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       # taz.de -- Aktionstag in Berlin-Friedrichshagen: Eine Fähre oder besser eine Brücke?
       
       > Endlich barrierefrei über die Spree, lautet die Forderung von
       > verschiedenen Organisationen. Schon lange. Senatorin Regine Günther sagt
       > eine Prüfung zu.
       
   IMG Bild: Beim Aktionstag in Sachen Spreetunnel in Friedrichshagen
       
       50 Stufen runter, ungefähr 100 Meter Weg zwischen grün gefliesten, teils
       beschmierten Wänden, 50 Stufen wieder rauf – durch den Spreetunnel geht es
       sehr schnell von Friedrichshagen direkt ins Naturerholungsgebiet Köpenick.
       Voraussetzung ist aber, dass man ohne Kinderwagen und ohne Rollstuhl
       unterwegs ist.
       
       In der Mitte der breiten Treppen ist ein Geländer, an den Rändern jeweils
       eine Fahrradrampe. Eine echte Hilfe sind die Fahrradrampen nur dann, wenn
       man das Glück hat, im Besitz eines besonders leichten Fahrrades zu sein.
       „Ich fahre immer den Umweg über die Salvodor-Allende-Brücke in Köpenick.
       Aber das sind halt mehr als drei Kilometer“, erzählt ein Fahrradfahrer, der
       seit Kurzem in Rente ist. Dabei ist das andere Ufer doch eigentlich so nah.
       
       Damit eine Lösung für dieses Dilemma endlich real wird, hat der
       [1][Berliner Behindertenverband] zusammen mit anderen Organisationen am
       Samstag zu einem Aktionstag direkt am Spreetunnel, am Ufer des Müggelsees,
       aufgerufen. Schirmherr ist Gregor Gysi, der zeitlich verhindert ist. Regine
       Günther, parteilose Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, ist die
       erste Rednerin und kommt auch auf das neue [2][Mobilitätsgesetz] zu
       sprechen.
       
       Darin ist das Ziel der „uneingeschränkten Mobilität für alle“ formuliert.
       Günther sichert den Anwesenden – auch einige Anwohner sind gekommen – zu,
       verschiedene Möglichkeiten eine barrierefreien Querung prüfen zu lassen.
       Konkret wären entweder eine Fähre, zum Beispiel von der BVG, oder eine
       Brücke denkbar. Alle anwesenden Vereine und Organisationen, das betont
       Günther noch, sollen beim Umsetzungsprozess beteiligt werden.
       
       ## Ein bekanntes Problem
       
       Maik Penn, Sozialpolitischer Sprecher der CDU im Abgeordnetenhaus (AGH) und
       selbst aus Köpenick, kennt das „Problem Spreetunnel“ auch aus dem
       Petitionsausschuss. Er hofft sehr, dass sich noch in der aktuellen
       Legislaturperiode eine Lösung findet. Die BVG hätte auf den Vorschlag der
       Fähre allerdings geantwortet, dass für ein solches neues Angebot ein
       anderes schon bestehendes gestrichen werden müsste.
       
       Es folgen kurze Redebeiträge des Tourismusverbands Treptow-Köpenick, des
       Bürgervereins Friedrichshagen, des Behindertenverbandes, der
       Landesseniorenvertretung und eine kurze Podiumsdiskussion mit den
       behindertenpolitischen Sprechern der Linken, Stefanie Fuchs, und der FDP,
       Thomas Seerig. Alle sind sich einig: Es muss eine barrierefreie Querung
       geben. Eine Brücke scheint schon allein aus finanziellen Gründen die
       bessere Option zu sein, da die laufenden Kosten dann nicht so groß wären
       wie bei einem Fährbetrieb.
       
       Bei so viel generellerer Einigkeit fragt man sich, warum es nicht schon
       längst einen barrierefreien Weg ans andere Ufer gibt? Der Spreetunnel wurde
       schließlich erst vor zwei Jahren saniert. Immerhin wurden dabei die
       Fahrradrampen weit genug weg von den Wänden gebaut, sodass beim Hoch- und
       Runterführen nicht mehr ständig die Pedale oder das Lenkrad an der Wand
       anstößt. Aus „bautechnischen Gründen“ sei aber kein barrierefreier
       Fahrstuhl angebaut worden.
       
       ## „Im Sande verlaufen“
       
       Johanna Hambach, Vorsitzende der Landesseniorenvertretung Berlin, erzählt:
       „In der Bezirksverordnetenversammlung haben wir schon im Jahr 1995
       gefordert, dass es eine barrierefreie Möglichkeit geben muss, hier von
       einem ans andere Ufer zu kommen. Das ist dann irgendwie im Sande verlaufen
       und erst 2004 wieder auf die Agenda gekommen. Und dann ab 2014 wieder.“
       
       Mit „im Sande verlaufen“ meint Hambach, dass von Politik und Verwaltung zum
       Beispiel auf die Busse hingewiesen wird, mit denen man das andere Ufer der
       Müggelspree erreichen kann. „Das dauert halt aber eine Dreiviertelstunde.“
       Gleiche, uneingeschränkte Mobilität für alle sieht anders aus. Die
       Organisatoren des Aktionstages werden nun erst einmal die von Günther
       versprochene Prüfung abwarten. Und dann, wenn es denn sein muss, weiter
       dafür kämpfen, schnell ans andere Müggelspree-Ufer zu kommen.
       
       16 Sep 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.bbv-ev.de/
   DIR [2] https://www.berlin.de/senuvk/verkehr/mobilitaetsgesetz/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Juliane Fiegler
       
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