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       # taz.de -- Vergabe öffentlicher Aufträge: Wie viel darf gute Arbeit kosten?
       
       > Rot-Rot-Grün will das Vergabegesetz überarbeiten. Die Linkspartei
       > streitet dabei über die Höhe des Mindestlohns.
       
   IMG Bild: Auch hier wurden öffentliche Gelder in Millionenhöhe verbaut: Arbeiter an der Staatsoper
       
       Ungezählte ArbeitnehmerInnen sind täglich im Auftrag Berlins tätig – ohne
       selbst beim Land angestellt zu sein. Bauarbeiter sanieren die Staatsoper,
       errichten neue Schulen oder versuchen, einen Flughafen fertigzustellen.
       Reinigungskräfte halten öffentliche Gebäude sauber, Fahrzeuge werden
       gewartet. Träger beantragen Gelder für Projekte – und bezahlen davon ihre
       MitarbeiterInnen. Schätzungen zufolge vergeben Berlin und seine
       landeseigenen Betriebe pro Jahr Aufträge im Wert von insgesamt 5,5
       Milliarden Euro.
       
       Welche Kriterien die beteiligten Unternehmen dabei erfüllen müssen, ist im
       Vergabegesetz geregelt, das Rot-Rot-Grün nun überarbeiten will. Im
       Koalitionsvertrag hat man sich auf den Grundsatz „öffentliches Geld nur für
       gute Arbeit“ verständigt. Was das aber genau heißt, darüber gehen die
       Meinungen auseinander, selbst innerhalb der Linkspartei.
       
       Bislang müssen Firmen ihren Beschäftigten bei öffentlichen Aufträgen
       mindestens 9 Euro pro Stunde zahlen – also nur wenig mehr als den
       bundesweit geltenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,84 Euro. Im Mai hatte
       Alexander Fischer, Staatssekretär in der Verwaltung von Arbeitssenatorin
       Elke Breitenbach (Linke), 12,63 Euro als neuen Landesmindestlohn bei
       öffentlichen Aufträgen ins Gespräch gebracht: Nur bei so einem Entgelt
       könnten Beschäftigte eine Rente oberhalb der Grundsicherung erreichen.
       
       Nun grätscht die Fraktion der Linken mit einem Beschluss zum Vergabegesetz
       dazwischen: Geht es nach den Abgeordneten, dann soll der Mindestlohn auf
       die unterste Stufe des Tarifvertrags der Länder angehoben werden – auf
       10,50 bis 11,30 Euro pro Stunde. „In diesem Korridor müssen wir uns
       bewegen“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher und ehemalige
       Wirtschaftssenator Harald Wolf am Mittwoch.
       
       Gegenüber der taz bekräftigte Staatssekretär Fischer seine Haltung: „Wir
       haben fachlich darauf hingewiesen, dass ein Stundenlohn von 12,63 Euro zur
       Verhinderung von Altersarmut geeignet ist.“ In der kommenden Woche soll das
       Vergabegesetz im Senat besprochen werden. Wenn schon ihre eigene Fraktion
       ihr nicht den Rücken stärkt, dürfte es für Arbeitssenatorin Breitenbach
       schwierig werden, ihren höheren Wert durchzusetzen.
       
       „Wir freuen uns, dass die Linksfraktion mit ihrem Eckpunktepapier den
       Plänen der grün geführten Wirtschaftsverwaltung folgt“, freute sich denn
       auch der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen, Marc Urbatsch. Auch
       Wirtschaftssenatorin Ramona Pop will den Mindestlohn bei öffentlichen
       Aufträgen anheben auf die unterste Entgeltgruppe des öffentlichen Dienstes.
       Auf einen genauen Stundenlohn werde sie sich aber nicht festlegen, sagte
       ihre Sprecherin am Mittwoch.
       
       Pop will neben den sozialen auch ökologische Kriterien im Gesetz stärker
       verankern. Dem schließt sich die Linksfraktion im Prinzip an und fordert:
       „Die Kriterien für umweltfreundliche und energieeffiziente Beschaffung
       sollten konkreter gefasst werden.“ Zudem solle stärker kontrolliert werden,
       dass die Firmen die Vorgaben tatsächlich einhalten. Bisher hat die
       zuständige Kontrollgruppe acht Stellen. Sie soll mit Befugnissen, aber auch
       personell gestärkt werden.
       
       Sozialpolitik solle man nicht über die Vergabepolitik betreiben, sagte
       Carsten Brönstrup von den Unternehmensverbänden Berlin-Brandenburg. Er
       warnte: „Kleine und mittlere Unternehmen können höhere Löhne nicht zahlen
       und werden sich weniger bewerben.“ Harald Wolf glaubt das nicht. „Für
       Firmen, die gute Arbeit bieten, kann das Vergabegesetz gerade ein Anreiz
       sein, sich zu bewerben.“
       
       5 Sep 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Antje Lang-Lendorff
       
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