# taz.de -- Kommentar Neuwahl in Großbritannien: Aufblühen haltloser Gerüchte
> Am Gemunkel über Neuwahlen ist nicht viel dran. Es ist eher zu erwarten,
> dass May und Corbyn gestärkt aus ihren Parteitagen hervorgehen.
IMG Bild: Theresa May – einstige EU-Anhängerin – bringt den Brexit eher aus Pflichtbewusstsein voran
Herbstzeit ist Parteitagszeit in Großbritannien, und das bedeutet
traditionell ein Aufblühen haltloser Gerüchte. Nur so ist die aufgeregte
Berichterstattung der größten britischen Qualitäts-Wochenzeitung Sunday
Times über mögliche erneute vorgezogene Neuwahlen in Großbritannien im
November zu verstehen. Der Bericht schnurrt bei näherem Hinsehen auf die
Meldung zusammen, dass „ein hochrangiges Mitglied“ von Premierministerin
Theresa Mays Team einen „anderen Tory-Strategen“ am Telefon gefragt haben
soll, was er im November vorhabe, „weil ich glaube, dass wir neue Wahlen
brauchen werden“.
Tatsächlich geht es jetzt in Großbritannien erst einmal um etwas anderes:
das politische Überleben sowohl von May als auch von Labour-Chef Corbyn.
Beide stehen [1][aufsässigen Teilen ihrer eigenen Parteien gegenüber] –
nicht nur [2][wegen des Brexits], aber hauptsächlich. Zusammengefasst
wünschen sich die Unzufriedenen, dass Corbyn endlich mal klar gegen den
Brexit sein sollte und May endlich mal klar dafür.
May – eine einstige EU-Anhängerin, die jetzt den Brexit mehr aus
Pflichtbewusstsein denn aus Überzeugung voranbringt – hat mit ihrer
kämpferischen Reaktion auf den EU-Gipfel vergangene Woche bereits Flagge
gezeigt. Aber ihre Anhänger warten noch darauf, dass darauf kämpferische
neue Konzepte folgen. Corbyn – ein alter EU-Gegner, der einer mehrheitlich
EU-freundlichen Partei vorsteht – war noch nie ein Freund klarer Worte und
wird nun über viele Schatten springen müssen.
Trotz allen politisch-medialen Getöses ist aber davon auszugehen, dass
beide aus ihren Parteitagen gestärkt hervorgehen werden. Mangels
überzeugender Alternativen. Denn eines ändert sich nicht: Großbritannien
ist in Sachen EU fundamental unschlüssig, wie schon das Referendumsergebnis
von 52 zu 48 Prozent für den Austritt bewies. May und Corbyn verkörpern
beide diese Unschlüssigkeit in perfekter Vollendung.
Sie haben damit beide bei den Wahlen 2017 große Zugewinne für ihre
jeweiligen Parteien erzielt, sie setzen sich in den Umfragen seitdem nicht
voneinander ab – und gerade weil sie nicht festzunageln sind, sind sie die
richtigen Führungsfiguren zur richtigen Zeit. Und genauso uneindeutig, wie
May und Corbyn Politik machen, wird Großbritannien in gut einem halben Jahr
die EU verlassen.
24 Sep 2018
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## AUTOREN
DIR Dominic Johnson
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