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       # taz.de -- Dänemark schafft Rundfunkgebühr ab: Dänischer und christlicher
       
       > Die dänische Regierung verordnet dem öffentlich-rechtlichen Sendern
       > drastische Einsparungen. Auch neue Programmrichtlinien stoßen auf Kritik.
       
   IMG Bild: Künftig soll im Kulturprogramm der Öffentlich-rechtlichen vor allem das dänische und christliche Kulturerbe vermittelt werden
       
       Stockholm taz | Als „store sparedag“, den großen Spartag, hatten die Medien
       ihn angekündigt. Am Dienstag informierte die Leitung von Danmarks Radio
       (DR), das dänischen öffentlich-rechtliche Radio und Fernsehen darüber, wie
       man umsetzen will, was Lars Wenge, Vorsitzender des dänischen
       Journalistengewerkschaft DJ als „Massaker“ beschreibt: eine Kürzung des
       Budgets um 20 Prozent binnen der nächsten fünf Jahre. Dies hatte die
       Regierung in Kopenhagen DR bereits im Frühjahr verordnet, [1][gleichzeitig
       hatte sie die Abschaffung der Rundfunkgebühr und eine Finanzierung des
       Public Service durch den Staatshaushalt beschlossen].
       
       Einsparungen von jährlich umgerechnet 56 Millionen Euro sollen durch
       Streichung von 400 Stellen – also einem Sechstel der Stellen – erreicht
       werden, kündigte Generaldirektorin Maria Rørbye Rønn nun an. Aus bislang
       sechs TV-Kanälen sollen drei und aus acht Rundfunkkanälen fünf werden.
       
       Zusätzlich wird vor allem in den Bereichen Sport und Unterhaltung sowie
       beim Einkauf ausländischer Filme und TV-Serien gespart werden. Mehrere
       Nachrichtensendungen verschwinden. „Statt mit dem Rasenmäher das gesamte
       Budget gleichmäßig zu kappen, haben wir versucht zu priorisieren“, betonte
       Rørbye Rønn: Rundfunkchor und -orchester, TV-Drama, Dokumentationen und
       Kinderprogramme seien verschont worden.
       
       Dass in besonders populären Programmbereichen wie dem Sport gespart werden
       soll, löste sofort Kritik aus – wie auch die Schließung von drei
       Musikradiokanälen. Von einer „Katastrophe für das dänische Musikleben“
       sprach Susi Hyldgaard, Vorsitzende der Vereinigung dänischer
       Musikschaffender, denn diese Kanäle hätten bislang eine Vielfalt von Musik
       vermittelt, während in kommerziellen Kanälen nur das Populärangebot
       abgespielt werde: Statt bunter sei „Dänemark seit heute noch mehr
       leberpastetengefärbt geworden“.
       
       Mit der Bekanntgabe des Sparprogramms, das die Tageszeitung Politiken als
       „Ende für ein breites Public-Service-Angebot“ bewertet, veröffentlichte das
       Kultusministerium am Dienstag [2][die neuen Programmrichtlinien] für die
       Jahre 2019 bis 2023, auf die sich die Regierung und die rechtspopulistische
       Dänische Volkspartei (DF) verständigt haben.
       
       ## Keine langen Text mehr
       
       So muss DR in Zukunft in seinem Internetauftritt auf längere, vertiefende
       Texte verzichten, um nicht mit dem kommerziellen Angebot der Tageszeitungen
       zu konkurrieren. Neue Webangebote soll es ohne Genehmigung durch das
       Kultusministerium nicht geben.
       
       Zum anderen enthalten die Programmrichtlinien einige neue Formulierungen,
       welche die Rolle des Christentums betonen. Diese „Präzisierungen“ habe
       seine Partei gefordert, erklärte der DF-Mediensprecher Morten Marinus. So
       heißt es nun, im DR-Angebot solle sich widerspiegeln, dass „unsere
       Gesellschaft“ ihre „Wurzeln im Christentum“ hat.
       
       Im Kulturangebot solle vor allem das „dänische und christliche Kulturerbe“
       vermittelt werden. „Mindestens 48 Prozent“ der Musik in den Radiokanälen
       soll „dänische Musik“ sein. Gleichzeitig wurde aus den bisherigen
       Richtlinien das Wort „Integration“ gestrichen. DR hat nun nicht mehr den
       bisherigen Integrationsauftrag, sondern es heißt: „DR soll dazu beitragen,
       ein auf Gemeinschaft gegründetes Dänemark zu fördern.“
       
       ## „Ein beunruhigender Angriff“
       
       Die DF wolle die redaktionelle Arbeit bestimmen, kritisiert Rasmus
       Nordqvist, Mediensprecher der links-grünen „Alternative“. Morten
       Østergaard, Vorsitzender der linksliberalen „Radikalen“, spricht von einem
       „beunruhigendem Angriff“ auf freie und unabhängige Medien. Und auch der
       ehemalige konservative Kultusminister Per Stig Møller warnt: Die Politik
       solle sich hüten, Details vorschreiben zu wollen, statt nur einen Rahmen
       für das Programmangebot zu setzen.
       
       „Mit der Dänischen Volkspartei als Leithund sind unsere Politiker dabei,
       das freie Wort zu knebeln“, kommentiert das liberale Ekstrabladet am
       Mittwoch: „Das, was wir für unmöglich gehalten haben, ist dabei,
       Wirklichkeit zu werden.“
       
       19 Sep 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /!5492183/
   DIR [2] https://kum.dk/fileadmin/KUM/Documents/Kulturpolitik/medier/DR/ps-kontrakt_2019-2023/18-02484-44_DR_s_public_service-kontrakt_for_2019-2023.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reinhard Wolff
       
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