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       # taz.de -- Rechte Aufmärsche in Chemnitz: „Erstaunlich, wenn nichts passiert“
       
       > Die rechte Szene beklagt, dass ihr „Schweigemarsch“ abgebrochen wurde.
       > Sie hetzt gegen das Anti-Rechts-Open-Air und plant neue Aktionen.
       
   IMG Bild: Anmeldung abgelaufen: Gegen 19 Uhr gab die Polizei die Auflösung des rechten Marsches bekannt
       
       „Wir vergessen nicht“: Keine 24 Stunden nach dem Schweigemarsch in Chemnitz
       wird einer der Hauptverantwortlichen deutlich. Auf Facebook beklagt Björn
       Höcke die Blockade durch Gegendemonstranten. „Wir mussten unseren
       Schweigemarsch abbrechen. Dieser Staat ist nicht in der Lage uns zu
       schützen, er ist nicht mehr in der Lage unser Demonstration durchsetzen.“
       
       Der Staat sei „unter die Räuber“ gefallen, wettert der thüringische
       Landtagsfraktionsvorsitzende der AfD. Schon nach dem Abbruch des Marsches
       kippte die Stimmung. Gut 500 Meter waren die 5.000 vermeintlich besorgten
       Bürger und bekennenden Rechtsextremen an Sonntagabend gekommen.
       „Widerstand, Widerstand“ und „Wir sind das Volk“ skandierte die Menge, als
       die Polizei knapp nach 19 Uhr die [1][Auflösung des Marsches] bekanntgab,
       da die angemeldete Zeitspanne abgelaufen war.
       
       Vereinzelt versuchten Aufmarschierende, [2][eine Polizeiabsprechung zu
       durchbrechen]. Dass die Anmelder von AfD und Pegida sich offensichtlich
       zeitlich verkalkuliert hatten, blendeten diese Teilnehmer aus. Etwas
       moderater als sein Parteikollege schimpfte vor Ort der
       AfD-Bundestagsabgeordnete Armin-Paul Hampel, auch darüber, dass die Polizei
       nicht in der Lage sei „diese Blockade zu räumen“. Die Demonstrationswege
       wären lange bekannt gewesen. Eine „gute Polizeiführung“ hätte ein
       Zusammentreffen verhindern können. „Das war keine gute Polizeiarbeit.“
       
       Die Wut der selbsternannten Wutbürger versucht der Pegida-Begründer Lutz
       Bachmann erst gar nicht zu kanalisieren. Auf dem Rückweg sagt er in einem
       Livestream auf seiner Facebook-Seite: „Wir hätten an dieser Stellen heute
       die Versammlung nicht abgebrochen.“ Aber die AfD habe die
       Versammlungsleitung gehabt und sei auch weniger geübt mit Aktionen. Der
       Rechtsstaat hätte vor linken Chaoten kapituliert. „Peinlich“, meint er und
       sagt weiter, in Dresden passiere so etwas nicht. Und mit einem
       Augenzwinkern verspricht Bachmann, beim zweiten Versuch werde es besser.
       
       Den Abbruch beklagt ebenso „Pro Chemnitz“. Am Abend erklärte die
       rechtsextreme Vereinigung um Martin Kohlmann auch: „Wir von Pro Chemnitz
       haben die Veranstaltung nicht aufgelöst und hätten sie auch nicht
       aufgelöst.“ Sie wiesen auch gleich die Verantwortung von sich: Die AfD
       konnte oder wollte nicht das Versammlungsrecht durchsetzen lassen, heißt es
       auf ihrer Facebook-Seite.
       
       ## Open-Air-Festival wird als Provokation wahrgenommen
       
       Wer sie kennen würde und mit ihnen „seit Jahren auf die Straße gehen“
       würde, wüsste, dass sie „auf die Räumung bestanden“ hätten. Sie wären „zu
       der Zeit aber keine Veranstalter mehr“ gewesen. Nach dem Auftakt am
       Karl-Marx-Denkmal hatte „Pro Chemnitz“ ihre Aufmarsch für beendet erklärt,
       um sich bei dem Schweigemarsch von AfD und Pegdia einreihen zu können. Sie
       versichern nun: „Wir machen weiter und geben Euch den nächsten Termin
       zeitnah bekannt!“
       
       Am Sonntagmittag ist noch unklar, ob bereits am Montagabend aufmarschiert
       werden soll. Das geplante [3][Open-Air-Festival „Wir sind mehr“] wird als
       antifaschistische Provokation wahrgenommen. Ab 17 Uhr wollen bei dem
       kostenlosen Konzert Marteria, Casper, K.I.Z, Feine Sahne Fischfilet, Nura
       (SXTN), Die Toten Hosen, Kraftklub und Trettmann ein Zeichen „gegen
       Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Gewalt“ setzen.
       
       Kaum war das Event angekündigt, postete Höcke zum „Belehrungskonzert“ in
       Chemnitz: „‚Die Toten Hosen‘: Merkels inoffizielle Staatskapelle“ und
       schreibt, dass die Band von der Bundesregierung Geld für Auftritte bekam.
       Die Junge Freiheit greift derweil auf, dass Unternehmen das Event
       unterstützen und lässt nicht unerwähnt, dass „Feine Sahne Fischfilet“ in
       ihren Lieder gegen „Deutschland, Polizisten und Andersdenke“ hetzen würden.
       
       Auf AfD-Kompakt wird spekuliert, ob nicht „das Bundespresseamt hinter der
       Aktion“ stünde. Der AfD-Bundestagsabgeordnete René Springer meint auf der
       Webseite zudem: „So schnell wie möglich soll der brutale und sinnlose Mord
       an einem Deutschen durch ‚Flüchtlinge‘ mit einer Mischung aus ‚buntem
       Protest‘ und großer Show auf der Bühne übertüncht werden.“
       
       Die Stimmung werde von Rechtsextremen und Rechtpopulisten weiter angeheizt,
       sagt Kerstin Köditz von der Linken im Dresdener Landtag. „Es wäre
       erstaunlich, wenn nichts passiert.“
       
       2 Sep 2018
       
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   DIR Andreas Speit
       
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