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       # taz.de -- Diskussion über Hetzjagden in Chemnitz: SPD fordert Sondersitzung zu Maaßen
       
       > Verfassungsschutz-Chef Maaßen bezweifelt, dass es in Chemnitz Hetzjagden
       > gab. Die CDU fordert Aufklärung, die SPD eine Sondersitzung, die Linke
       > die Absetzung.
       
   IMG Bild: Skeptisch gegenüber den Medienberichten zu Chemnitz: Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen
       
       Berlin epd/taz/dpa | Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz,
       Hans-Georg Maaßen, hat Zweifel an Hetzjagden während der Demonstrationen in
       Chemnitz geäußert. „Die Skepsis gegenüber den Medienberichten zu
       rechtsextremistischen Hetzjagden in Chemnitz wird von mir geteilt“, sagte
       Maaßen der Bild-Zeitung. Dem Verfassungsschutz lägen „keine belastbaren
       Informationen darüber vor, dass solche Hetzjagden stattgefunden haben“,
       erläuterte Maaßen.
       
       Über ein Video, das Jagdszenen auf ausländische Menschen nahe dem
       Johannisplatz in Chemnitz zeigen soll, sagte Maaßen, es lägen keine Belege
       dafür vor, dass das im Internet kursierende Video authentisch ist. „Nach
       meiner vorsichtigen Bewertung sprechen gute Gründe dafür, dass es sich um
       eine gezielte Falschinformation handelt, um möglicherweise die
       Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken“, sagte er.
       
       Der CDU-Innenexperte Stephan Harbarth hat von Maaßen Aufklärung über dessen
       Zweifel an der Authentizität entsprechender Videos verlangt. Es müsse nun
       rasch geklärt werden, „ist dieses Bildmaterial echt oder ist es nicht echt.
       Da muss Herr Maaßen jetzt mal sagen, woher seine Zweifel eigentlich
       kommen“, sagte der Unionsfraktionsvize der Deutschen Presse-Agentur.
       
       Wenn der Präsident des Verfassungsschutzes Zweifel an der Authentizität des
       vorgelegten Bildmaterial habe, wäre es gut, wenn er rasch in die
       zuständigen Bundestagsgremien komme, um diese Zweifel zu belegen. „Da muss
       er Ross und Reiter benennen.“
       
       ## Auch Hofreiter kritisiert Maaßen scharf
       
       Die SPD-Fraktion fordert eine Sondersitzung des Innenausschusses des
       Bundestages, um das Agieren von Maaßen auszuleuchten. Aus SPD-Kreisen hieß
       es am Freitag, die Aussagen von Maaßen müssten dringend hinterfragt werden.
       Dafür sollten Maaßen und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) möglichst
       bald dem Ausschuss Rede und Antwort stehen.
       
       Linken-Chefin Katja Kipping hat Maaßen als „AfD-Versteher“ bezeichnet und
       die Ablösung des Verfassungsschutzpräsidenten gefordert. Maaßen sei „in
       diesem Amt nicht mehr haltbar“, sagte Kipping am Freitag in Berlin. Anstatt
       die Verfassung zu verteidigen, gebe Maaßen „den AfD-Versteher“ und
       missbrauche „die Autorität seines Amtes, um jenen eine
       Unbedenklichkeitsbescheinigung auszustellen, die in Chemnitz den Hitlergruß
       zeigten und zum Töten von Menschen aufriefen“.
       
       Auch Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat Maaßens Äußerungen scharf
       kritisiert. „Wenn Herr Maaßen solche Behauptungen aufstellt, muss er sie
       zweifelsfrei belegen. Alles andere ist unverantwortlich“, sagte Hofreiter
       der taz am Freitag. Mit seinen unpräzisen Aussagen hinterlasse der
       Verfassungsschutz-Chef den Eindruck, er wolle die Vorfälle in Chemnitz
       herunterspielen und vom Problem des Rechtsextremismus ablenken. „Das ist
       ein Schlag ins Gesicht all jener, die angegriffen wurden.“
       
       Hofreiter verwies auf die hohe Zahl von Ermittlungsverfahren. Es gebe über
       100 Ermittlungsverfahren, Berichte über Straftaten, Angriffe und das Zeigen
       des Hitlergrußes in Chemnitz, sagte er. „Aufgabe von Herrn Maaßen wäre es
       dafür zu sorgen, dass Angriffe auf unsere Verfassung aufgeklärt und
       verhindert werden und nicht selbst für Unsicherheit zu sorgen.“
       
       ## Oppermann hat kein Verständnis
       
       Bundestags-Vizepräsident Thomas Oppermann (SPD) hat ebenfalls kein
       Verständnis für die Zweifel des Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg
       Maaßen an Hetzjagden auf Ausländer in Chemnitz. „Wir haben Bilder gesehen,
       wir haben Zeugen gehört. Wir haben gesehen, wie Menschen da den Hitlergruß
       offen auf der Straße gezeigt haben“, sagte er am Freitag im
       Deutschlandfunk.
       
       Auch eine Gruppe von Sozialdemokraten [1][sei auf dem Weg zum Bus von
       rechten Hooligans angegriffen worden.] Oppermann forderte, dass der Staat
       gegen solche Zustände gegenhalten müsse. „Wir haben ein staatliches
       Gewaltmonopol und ehrlich gesagt: Das zu verteidigen, ist auch Aufgabe des
       Präsidenten des Amtes für Verfassungsschutz.“
       
       Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) stützt die Aussagen von Maaßen.
       „Nicht nur das Bundesamt für Verfassungsschutz, sondern auch der
       Generalstaatsanwalt in Sachsen hat keinerlei Erkenntnisse, dass es sich um
       Hetzjagden gehandelt hat“, sagte der CDU-Politiker am Freitag im
       MDR-Hörfunk. Aufnahmen würden nicht belegen, dass es flächendeckend zu
       Nachstellungen gekommen sei.
       
       Nach der tödlichen Messerattacke beim Chemnitzer Stadtfest am 26. August
       hatten rechte Gruppen die Tat für ausländerfeindliche Demonstrationen
       instrumentalisiert. Dabei kam es zu Ausschreitungen und Attacken gegen
       ausländisch aussehende Personen, wie Videosequenzen zeigen. Die dafür
       mitunter verwendeten Begriffe „Hetzjagd“ und „Mob“ sind allerdings
       umstritten.
       
       Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hatte [2][die
       Berichterstattung darüber in Teilen kritisiert]. „Es gab keinen Mob, es gab
       keine Hetzjagd, es gab kein Pogrom in Chemnitz“, sagte er am Mittwoch in
       einer Regierungserklärung. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte dazu
       erklärt, sie habe aus Chemnitz Bilder gesehen, „die sehr klar Hass und
       Verfolgung von unschuldigen Menschen deutlich gemacht haben“. Davon müsse
       man sich distanzieren.
       
       Merkel hatte die Ausschreitungen bereits zuvor verurteilt und gesagt,
       Hetzjagden und Zusammenrottungen, wie sie in Videoaufnahmen zu sehen seien,
       hätten „mit unserem Rechtsstaat nichts zu tun“.
       
       7 Sep 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/soerenbartol/status/1035961317117579264
   DIR [2] /Nach-den-Ausschreitungen/!5530896
       
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