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       # taz.de -- Shortlist für den deutschen Buchpreis: Die Angriffsflächen in der Literatur
       
       > Die Shortlist zum Deutschen Buchpreis ist eher solide als überraschend.
       > Für Aufregung im Literaturbetrieb sorgen derzeit andere Themen.
       
   IMG Bild: Nur eine kleine Auswahl aller lesenswerten Romane dieses Herbstes
       
       Es ist keineswegs so, dass die Shortlist zum Deutschen Buchpreis das
       derzeit am heißesten diskutierte Thema in der Literaturszene darstellt. Das
       liegt gar nicht mal nur an der Liste selbst. Andere Themen brennen halt
       heißer auf den Nägeln.
       
       So hat die Insolvenz des Stroemfeld Verlags das Thema wieder hochgepuscht,
       wie kleinen und mittleren Verlagen in schwieriger Situation geholfen
       werden könnte. Die Kulturstaatsministerin Monika Grütters soll da gar nicht
       abgeneigt sein – aber man muss eben auch von der Literaturseite her gut
       überlegen, ob man staatliche Förderung überhaupt wollen soll. Verlage, die
       aus eigenem Recht selbstbewusst in der Landschaft stehen, wirken halt
       cooler. Auf der anderen Seite steht, dass wichtiger als Coolness dann
       vielleicht doch das Interesse an einer bunten, vielfältigen Verlagsszene
       ist.
       
       Selbstverständlich wird auch der Rauswurf von Barbara Laugwitz bei Rowohlt
       weiter diskutiert. Offiziell hört man keine Erklärungen dazu, inoffiziell
       auch nicht so richtig, die Exverlegerin darf nichts sagen, alle anderen
       Beteiligten halten dicht. Was man hört, sind also Spekulationen, und zwar
       zwei ganz entgegengesetzte. Nach der einen Spekulation will der
       Holtzbrinck-Konzern seine Verlage Rowohlt, Fischer, Droemer und
       Kiepenheuer & Witsch langfristig an die kürzere Leine nehmen. Nach der
       anderen ging es ausschließlich um eine Richtungsauseinandersetzung zwischen
       Barbara Laugwitz und dem vorgesetzten Holtzbrinck-CEO Joerg Pfuhl. Was
       stimmt? Keine Ahnung. Vielleicht sollte sich Holtzbrinck aber dann doch mal
       eine PR-Strategie überlegen, auch um den designierten Laugwitz-Nachfolger
       Florian Illies nicht durch protestierende Autor*innen beschädigt dastehen
       zu lassen.
       
       Was die Shortlist betrifft, so kann ich sagen, dass „Gott der Barbaren“ von
       Stephan Thome, „Archipel“ von Inger-Maria Mahlke und „Sechs Koffer“ von
       Maxim Biller gute, interessante Romane sind, die miteinander rein gar
       nichts zu tun haben, außer dass alle drei Bücher in gar keiner Weise als
       „Romane zur Stunde“ gehandelt werden können, weil sie nämlich alle drei
       historische Stoffe behandeln, was ja auch vollkommen okay ist, allein schon
       deswegen, weil dieses blöde „Roman zur Stunde“-Etikett sowieso allzu sehr
       zur Folge hat, dass Romane als Sachbuch oder höchstens als Illustrierung
       der aktuellen gesellschaftlichen Debatten gelesen werden, was der Literatur
       nicht guttun kann.
       
       ## Ein bisschen zu sehr alles richtig gemacht
       
       Die anderen drei Romane auf der Liste, „Nachtleuchten“ von María Cecilia
       Barbetta, „Die Katze und der General“ von Nino Haratischwili und „Der
       Vogelgott“ von Susanne Röckel, habe ich noch nicht gelesen. „Der Vogelgott“
       ist die einzige wirkliche Überraschung auf der Liste; diesen Roman hatten
       nur wenige auf dem Schirm.
       
       Eine solide Liste für passionierte Leser*innen, die sich über die
       Aktualität in der Zeitung informieren und zusätzlich noch was fürs Sofa
       brauchen, mit einigem Augenmerk auf Verkaufbarkeit und auf mit langem Atem
       aufgebauten Autor*innenkarrieren, so wirkt das alles. Vier Frauen, zwei
       Männer. Sechs unterschiedliche Verlage. [1][Maxim Biller] berücksichtigt.
       Wenn man dieser Liste irgend etwas vorwerfen kann, dann vielleicht
       höchstens, dass sie keine Angriffsflächen bieten und ein bisschen zu sehr
       alles richtig machen will.
       
       Aber, nun ja. Das Spiel um den Buchpreis hat sich ja insgesamt beruhigt. Er
       hat sich halt als ein Kanal etabliert, mit dem man die Aufmerksamkeit auf
       einzelne Bücher richten kann. Dass daneben auch viele andere Romane
       Aufmerksamkeit verdienen, aus den Herbstprogrammen von Michael Kleeberg
       oder Karen Duve, Anke Stelling oder Heinz Helle etwa, hat sich
       herumgesprochen. Und so ein vielleicht genialisches, vielleicht auch tolles
       Debütprojekt wie das von Philipp Weiss bei Suhrkamp wird auch so von sich
       reden machen.
       
       11 Sep 2018
       
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