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       # taz.de -- Kommentar verhinderte Abschiebungen: Das ist kein Missbrauch
       
       > Wenn Geflüchtete ein medizinisches Gutachten vorlegen, das zeigt, dass
       > sie reiseunfähig sind, ist das schlicht ihr gutes Recht, kein Skandal.
       
   IMG Bild: Kann posttraumatische Belastungsstörungen auslösen: Krieg
       
       Nachts dringen Polizisten in die Wohnung ein, reißen die Familie aus dem
       Schlaf, eilig sollen Koffer gepackt werden. Für die Menschen, die da in den
       Flieger gesetzt werden sollen, bedeutet die drohende Abschiebung eine
       emotionale Ausnahmesituation. Eine Herzattacke ist da auch ohne
       Vorerkrankung vorstellbar. Und dass Menschen, die die Grausamkeiten eines
       Krieges erlebt haben, eine posttraumatische Belastungsstörung haben können,
       erklärt sich von selbst.
       
       Der Bürgermeister der Stadt Celle, Jörg Nigge, sagt, [1][er halte sich nur
       an die Fakten]. Zwischen den Zeilen schwingt in der Antwort seiner
       Verwaltung aber der Verdacht mit, Geflüchtete würden bewusst ihre
       Abschiebung verhindern. Sich an die Härtefallkommission zu wenden, ein
       medizinisches Gutachten vorzulegen oder darauf zu bestehen, nicht durch
       eine Abschiebung von der Familie getrennt zu werden, ist aber schlicht das
       Recht von Geflüchteten. Es ist kein Missbrauch.
       
       Nur in acht Fällen in Celle scheitert die Abschiebung daran, dass die
       Geflüchteten keinen Pass haben. Und auch das muss nicht zwingend ein
       bewusstes Verschulden der Geflüchteten sein.
       
       Wenn Nigge sagt, er findet, dass die 98 Menschen aus Celle unverzüglich
       abgeschoben werden müssten, zeigt das seinen Mangel an Empathie. Natürlich
       ist es für Kommunen kostspielig und sicher lästig, wenn sie Geflüchtete
       nicht abschieben können, obwohl sie ausreisepflichtig sind. Was aber
       bedeutet es für die Betroffenen?
       
       Debatten wie die in Celle verschärfen den politischen Diskurs. 98 Menschen
       ausreisepflichtig, trotzdem keine Abschiebungen – das klingt skandalös.
       Nigge sollte es besser wissen. Und mehr noch: Er sollte sich als
       Verwaltungschef darüber freuen, dass in einem Rechtsstaat (fast) kein
       Mensch in einen Flieger gesetzt wird, wenn legitime Gründe gegen eine
       Abschiebung sprechen.
       
       13 Sep 2018
       
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