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       # taz.de -- BGH-Urteil zu Fluggastrechten: Auch bei Streik Entschädigung
       
       > Auch bei einem Streik sind Fluggastentschädigungen nicht generell
       > ausgeschlossen. Dies entschied jetzt der Bundesgerichtshof (BGH).
       
   IMG Bild: Es kommt auf den Einzelfall an, entschied das Gericht
       
       Karlsruhe taz | Seit 2005 haben Reisende in der EU Anspruch auf eine
       Entschädigung von bis zu 600 Euro, wenn ihr Flug stark verspätet ist oder
       ganz ausfällt oder die Reisenden wegen Überbuchung nicht mitflieden können.
       Die Fluggesellschaft muss allerdings keine Entschädigung bezahlen, wenn die
       Annullierung „auf außergewöhnliche Umstände“ zurückgeht, „die sich auch
       dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen
       ergriffen worden wären“. [1][Ein Streik, der den Flugbetrieb behindert oder
       lahmlegt, galt bisher in der Rechtsprechung als ein derartiges
       außergewöhnliches und nicht kontrollierbares Ereignis.]
       
       Im aktuellen Fall wollte ein Ehepaar mit easyjet im Februar 2015 von
       Hamburg nach Lanzarote fliegen. Dann streikte aber das Sicherheitspersonal
       am Hamburger Flughafen und easyjet annullierte den Flug. Es sei nicht
       gewährleistet, dass die Passagiere rechtzeitig zum Flugzeug kommen.
       Außerdem bestehe ein Sicherheitsrisiko, weil an den wenigen geöffneten
       Sicherheitsschleusen wegen der langen Schlangen vielleicht weniger
       gründlich als sonst kontrolliert wurde. Das Paar bekam zwar die Flugkosten
       zurück, musste aber einen neuen (teureren) Flug buchen. Und easyjet
       verweigerte auch die Entschädigung, unter Verweis auf den Streik und die
       Sicherheitsbedenken.
       
       Das Ehepaar sah dies ganz anders. Das easyjet-Flugzeug sei nach der
       Anullierung des Flugs leer nach Lanzarote geflogen. Es hätte die bereits
       kontrollierten und bereitstehenden Passagiere durchaus mitnehmen können.
       Mit der Beförderung des Ehepaars sei kein Sicherheitsrisiko verbunden
       gewesen, denn sie seien durchaus gründlich kontrolliert worden. Das Paar
       verlangte zwei mal 400 Euro Entschädigung von easyjet plus 100 Euro Ersatz
       von Mehrkosten.
       
       Anders als die Hamburger Vorinstanzen entschied der BGH nun für das
       Hamburger Ehepaar. Auch bei einem Streik komme es auf die konkreten
       Umstände des Einzelfalls an. Hier hätten die Folgen des Streiks eine
       Annullierung des Fluges nicht erzwungen, argumentierte der Vorsitzende
       Richter Peter Meier-Beck. Eine entschädigungslose Flug-Annullierung wegen
       eines Streiks bei den Kontrollen sei nur möglich, wenn deshalb gar kein
       Passagier rechtzeitig zum Flugzeug kommen könne oder wenn es konkrete
       Anhaltspunkte gebe, dass die überlasteten Kontrollpunkte schlecht arbeiten.
       Abstrakte Sicherheitsbedenken genügten nicht, um den Flug entschädigungslos
       annulieren zu können. Schließlich gebe es ja Sicherheitsbehörden, die auf
       die Qualität der Kontrollen achten.
       
       Beck stellte klar, dass easyjet auch im konkreten Fall den Flug canceln
       durfte. Es müsse dann aber die gesetzlich vorgesehene Entschädigung zahlen.
       Über den Fall muss nun das Landgericht Hamburg neu entscheiden.
       
       5 Sep 2018
       
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