URI: 
       # taz.de -- Kleiderordnung beim Frauen-Tennis: Sport-BHs und Cat Suits verboten
       
       > Bei den US-Open wurde eine Spielerin verwarnt, weil sie sich auf dem
       > Platz umzog. Und auch Serena Williams werden Vorschriften gemacht.
       
   IMG Bild: Das respektlose Outfit der Tennis-Ikone Serena Williams
       
       Die französische Tennisspielerin Alizé Cornet wurde bei den US-Open
       verwarnt – weil sie sich auf dem Platz umgezogen hat. Nach einer
       zehnminütigen Hitzepause kam sie auf den Platz und trug ihr frisches Shirt
       falsch herum. Kurzerhand zog sie es aus, drehte es auf die richtige Seite
       und zog es wieder an. Gerade mal neun Sekunden dauerte die Aktion.
       Schiedsrichter Christian Rask erteilte ihr dafür eine Verwarnung wegen
       „unsportlichem Verhalten“.
       
       Dafür hagelte es Kritik. Die Tennis-Ikone und Feministin Billie Jean King
       kritisierte die Regelung der United States Tennis Association (USTA)
       [1][auf Twitter als „veraltet und unpraktisch“]. Und die zweimalige
       US-Open-[2][Siegerin Tracy Austin twitterte]: „Lächerlich. Männer wechseln
       ihr Shirt mehrfach pro Spiel.“
       
       Auch die Spielerinnen-Organisation Women’s Tennis Association (WTA) ließ
       verlauten, die Verwarnung der USTA gegen Alizé Cornet [3][sei unfair und
       basiere nicht auf den Regeln der WTA]. Bei ihnen gebe es nämlich überhaupt
       keine Vorschriften zum Umziehen auf dem Platz.
       
       Mittlerweile hat die USTA eine Regeländerung verkündet und die Verwarnung
       bedauert. Cornet reagierte einen Tag nach dem Match gelassen. Der
       Schiedsrichter habe sich bei ihr für seinen Fehler bereits entschuldigt.
       
       Ein bitterer Nachgeschmack 
       
       Die Sache ist damit erledigt, ein bitterer Nachgeschmack aber bleibt. Denn
       der Vorfall steht in einer Tradition sexistischer Regelungen für Frauen im
       Tennis, und im Sport allgemein.
       
       Wie die Professorin Susan K. Cahn in ihrem Werk „Coming on Strong: Gender
       and Sexuality in Twentieth-century Women's Sport“ historisch darlegt, waren
       die Möglichkeiten für Frauen im professionellen Sport immer durch den
       männlichen Blick mitgeprägt und eingeschränkt. Athletik war und ist eine
       männliche Domäne. Frauen, die darin erfolgreich waren, liefen Gefahr als
       „unweiblich“ angesehen zu werden.
       
       Um dem entgegenzuwirken, entwickelten sich Vorgaben, die Frauensport
       „weiblicher“ (aber nicht zu „weiblich“, sprich aufreizend) machen und vom
       „männlichen“, „harten“ Sport abgrenzen sollten. Dazu gehörten unter anderem
       Kleidungsvorschriften.
       
       Während sich Hosen mittlerweile in den meisten Sportarten auch für Frauen
       als erste Wahl durchgesetzt haben, ist es beim Tennis bis heute für
       Spielerinnen üblich, kurze Kleider und Röcke zu tragen. Die können den
       Sportlerinnen auch mal hochrutschen und die Unterhose preis geben, das
       gehört dazu. Dass die Ansicht von Alizé Cornets Sport-BH wiederum eine
       Verwarnung zur Folge hatte, scheint da absurd.
       
       Comeback im Cat Suit 
       
       Cornet, die von dem Trubel um die Fehlentscheidung verblüfft ist, verwies
       im Hinblick auf Kleidervorschriften auf einen anderen Vorfall: „Was Bernard
       Giudicelli über den Catsuit von Serena Williams gesagt hat, war
       zehntausendmal schlimmer als das, was mir auf dem Platz passiert ist“,
       sagte die 28-jährige bei einer Pressekonferenz.
       
       Williams hatte im Mai in einem Ganzkörperanzug an den French Open
       teilgenommen. Der französische Tennisverband (FFT) beschloß daraufhin nun
       einen neuen Dresscode, um das Tragen so eines Catsuits in Zukunft zu
       verbieten.
       
