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       # taz.de -- Polizei hilft RWE im Hambacher Forst: Vorbereitung auf Tag X
       
       > Geht es schon los im Hambacher Forst? Nein, sagt die Polizei, wir helfen
       > der RWE nur beim Aufräumen. Die Baumbesetzer rufen zum Protest auf.
       
   IMG Bild: Mitten im Hambacher Forst: Mitarbeiter von RWE räumen unter Polizeischutz eine Barrikade
       
       Hambacher Forst taz | Eine zunehmende Zahl von Warnungen aus dem Hambacher
       Forst hatte es bereits in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch gegeben. Rund
       um den Wald im rheinischen Braunkohlerevier hatten Aktivisten
       Polizeiaufmärsche beobachtet. Um kurz nach 7 Uhr am Mittwoch meldete die
       Aachener Polizei: „Zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherung werden Unrat
       sowie offensichtlicher Müll innerhalb des Waldes beseitigt und entsorgt.
       Die Polizei schützt hierbei die RWE-MitarbeiterInnen.“ Das hieß für die
       Besatzer des von Rodung bedrohten Waldstücks: Einmarsch! [1][Mehrere
       Hundertschaften sind im Einsatz].
       
       Ist das jetzt der Tag X, der Beginn der Vertreibung der fast 300
       WaldbewohnerInnen im Hambacher Forst? Nicht unmittelbar, sagte die Polizei:
       „Räumungen des Wiesencamps, von Baumhäusern oder gleichartigen Bauten sind
       nicht geplant.“
       
       Aber bald muss der Weg nicht nur sauber- sondern freigemacht werden für
       RWE. Das Energieunternehmen darf [2][ab 1. Oktober den Wald roden, um
       seinen Braunkohletagebau auszuweiten]. Bereits wenn dafür das Gelände
       geräumt wird, werden [3][großflächige Auseinandersetzungen mit der Polizei
       erwartet].
       
       Die Aktivisten haben noch eine weitere Hoffnung, die Rodungen zu
       verhindern. Am Dienstag teilte das Oberverwaltungsgericht Münster mit, noch
       im September über die Klage des BUND zu entscheiden, der einen Rodungsstopp
       fordert.
       
       ## Waldbewohner rufen dazu auf, in den Forst zu kommen
       
       Die Bewohner des Waldes riefen seit Mittwochmorgen dazu auf, in den Forst
       zu kommen: „Eure Petitionen können sie ignorieren, aber eure physische
       Präsenz nicht!“
       
       Die Rodung ist seit Jahren genehmigt und laut RWE nötig, um den Tagebau
       fortzusetzen. Gegen die Abholzung gibt es jedoch seit langem Proteste von
       Waldbesetzern vor Ort. Darüber hinaus fordert ein breites Bündnis von
       Natur- und Klimaschützern einen Rodungsstopp, solange die bundesweite
       Kohlekommission in Berlin miteinander im Gespräch ist.
       
       Unrat und Müll? Einer aus dem Forst spottete umgehend per Twitter, wie
       schön, dass der Wald vor der geplanten Räumung nach guter deutscher Sitte
       erst gefegt werde. Mit Unrat meint die Polizei Barrikaden, die
       WaldbewohnerInnen auf allen Wegen teils im Abstand von 20 Metern gebaut
       haben. Rührende Konstruktionen sind dabei, teils mehrere Meter hoch, aus
       Holzscheiten, Baumstämmen, halb eingegrabenen Schrott-Fahrrädern und
       Plastikteilen. Aber auch Dinge mit Raffinesse: So hängt ein Feuerlöscher in
       gut fünf Metern Höhe an einer komplexen Konstruktion aus Holzscheiten,
       Gummiwülsten und dutzenden dicken Wollfäden. Explodiert da was, wenn man
       einen Faden löst? All das soll ein bisschen verunsichern, aufhalten, einen
       Einsatz verzögern.
       
       RWE-Mitarbeiter in gelben Warnwesten hatten seit dem Morgen den „Unrat
       sowie offensichtlichen Müll“ in Umzugskartons geworfen. Bis zum Nachmittag
       gab es keine größeren Zusammenstöße außer einem Handgemenge an einer
       Kontrollstation, den Fund eines, so die Polizei, „sprengstoffähnlichen
       Gegenstandes“ und eines mit Nägeln gespickten Autoreifens. Besorgter
       Kommentar der Polizei dazu: „Das ist für ALLE eine Gefahr!“ Eine Person hat
       sich in drei Metern Tiefe eingegraben und angekettet. Die WaldbewohnerInnen
       skandieren der Polizei entgegen: „Und wo wart ihr in Chemnitz?“ Die
       Einsatzkräfte melden ansonsten „einen ruhigen Einsatz“.
       
       ## „Bündnismobil“ abgefackelt
       
       Die Polizei begründet den Einsatz mit der „Gewalteskalation der letzten
       Tage“. Das erstaunt. Es war offensichtlich die andere Seite, die nebenan in
       Buir mitten im Wohngebiet das „Bündnismobil“ der örtlichen Widerständler
       Samstagnacht lichterloh abgefackelt hatte. Gleichzeitig war gestern
       NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) der Unwahrheit überführt worden. Tags
       zuvor hatte seine Polizei Fundstücke aus dem Wald präsentiert: Messer und
       Äxte. Das Zeug kam manchen bekannt vor. Reul musste später zugeben, dass
       viele dieser Gewalteskationsexponate aus der Asservatenkammer stammten von
       Einsätzen der vergangenen Jahre.
       
       Reul hatte am Montag in Düsseldorf gewarnt, dass man es im Hambacher Forst
       mit „extrem gewaltbereiten Linksextremen“ zu tun habe, die aus dem ganzen
       Bundesgebiet und dem benachbarten europäischen Ausland anreisten. „Diese
       selbst ernannten Umweltschützer wollen nicht Bäume retten, sondern den
       Staat abschaffen“, sagte Reul. RWE sei Eigentümer des Hambacher Forstes,
       habe das Recht, den Wald zu roden und wolle davon demnächst Gebrauch
       machen. „Wir wissen's nicht genau, aber wenn der Tag dann kommt, dann muss
       die Polizei eben dafür sorgen, dass dieses Recht durchgesetzt werden kann.“
       (mit dpa)
       
       5 Sep 2018
       
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   DIR Bernd Müllender
       
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