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       # taz.de -- Google-Besetzung in Berlin: Das sollte nur ein Anfang sein
       
       > Nach kurzer Zeit beendet die Polizei die Besetzung des Google-Campus' in
       > Kreuzberg. Doch die Aktivisten haben schon weitere Aktionen angekündigt.
       
   IMG Bild: Da war alles schon wieder vorbei: Polizisten sichern den künftigen Google-Campus nach Besetzung
       
       Berlin taz | Im alten Umspannwerk laufen noch die Bauarbeiten, dann geht
       alles ganz schnell. Um die 70 Aktivist*innen dringen am Freitag Mittag in
       das Gebäude in der Ohlauer Straße und erklären es für besetzt.
       
       Ihr Ziel ist es, den geplanten Google-Campus zu verhindern, den der
       US-amerikanische Großkonzern noch in diesem Jahr in Kreuzberg eröffnen
       will. Doch schon nach knapp zwei Stunden räumt die Polizei das Gebäude und
       eine Blockade davor. Die AktivistInnen bleiben friedlich, die Polizei setzt
       dennoch Pfefferspray ein und es gibt mehrere Festnahmen.
       
       Ursprünglich planten die BesetzerInnen, eine offene Kiezversammlung im
       Umspannwerk abzuhalten, in der über eine alternative Nutzung des Gebäudes
       beraten werden sollte. Aber dazu kam es aufgrund der vorzeitigen Räumung
       nicht. Stattdessen fand im Anschluss eine Kundgebung mit mehr als hundert
       Menschen vor dem geplanten Google Campus statt.
       
       „Google soll aus Berlin verschwinden“, so formuliert ein Sprecher die
       Forderungen der BesetzerInnen. Gespräche oder Verhandlungen mit Google
       lehnten die BesetzerInnen ab. Sie fürchten, dass der Internetriese die
       ohnehin schon rasante Mietentwicklung in Kreuzberg weiter anheizt. Die
       Ansiedelung von Tech-Start-Ups treibe vor allem die Gewerbemieten nach oben
       und verdrängt dadurch angestammtes Kleingewerbe. Campus-GegnerInnen
       verweisen auf Städte wie London, wo sich die Gewerbemieten in der Nähe des
       dortigen Google-Campus innerhalb von zwei Jahren verdoppelt hätten.
       
       ## Nur der Auftakt für weitere Aktionen
       
       Die Aktion bildet damit offenbar den Auftakt zum „Herbst der Besetzungen“,
       zu dem unter anderem die Initiative #besetzen vergangene Woche aufgerufen
       hatte. „Die Demonstrationen der vergangenen Jahre haben wenig gebracht“,
       erklärt ein Sprecher der BesetzerInnen in Hinblick auf die weiter
       steigenden Mieten. „Deshalb haben wir uns für eine direktere Aktionsform
       entschieden.“ Weitere Aktionen sind für die kommenden Wochen angekündigt.
       
       Mit dem Campus will Google gezielt Start-Ups fördern und ihnen Raum zum
       Arbeiten und Vernetzten bieten. Es wäre der 7. Campus seiner Art, in
       Städten wie London, Warschau und Tel Aviv ist Google bereits präsent.
       
       Der Tech-Riese wurde enthusiastisch von Politikern wie dem Regierenden
       Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop
       (Grüne) begrüßt. Die Errichtung des Campus passt in die vom Senat
       verfolgten Absicht, Berlin zu einem Zentrum der Start-Up-Szene zu machen.
       
       Dabei sind steigende Mieten nicht der einzige Grund, der die AktivistInnen
       antreibt. Die Präsenz des Großkonzerns, dem das Image einer sammelwütigen
       Datenkrake anhaftet, ist im links-alternativen Kreuzberg eine Provokation.
       AktivistInnen sehen Google als Vorreiter eines digitalen
       Überwachungskapitalismus, in dem Großkonzerne durch Algorithmen und das
       massenhafte Sammeln von Daten unser Leben kontrollieren wollen. Google gebe
       sich gerne sozialverträglich, sei aber wenig am Gemeinwohl interessiert.
       Das Unternehmen zahle kaum Steuern und kooperiere mit Geheimdiensten und
       Militär, heißt es auf der Internetseite des Bündnisses „Google Campus
       Verhindern“.
       
       Die BesetzterInnen sind mit ihrem Protest nicht allein. Der Widerstand
       gegen den Campus wird von einem breiten Bündnis verschiedener
       Nachbarschaftsinitiativen und linker Gruppierungen getragen. Viele von
       ihnen sind aus früheren stadtpolitischen Kämpfen hervorgegangen, etwa die
       Initiativen „GloReiche Nachbarschaft“ oder „Lause bleibt“.
       
       Samstag vergangener Woche gab es eine Demo durch Kreuzberg gegen den Google
       Campus mit etwa 300 TeilnehmerInnen. Die Aktion „Google ist kein guter
       Nachbar“ bietet auf einer gleichnamigen Internetseite Anwohnern und
       Gewerbetreibenden die Möglichkeit, online ihre Ablehnung gegenüber Google
       sichtbar zu machen. Bislang hat das Projekt mehr als 250 Einträge.
       
       7 Sep 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jonas Wahmkow
       
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