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       # taz.de -- Todesfall bei Stadtfest in Chemnitz: Zwei Verdächtige in U-Haft
       
       > Nach einem Tötungsdelikt in Chemnitz sitzen zwei Verdächtige in
       > Untersuchungshaft. Zuvor hatte es Aufmärsche von hunderten Rechten
       > gegeben.
       
   IMG Bild: Hier kam es in der Nacht zum Sonntag zu einem tödlichen Streit
       
       Chemnitz/Berlin dpa/afp/epd | Nach einem Tötungsdelikt auf dem Chemnitzer
       Stadtfest sitzen zwei Tatverdächige in Untersuchungshaft. Das Amtsgericht
       Chemnitz erließ am Montag Haftbefehl wegen gemeinschaftlichen Totschlags
       auch gegen einen 22-jährigen Iraker, wie wie die Staatsanwaltschaft
       Chemnitz mitteilte. Zuvor war bereits gegen einen 23-jährigen Syrer ein
       Haftbefehl erwirkt worden.
       
       Die beiden sind nach Auffassung der Ermittler dringend verdächtig, in der
       Nacht zum Sonntag nach einem Streit ohne Grund mehrfach mit einem Messer
       auf einen 35-Jährigen eingestochen zu haben. Der Mann starb im Krankenhaus.
       Anschließend gingen in der sächsischen Stadt am Sonntag hunderte Rechte auf
       die Straße.
       
       Die Demonstrationen hatten sich am Abend nach und nach aufgelöst. Derzeit
       würden vier Anzeigen bearbeitet, darunter seien zwei wegen
       Körperverletzung, eine wegen Bedrohung sowie eine wegen Widerstands gegen
       Vollstreckungsbeamte, teilte die Polizei mit. Videos in sozialen Medien
       zeigten Übergriffe auf Migranten. Die Stadt beendete aus
       Sicherheitsbedenken vorzeitig ihr Stadtfest.
       
       Laut Polizei hatte es am Sonntag mehrere Aufrufe im Internet gegeben, sich
       in der Innenstadt einzufinden. Den Angaben nach hatten sich daraufhin
       zunächst gegen 15.00 Uhr rund 100 Menschen versammelt. Dies sei
       störungsfrei verlaufen. Diese Versammlung ging auf einen Aufruf der
       Alternative für Deutschland (AfD) zurück. Dem folgte eine weitere
       Versammlung um 16.30 Uhr.
       
       Zu dieser Versammlung hatte laut Medienberichten die rechte
       Ultra-Fußballvereinigung Kaotic Chemnitz aufgerufen. Bei der zweiten
       Versammlung in der Innenstadt nahmen laut Polizei rund 800 Personen teil.
       „Die Personengruppe reagierte nicht auf Ansprache durch die Polizei und
       zeigte keine Kooperationsbereitschaft“, teilte die Polizei mit. Es habe
       Flaschenwürfe auf Polizisten gegeben. Medienberichte, wonach ein Beamter
       verletzt wurde, bestätigte ein Sprecher am Montag nicht.
       
       Die Gruppierung habe sich plötzlich in Bewegung gesetzt. Die Polizei sei
       zunächst nur mit geringen Kräften vor Ort gewesen, hieß es weiter. Weitere
       Einsatzkräfte kamen zu diesem Zeitpunkt aus Dresden und Leipzig. Die
       Ansammlungen hatten sich am Abend nach und nach aufgelöst.
       
       Das Tatmotiv sowie der genauer Ablauf des Tötungsdelikts blieben zunächst
       weiter im Dunkeln. Die Staatsanwaltschaft gab dazu mit Verweis auf die
       andauernden Ermittlungen nichts bekannt. Die Polizei dementierte Gerüchte,
       wonach es angeblich einen zweiten Todesfall gegeben habe. Die Polizei
       widersprach über Twitter zudem Medienberichten, wonach es vor der
       Auseinandersetzung eine „Belästigung“ gegeben habe. Dafür gebe es derzeit
       „keinerlei Anhaltspunkte“.
       
       Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat die rechte
       Stimmungsmache im Fall Chemnitz als „widerlich“ bezeichnet. Nötig sei ein
       umfassendes Bild von den Geschehnissen „und keine Mutmaßungen,
       Spekulationen und Gerüchte“, [1][schrieb Kretschmer am Montag] im
       Kurzbotschaftendienst Twitter. „Wir lassen nicht zu, dass das Bild unseres
       Landes durch Chaoten beschädigt wird“, [2][fügte er hinzu.]
       
       „Wenn ich sehe, was sich in den Stunden am Sonntag hier entwickelt hat,
       dann bin ich entsetzt“, sagte Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) dem
       MDR. „Dass es möglich ist, dass sich Leute verabreden, ansammeln und damit
       ein Stadtfest zum Abbruch bringen, durch die Stadt rennen und Menschen
       bedrohen – das ist schlimm.“ Zunächst hatten die Veranstalter Pietätsgründe
       für den Abbruch des Fests angegeben.
       
       Die Bundesregierung hat nach den Vorfällen „Hetzjagden“ auf Ausländer
       scharf verurteilt. „Solche Zusammenrottungen, Hetzjagden auf Menschen
       anderen Aussehens, anderer Herkunft, oder der Versuch, Hass auf den Straßen
       zu verbreiten, das nehmen wir nicht hin“, sagte Regierungssprecher Steffen
       Seibert am Montag in Berlin. Die Bundesregierung verurteile dies „auf das
       Schärfste“. Es dürfe keine „Selbstjustiz“ geben, sagte Seibert weiter. Was
       in Chemnitz vorgefallen sei, habe „in unserem Rechtsstaat keinen Platz“.
       
       Für Montag sind mehrere Demonstrationen geplant. Die rechtsgerichtete
       Bürgerbewegung „Pro Chemnitz“ rief auf Facebook zu einer Kundgebung auf.
       Mehrere linke Gruppierungen aus Sachsen kündigten in den sozialen
       Netzwerken Gegenveranstaltungen an. Bereits am Sonntag hatte es spontane
       Demonstrationen nach der Gewalttat vom Wochenende gegeben.
       
       27 Aug 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/MPKretschmer/status/1034067884732030977
   DIR [2] https://twitter.com/MPKretschmer/status/1034067886514556929
       
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