# taz.de -- Neue City-Toiletten in Berlin vorgestellt: Nützlicher als das Stadtschloss
> Barrierefrei, kostenpflichtig und ein millionenschweres Geschäft: Die
> Wall GmbH stellt die graue Stadttoilette der Zukunft vor.
IMG Bild: Senatorin Regine Günther (zweite von rechts) bei der Vorstellung der neuen Toiletten
Wo der Mensch ist, sind Ausscheidungen, wo viele Menschen ausscheiden,
gegebenenfalls ein Problem. Öffentliche Toiletten sind ganz offensichtlich
eine Notwendigkeit des urbanen Raums. Schon in Rom war dieser Fakt bekannt.
Der zivilisatorische Fortschritt ging nach Ende des Imperiums jedoch für
einige Jahrhunderte verloren. Dementsprechend ließ sich die abendländische
städtische Kultur schon von weitem riechen.
Berlin kennt immerhin seit Ende des 19. Jahrhunderts wieder Abhilfe für das
Offensichtliche, das „Café Achteck“, teils kunstvoll verzierte Oktagone,
hinter deren blickdichten Metallwänden diverse Geschäfte getätigt wurden.
Der schmucklose Quader, den die Wall GmbH am Dienstag in Spuckweite des
Roten Rathauses als neue City-Toilette vorstellte, erinnert nicht im
Geringsten an die zugigen Traditionsurinale und -toiletten und schon gar
nicht an die marmornen imperialen Latrinen. Bis ins letzte Detail sind sie
glatt, kalt, funktional. Nicht nur für die eigentliche Verwendung, auch für
Reinigung und Wartung ist das Klo mit emaillierten Innenflächen und den
steingutverfliesten Außenwänden bestens gerüstet.
Ab dem kommenden Jahr soll die Toilette mit zunächst 130 Einheiten im
Berliner Stadtbild den geschwungenen bisherigen Typ ersetzen. Nach
Herstellerangaben entspricht sie allen Anforderungen an Barrierefreiheit.
Und damit ist das Entscheidende schon gesagt. Denn egal, ob Wall sich für
weitere 15 Jahre mit dem [1][Toilettendeal über rund 300 Millionen Euro]
eine goldene Nase verdient: Stadtweit bleibt Menschen mit Behinderung der
Zugang zu Toiletten erhalten und wird sogar schrittweise ausgebaut. Eine
Smartphone-App soll zusätzlich beim Auffinden helfen (für Kundschaft ohne
Beeinträchtigung und Euroschlüssel auch beim Bezahlen).
Zu Baudenkmälern werden die modularen Systemtoiletten sicher nicht werden.
„Farblich zurückhaltende Abstufungen“ nennt die Imagebroschüre das völlig
belanglose Grau der Außenfliesen, das die rot-pinke Jacke der
Umweltsenatorin Regine Günther (parteilos, für die Grünen) beim Gruppenfoto
mit den Unternehmensvertretern neben deren zurückhaltend abgestuften
Konfektionsanzügen deutlich zur Geltung brachte. Dass der Container sich
„harmonisch ins Stadtbild füge“, wirbt Wall dann noch. Das stimmt, so
harmonisch eben wie ein Stadtschloss, dafür aber weniger voluminös,
insgesamt nützlicher und in der Summe auch erheblich preisgünstiger.
11 Sep 2018
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## AUTOREN
DIR Daniél Kretschmar
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