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       # taz.de -- Ride-Sharing-Projekt: Fährt so spät durch Nacht und Wind
       
       > Die BVG erweitert ab Freitagabend ihre Fahrzeugflotte um eine Art Rufbus,
       > den „BerlKönig“. Es hagelt schon Kritik am Konzept.
       
   IMG Bild: Hintern im BVG-Flecktarn: der „BerlKönig“
       
       „So schnell wie eine U-Bahn. So leise wie eine Tram. So gut erreichbar wie
       ein Bus“ soll das neue Verkehrsmittel laut seinem Internetauftritt sein,
       also quasi alle Vorzüge des Berliner Nahverkehrs in sich vereinen. Bevor
       Sie allzu lange rätseln: Es handelt sich um den „BerlKönig“, den „On-demand
       Shuttle-Service“ der BVG, der am heutigen Freitagabend zum ersten Mal durch
       Nacht und Wind fährt. Um noch einmal die Werbeprosa der Verkehrsbetriebe zu
       bemühen: Der BerlKönig „bietet günstige, geteilte und zugleich
       umweltschonende Fahrten, die individuelle Mobilität des eigenen PKW und ist
       dabei fast so günstig wie eine Busfahrt“.
       
       Was hat es mit diesen vollmundigen Versprechen auf sich? Und worum geht es
       überhaupt? Das Zauberwort heißt „Ride-Sharing“. Ein Unternehmen – in diesem
       Fall die BVG in einem Joint Venture mit Mercedes-Benz und des
       US-Unternehmens ViaVan – fährt mit Minibussen durch die Stadt, die
       KundInnen für individuelle Strecken buchen können. Pointe: Die heutige
       Generation von Rechnern und Applikationen kann aus unterschiedlichen
       Fahrtwünschen in Sekundenbruchteilen ideale Wege kombinieren. Der
       Algorithmus lotst die FahrerInnen der Transporter über eine sich ständig
       aktualisierende Kette von Zu- und Ausstiegspunkten. Bis zu sechs
       PassagierInnen können gleichzeitig unterwegs sein und müssen – so heißt es
       – trotzdem nur minimale Umwege in Kauf nehmen.
       
       Weil es sich ganz offiziell um einen von einem Forschungsinstitut
       begleiteten Verkehrsversuch handelt, werden zunächst 50 im BVG-Flecktarn
       lackierte, teils elektrisch betriebene Vans nur im östlichen Bereich des
       S-Bahnrings und nur an Freitagen und Samstagen zwischen 17 und 5 Uhr
       unterwegs sein. Das lässt vermuten, dass der Service in erster Linie für
       Partymenschen gedacht ist – allerdings soll das Experiment laut BVG
       sukzessive auf einen 24/7-Betrieb ausgeweitet werden.
       
       ## Kritik von der Taxi-Innung
       
       Dass die Berliner Verkehrsbetriebe das Ride-Sharing für sich entdeckt
       haben, finden längst nicht alle gut. Die Taxi-Innung mosert, der BerlKönig
       sei „ein weiterer Schritt Richtung Verkehrsinfarkt“, wittert aber
       offensichtlich vor allem Konkurrenz. Tatsächlich ist das BVG-Angebot bei
       einem Kilometerpreis von 1,50 Euro günstiger als der Berliner Taxitarif,
       der Vorteil schmilzt allerdings zusammen, wenn Kleingruppen gemeinsam
       unterwegs sind: Dann zahlt im BerlKönig nämlich jedeR MitfahrerIn noch
       einmal den halben Preis. Zu Stoßzeiten ist noch ein Aufschlag fällig.
       Unflexibler als ein Taxi ist das Angebot überdies: Niemand wird vor seiner
       Haustür abgeholt oder abgesetzt, die FahrerInnen steuern stattdessen
       Fixpunkte wie Bushaltestellen oder Kreuzungen an. Spontane
       Richtungsänderungen sind auch nicht drin.
       
       Einen ausgemachten Gegner hat das von der Verkehrsverwaltung nach eigenen
       Angaben „wohlwollend beobachtete“ Konzept im verkehrspolitischen Sprecher
       der SPD-Fraktion, Tino Schopf. „Nicht zielführend“ sei das
       Ride-Sharing-Experiment, teilte er unlängst mit. „Gerade in Zeiten, in
       denen die Personalräte sich in offenen Briefen an den Vorstand der BVG
       wenden und von einer ‚schwierigen Lage‘ bzw. ‚dramatischen Situation‘
       sprechen, sollte der Fokus auf dem Brot- und Buttergeschäft liegen.“ Vor
       allem gebe es innerhalb des S-Bahnrings „weder die verkehrliche
       Notwendigkeit noch eine ausreichend große Nutzerinnengruppe“. Für
       Außenbezirke mit schlechter ÖPNV-Anbindung sei ein Angebot hingegen
       sinnvoll.
       
       Diese Ausweitung auf Außenbezirke ist für Verkehrssenatorin Regine Günther
       (parteilos, für die Grünen) tatsächlich „ganz zentral“. Und ihr
       Staatssekretär Jens-Holger Kirchner beruhigte SPDler Schopf mit der
       Zusicherung, bei einer Fortschreibung des Projekts müsse diese „auch in den
       Stadtrandgebieten stattfinden“. Tatsächlich könnte der BerlKönig auch eine
       (Ab)Lösung für schlecht ausgelastete Bus-Nebenstrecken sein – entscheidend
       wird sein, ob der Service sich rechnet und überhaupt angenommen wird.
       
       6 Sep 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Claudius Prößer
       
       ## TAGS
       
   DIR BVG
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