# taz.de -- Kommentar Homosexualität Indien: Die Welt ist eine Familie
> In Indien hat das Oberste Gericht Homosexualität legalisiert. Das ist ein
> Erfolg für liberale Kräfte auf der ganzen Welt.
IMG Bild: Die indische LGBTI-Community ist glücklich über die Legalisierung von Homosexualität
Zu einer Zeit, in der liberale Errungenschaften und Menschenrechte weltweit
unter Druck sind, ist das [1][Urteil des Obersten Gerichts in Indien],
wonach der „Homosexuellenparagaf“ 377 „irrational“ und „willkürlich“ sei
und deswegen abgeschafft gehört, endlich wieder eine gute Nachricht. Dabei
spiegelt das Urteil nicht nur die Entwicklung der indischen Gesellschaft,
hinter der die Politik mit ihren verkrusteten Strukturen und Mechanismen
der Mehrheitsbeschaffung zurückgeblieben ist.
Für Liberale in Europa sollte dies auch ein Signal dafür sein, dass sich
Verbündete im Kampf gegen die grassierenden autoritären Tendenzen und
„illiberale Demokratie“ auch zunehmend anderswo finden lassen als in den
Ländern des traditionellen Westens. Dass dabei Indien nicht immer den
Goldstandard des liberalen Rechtsstaats erfüllt, ist zweitrangig, denn das
tun auch zunehmend unsere engsten Verbündeten nicht und wir selbst
verstoßen leider auch oft genug gegen unsere eigenen Grundsätze.
Im Falle von LGBTI-Rechten hat der christliche Einfluss der britischen
Kolonialmacht in Indien eine weitaus liberalere Tradition an den Rand
gedrängt. Dies sollte Anlass zu einem Dialog geben, der endlich mit dem
Überlegenheitsgefühl des „christlichen Abendlandes“ abschließt und sich dem
in anderen Kulturen und Traditionen vorhandenen Liberalismus öffnet.
Dieser Dialog muss vor allem von der Zivilgesellschaft vorangetrieben
werden, denn weite Teile der Politik im Westen sind derzeit damit
beschäftigt, Gespenster der Vergangenheit abzuwehren. Die Zeit für ein
neues liberales Denken, das Erfahrungen und Traditionen nichtwestlicher
Kulturen einschließt, ist daher schwierig, aber sie ist jetzt.
Die indische Tradition kennt hierfür übrigens einen schönen Ausdruck:
„Vasudhaiva Kutumbakam“ (Sanskrit für „Die Welt ist eine Familie“). Dieser
Satz aus der Maha Upanishad, einem heiligen Text der Hindus, ist in der
Eingangshalle des indischen Parlaments eingraviert.
7 Sep 2018
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## AUTOREN
DIR Britta Petersen
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