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       # taz.de -- Kommentar Dieselfahrverbot in Frankfurt: Nicht mehr zu verhindern
       
       > Auch in Frankfurt muss es stadtweite Fahrverbote für ältere Diesel-PK
       > geben. Das juristische Verfahren kann sich hinziehen, wirkt aber schon.
       
   IMG Bild: Fahrverbote für alte Dieselfahrzeuge, wie in der Hamburger Innenstadt, sind zulässig
       
       Das Verwaltungsgericht (VG) Wiesbaden hat am Mittwochabend die hessische
       Landesregierung verpflichtet, [1][in Frankfurt/Main Dieselfahrverbote
       einzuführen]. Ohne diese einschneidende Maßnahme, die zehntausende
       Autofahrer betrifft, könnten die Grenzwerte für das gesundheitsschädliche
       Stickoxid nicht eingehalten werden. Es geht dabei nicht um einzelne Straßen
       (wie in Hamburg), sondern um das gesamte Stadtgebiet (wie in Stuttgart).
       
       Dabei hat das Gericht nicht die Stadt Frankfurt verurteilt, wie oft zu
       lesen ist. Denn es ist das Land, das für die Luftreinhalteplanung zuständig
       ist. Der Unterschied ist politisch wichtig. In Frankfurt regiert der
       SPD-Oberbürgermeister Peter Feldmann (mit einer rot-schwarz-grünen
       Koalition), während im Land Schwarz-Grün (unter Ministerpräsident Volker
       Bouffier) am Ruder ist. Verkehrsminister ist der Grüne Tarek Al-Wazir
       (zugleich Wirtschaftsminister), für Umwelt ist die Grüne Priska Hinz
       zuständig. Ende Oktober sind Landtagswahlen.
       
       Das VG-Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Land könnte noch in
       Berufung gehen und würde so die Fahrverbote weiter hinauszögern. Dies wäre
       ein weiteres Signal dafür, dass der Landesregierung die Interessen von
       Autofahrern wichtiger sind als die Interessen der Stadtbevölkerung (wobei
       es sich eben nur teilweise um die gleichen Personen handelt).
       
       Es wird dem Land aber wohl nicht mehr gelingen, Fahrverbote zu verhindern.
       Seit das Bundesverwaltungsgericht im Februar entschieden hat, dass die
       Länder Diesel-Fahrverbote anordnen können, ist klar, dass die Gerichte dies
       als einzig wirklich effiziente Maßnahme auch einfordern werden. Es geht
       jetzt nur noch um die Ausgestaltung, also für welche Schadstoffklassen wie
       lange noch Aufschub gewährt wird.
       
       Doch auch die Bundesregierung sollte im Blick bleiben. Lange hatte sie
       versucht, Fahrverbote zu verhindern, indem sie die Einführung einer
       [2][„blauen Plakette“] für relativ saubere Autos verweigerte. Dieses
       Manöver der CSU-Verkehrsminister Dobrindt und Scheuer war von der SPD
       mitgetragen worden. Juristisch ist es zwar längst gescheitert; Fahrverbote
       sind auch ohne Segen der Bundespolitik zulässig (und notwendig),
       entschieden die Gerichte. Dennoch blockiert der Bund weiter und erschwert
       so den Ländern und Kommunen die praktische Umsetzung der gerichtlich
       angeordneten Fahrverbote. Eine bundeseinheitliche Plakettenregelung würde
       die Kontrolle deutlich erleichtern. Was der Bund hier macht, ist nur noch
       Obstruktion um der Obstruktion willen.
       
       Ein Gutes haben die vielen Fahrverbots-Diskussion landauf, landab aber
       dennoch. Auch solange noch nichts passiert, merken Diesel-Fahrer, dass es
       bald ernst werden könnte. Wer in einer belasteten Stadt wohnt und einen
       älteren und damit schmutzigeren Diesel fährt, wird ihn wohl schneller
       verkaufen, als wenn es diese Diskussionen und Gerichtsverfahren nicht gäbe.
       So führt auch schon der Streit ums Nichtstun zum Austausch von
       schmutzigeren durch relativ saubere Fahrzeuge. Schon im Vorfeld von
       Fahrverboten wird die Luft also messbar gesünder. Weitere Verzögerungen
       sind deshalb nicht so tragisch, solange klar ist, dass Fahrverbote – wo
       nötig – letztlich nicht zu vermeiden sind.
       
       6 Sep 2018
       
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