von Asylbewerbern und Schutzberechtigten
       vergeben worden. Das Geld soll vor allem die medizinische Lage von mehr als
       42.000 Menschen in den Aufnahmelagern etwa in der Toskana und auf Sizilien
       verbessern.
       
       Ärzte ohne Grenzen forderte die italienische Regierung auf, die Menschen
       schnellstmöglich an Land gehen zu lassen. Helfer warteten darauf, „dringend
       benötigte“ psychologische Hilfe zu leisten, erklärte die Hilfsorganisation
       auf Twitter.
       
       Die Menschen waren vergangenen Donnerstag von einem Boot in der Such- und
       Rettungszone Maltas aufgenommen und auf das Schiff der italienischen
       Küstenwache gebracht worden. Nachdem Malta der „Diciotti“ das Anlegen
       verweigert hatte, durfte das Schiff am Montagabend in den Hafen von Catania
       fahren.
       
       ## Gefechte um die Verantwortung
       
       Unterdessen rettete das maltesische Militär am Mittwochmorgen 100
       Geflüchtete von einem Boot südlich des Inselstaats. Gefunden wurden an Bord
       des Bootes auch zwei Leichen.
       
       Malta und Italien liefern sich seit Wochen Gefechte um die Verantwortung
       für die Aufnahme geretteter Flüchtlinge. Auf der Mittelmeerinsel werden
       auch mehrere deutsche Seenotrettungsschiffe wie die „Lifeline“ oder „Sea
       Watch“ festgehalten.
       
       Maltas Innenminister bekräftigte in einem Interview mit dem MDR-Magazin
       „Exakt“, dass die maltesischen Häfen für Rettungsschiffe von
       Nichtregierungsorganisationen vorerst geschlossen bleiben sollen: „Wir
       schließen unsere Häfen solange, bis wir alle notwendigen Informationen
       haben. Wenn wir dann zufrieden sind, können sie auslaufen.“ Dabei geht es
       unter anderem darum, wie die Schiffe registriert sind.
       
       Bei einem neuen Massenansturm afrikanischer Flüchtender gelangten am
       Mittwoch mindestens 115 Menschen von Marokko aus in die spanische
       Nordafrika-Exklave Ceuta. Sie überwanden gewaltsam den sechs Meter hohen
       doppelten Grenzzaun, wie ein Sprecher der Regierungsvertretung in Ceuta der
       Deutschen Presse-Agentur sagte. Sieben Polizisten, die versuchten, die
       Flüchtenden abzuwehren, seien verletzt worden. In der Nähe von Ceuta sowie
       der ebenfalls spanischen Nordafrika-Exklave Melilla, 250 Kilometer weiter
       östlich, harren Zehntausende Afrikaner auf eine Gelegenheit, in die EU zu
       gelangen.
       
       23 Aug 2018
       
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