       Die 23-malige Grand-Slam-Siegerin hatte in Paris ihr Comeback nach der
       Geburt ihrer Tochter gefeiert, bei der es zu schweren gesundheitlichen
       Komplikationen gekommen war. Der Anzug sollte ihre Durchblutung
       unterstützen, mit der sie seit der Schwangerschaft Probleme hat.
       
       Der Präsident des FFT, Bernard Giudicelli, befand, so ein Catsuit auf dem
       Platz gehe zu weit, man müsse das Spiel und den Ort „respektieren“. Was
       genau respektlos an dem Anzug war, erläuterte er nicht. In den sozialen
       Medien vermuteten einige, dass der FFT nicht so harsch reagiert hätte,
       [4][hätte eine weiße, dünnere Frau den Ganzkörperanzug getragen.]
       
       Der Hersteller Nike stellte sich hinter das Outfit und die Sportlerin und
       [5][postete ein Foto von Williams mit dem Spruch]: „Du kannst einer
       Superheldin ihr Kostüm nehmen, aber niemals ihre Superkräfte“.
       
       Serena Williams zeigte sich gelassen und bewies bei den US-Open Humor:
       statt in dem verpönten Catsuit betrat sie das Spielfeld in Tutu und
       Netzstrumpfhose – und schlug ihre Gegnerin Magda Linette vernichtend. Ob
       Giudicelli dieses Outfit besser gefallen hat?
       
       30 Aug 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/BillieJeanKing/status/1034812756963340289
   DIR [2] https://twitter.com/thetracyaustin/status/1034766269080317952
   DIR [3] https://twitter.com/WTA/status/1034833851959390215
   DIR [4] https://twitter.com/ReignOfApril/status/1033096113862193153
   DIR [5] https://twitter.com/Nike/status/1033211014899060737
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Maxie Römhild
       
       ## TAGS
       
   DIR Serena Williams
   DIR Tennis
   DIR Sexismus
   DIR Nike
   DIR Rugby
   DIR Frauensport
   DIR Schwerpunkt Rassismus
   DIR Serena Williams
   DIR Nike
   DIR Serena Williams
   DIR Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
   DIR Homophobie
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Sexismus und die US-Leichtathletik: Das bisschen Höschen
       
       Nike und das Team USA haben die Olympia-Dresses vorgestellt. Und fangen
       sich Vorwürfe für diesen „halben Tanga“ ein.
       
   DIR Leggings für Rugby-Spieler: Revolution der Meggings
       
       Bislang war den Rugby-Männern das Tragen von Leggings verboten. Nun hat der
       Dachverband diese Regelung „aus Gründen des Wohlergehens“ geändert.
       
   DIR Kolumne Erste Frauen: Von der Rebellin zum nationalen Star
       
       Maria Lenk war nicht gerade ein Favela-Kind. Doch für die Teilnahme an den
       Olympischen Spielen 1932 musste sie als Frau zuerst Kaffee verkaufen.
       
   DIR Serena Williams' Sexismusvorwurf: Compton Girl
       
       In den USA wird immer noch über die Schimpftiraden von Serena Williams
       diskutiert. Um die Tennis-Ikone zu verstehen, muss man tiefer gehen.
       
   DIR Serena Williams' Ausraster: Wer braucht schon Damentennis?
       
       Williams verliert das Finale der US-Open und streitet mit dem Schiri. Aber
       auch die antisexistische Vertreterin des Frauentennis hat keine
       Narrenfreiheit.
       
   DIR Politische Werbekampagne von Nike: Just do it!
       
       Mit Kaepernick macht Nike eine politische Symbolfigur zum Gesicht ihrer
       Kampagne. Gut so! Daran muss sich der Konzern aber messen lassen.
       
   DIR Diskriminierung von Müttern im Tennis: Strafe fürs Kinderkriegen
       
       Da sie nach der Geburt ihres Kindes in den Niederungen der Setzliste
       starten musste, scheidet Serena Williams in Key Biscane schon in Runde 1
       aus.
       
   DIR Kleiderordnung bei Olympia: Hidschab gegen Bauchansatz
       
       Die olympische Kleiderordnung ist so rigide wie in Saudi-Arabien. Ausnahme:
       Beachvolleyball. Da gilt: alles oder nichts.
       
   DIR Diskriminierung im Frauenfußball: Schwule Mädchen
       
       Homophobie ist im Frauenfußball kein Problem, dafür aber Sexismus. Die
       Spielerinnen sind noch immer Eindringlinge in eine Männerdomäne.