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       # taz.de -- Nationalismus in der Ukraine: Neues Hemd, gestrige Parole
       
       > Auf dem neuen ukrainischen Nationaltrikot steht „Ruhm der Ukraine“. Das
       > sorgt für Aufregung, vor allem in Russland. Die Fifa hält sich bedeckt.
       
   IMG Bild: Der Kroate Vida hatte die Parole während der WM in Russland zuerst aufs Spielfeld geholt
       
       Ein fragwürdiger Elfmeterpfiff bescherte der ukrainischen
       Fußball-Nationalmannschaft am Sonntag in Lwiw den 1:0 Erfolg gegen die
       Slowakei. Es war bereits der zweite Sieg im neu geschaffenen
       Nations-League-Wettbewerb nach dem gelungenen Auftakt in Tschechien. Mehr
       diskutiert wird allerdings gerade eine andere fragwürdige Entscheidung.
       
       Anfang vergangener Woche stellte die ukrainische Fußballnationalmannschaft
       ihre neuen Trikots vor. Wieder sind die Hemden für die Heimspiele gelb mit
       blauer Aufschrift, die Hemden für die Auswärtsspiele blau mit gelber
       Aufschrift. Auch einen Satz weißer Trikots hatte die spanische Firma Joma
       für die ukrainische Nationalmannschaft entworfen. Doch das besondere sei,
       wie der Pressesprecher des ukrainischen Fußballteams stolz verkündete, dass
       direkt über dem Namenszug des Spielers auf der Rückseite des Trikots der
       Satz „Ruhm der Ukraine“ stehe.
       
       Der kleine kursiv gehaltene Schriftzug birgt allerdings großes
       Konfliktpotential. Vielen ist noch [1][ein Video des kroatischen
       Fußballstars Dombagoj Vida von der Fußweltmeisterschaft] in Russland im
       Sommer in Erinnerung, in dem sich dieser über den kroatischen
       Viertelfinalsieg gegen Russland gefreut und seinen Beitrag mit eben diesem
       „Ruhm der Ukraine“ beendet hatte.
       
       Daraufhin hatte der Weltfußballverband Fifa den kroatischen Spieler, der
       früher unter anderem bei Bayer Leverkusen und Dynamo Kiew gespielt hatte,
       verwarnt. Umgehend hatte sich Vida im russischen Fernsehen und in
       russischer Sprache für seinen „Fehler“ entschuldigt. Das sei ein „Witz“
       gewesen, der mit Politik wirklich nichts zu tun habe, zitierte ihn das
       russische Portal sports.ru.
       
       Empörung in Russland 
       
       Doch wer wie Vida vier Jahre in der Ukraine gelebt hat, müsste eigentlich
       wissen, dass die Losung „Ruhm der Ukraine“ einen historischen Kontext hat.
       Seit 1941 ist der Ruf „Ruhm der Ukraine“ und die Antwort „Den Helden Ruhm“
       die Begrüßungsformel der Nationalisten der „Organisation ukrainischer
       Nationalisten“ (OUN) und deren militärischem Arm, der „Ukrainischen
       Aufständischen Armee“ (UPA). Deren Partisanen hatten mit der Wehrmacht
       kooperiert.
       
       Bei der Revolte auf dem Kiewer Maidan 2013 und 2014 war diese
       Begrüßungsformel zum Gruß der Protestierer geworden. [2][Inzwischen ist sie
       auch zur offiziellen Begrüßungsformel im ukrainischen Militär erklärt
       worden.]
       
       Erwartungsgemäß sorgte der Schriftzug auch in Russland für Empörung. Igor
       Lebedew, Vorstandsmitglied im russischen Fußballverband, erklärte, er
       erwarte ein Verbot dieses Zusatzes durch die internationale
       Fußballverbände. Irgendwelche Losungen, so der Sportfunktionär und
       Politiker, hätten auf Trikots nichts zu suchen.
       
       Aber auch in Polen dürfte es eine ukrainische Mannschaft schwer haben, mit
       der Aufschrift „Ruhm der Ukraine“ ein Spielfeld zu betreten. Im März hatte
       die polnische Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen den ukrainischen
       Politiker der Partei Svoboda, Alexander Piroschik, eingeleitet, weil dieser
       auf einer Veranstaltung in Polen „Ruhm der Ukraine“ gerufen habe, so das
       polnische Internetportal dziennikwschodni.pl.
       
       Mit Pseudopatriotismus punkten 
       
       Der Pressedienst des europäischen Fußballverbandes Uefa sieht in dem
       fraglichen Schriftzug keine Verletzung der Regeln des Verbandes. Weniger
       deutlich äußert sich hingegen der Weltfußballverband Fifa. Er wolle nicht
       zu einem „zukünftigen Szenario spekulieren“ zitiert das Internetportal
       krymr.com aus einer E-Mail des Verbandes.
       
       In der Ukraine gibt es ebenfalls Kritik. Der Fußballverband und die
       Nationalmannschaft sollten sich von sportlichen Prinzipien leiten lassen,
       nicht von den Interessen der Politiker, erklärte Grigorij Surkis,
       Ehrenpräsident des ukrainischen Fußballverbandes und gleichzeitig
       Vize-Präsident der Uefa. Außerdem gelte es zu berücksichtigen, dass gewisse
       Sätze von der Gesellschaft unterschiedlich wahrgenommen werden. „Wir
       sollten nicht meinen, wir können mit Pseudopatriotismus punkten“, so
       Surkis.
       
       Für den ukrainischen Menschenrechtler Volodimir Tschemeris geht es bei dem
       umstrittenen Schriftzug auf den Trikots weniger um Sport als vielmehr um
       den Präsidentschaftswahlkampf. Im März 2019 wird gewählt. Er mutmaßte,
       Poroschenko und der Chef des Fußballverbandes, Andrej Pawelko, der
       gleichzeitig Abgeordneter der Poroschenko-Partei sei, wollten damit beim
       rechten Wählerspektrum für sich werben.
       
       10 Sep 2018
       
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