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       # taz.de -- Großer Polizeieinsatz im Hambacher Forst: Erstes Bauwerk geräumt
       
       > Im Hambacher Forst hat die Polizei hat nun eine Plattform abgebaut.
       > Unterdessen gibt es mehrere Eilanträge, um die Räumung zu stoppen.
       
   IMG Bild: Der Forst gilt als Symbol des Kampfes um Klimaschutz und des Widerstands gegen die Kohle
       
       Hambach/Kerpen taz/dpa | Großeinsatz im Hambacher Forst: Am
       Donnerstagmorgen zieht die Polizei mehrere Hundertschaften mit schwerem
       Gerät am Wald zusammen, der seit Jahren von Braunkohle-GegnerInnen besetzt
       ist. Inzwischen wurde ein erstes Bauwerk abgebaut. Später wurde ein erster
       Aktivist von der Polizei von einer in der Höhe befestigten Plattform
       geholt. Der Mann habe keinen Widerstand geleistet und sei auf eine
       Arbeitsbühne der Polizei-Höhenretter gestiegen, hieß es.
       
       [1][AktivstInnen riefen über die sozialen Medien dazu auf], unverzüglich in
       den Wald zu kommen, um die Baumhäuser zu schützen. Zudem wollen offenbar
       Privatpersonen die Räumung noch juristisch stoppen. „Es liegen mittlerweile
       zwei Anträge vor, die Kammer berät nun darüber“, sagte eine Sprecherin des
       Verwaltungsgerichts in Köln. Eine Entscheidung solle so schnell wie möglich
       getroffen werden. Für den Nachmittag ist eine Demonstration angemeldet.
       
       Die Stadt Kerpen hatte den Baumbesitzern ein 30-minütiges Ultimatum zur
       Räumung der Baumhäuser gegeben. Dies haben die AktivistInnen verstreichen
       lassen und Widerstand angekündigt. Polizisten haben dann eine erste
       Sitzblockade von Demonstranten aufgelöst. Die Aktivisten, die einen Weg zu
       den Baumhäusern blockierten, wurden von Einsatzkräften weggetragen.
       Gegenwehr leisteten sie nicht.
       
       Die Grundlage für die Räumung hat am Mittwochabend das
       nordrhein-westfälische Bauministerium geschaffen. In einem 40-seitigen
       Erlass werden die zuständigen Kommunen Düren und Kerpen aufgefordert, die
       Baumhäuser räumen zu lassen. Weil diese – obwohl sie illegal auf
       Privatgrund errichtet wurden – als Wohnraum besonders geschützt sind,
       greift das Ministerium zu einem juristischen Trick, um die Räumung trotzdem
       sofort vollziehen zu können: Es sei „Gefahr im Verzug für Leib und Leben
       der Baumhausbewohner aus Brandschutzgründen“, heißt es im Erlass.
       
       Diese Aussage verwundert, denn im vergangenen Hitzesommer wurde diese
       Gefahr offenbar nicht gesehen. Zudem hat die Polizei vor zwei Wochen bei
       einem Einsatz am Boden zahlreiche Feuerlöscher beschlagnahmt und damit das
       nun angeführte Risiko selbst geschaffen. Scharfe Kritik kam von den Grünen.
       Die Landesregierung ziehe sich mit der Weisung selbst aus der direkten
       Verantwortung und übertrage die Aktion auf kommunale Behörden, kritisierte
       Bruno Voß, Vorsitzender der Grünen im Kreistag Düren.
       
       ## Zugang zum Wald möglich
       
       „Ein solches Vorgehen ist beispiellos in der Geschichte der BRD.“ Nach
       seinen Angaben wurden Anwälte noch in der Nacht tätig, um am Morgen vor
       Gerichten eine Einweilige Anordnung gegen die Räumung zu erwirken.
       
       Auch die örtliche Bürgerintiative „Buirer für Buir“, die zum friedlichen
       Protest gegen die Rodung des Waldes aufruft und die WaldbesetzerInnen
       unterstützt, übte scharfe Kritik. „Mit dieser absurden Begründung gefährdet
       die Landesregierung den sozialen Frieden und mehrt die Zweifel an der
       Angemessenheit und Rechtmäßigkeit politischer Entscheidungen“, erklärte
       sie.
       
       Die Polizei erklärte am Morgen, alle Baumhausbewohner würden aufgefordert,
       ihre Bauten freiwillig zu verlassen. „Andernfalls werden die Baumhäuser im
       Hambacher Forst durch die Polizei Aachen unter Einsatz von Zwangsmaßnahmen
       geräumt“, hieß es.
       
       Nach den Aufrufen strömten am Morgen zahlreiche Menschen in den Wald.
       Zunächst war der Zugang ohne Kontrollen möglich, mittlerweile sind die
       üblichen Zugänge allerdings von der Polizei versperrt. Ohne Presseausweis
       kommt aktuell niemand mehr in den Wald. [2][Taz.de ist vor Ort] und wird
       weiter aktuell berichten.
       
       ## Symbol des Kampfs um Klimaschutz
       
       Der Forst gilt als Symbol des Kampfes um Klimaschutz und des Widerstands
       gegen die Kohle. In ihm stehen Jahrhunderte alten Buchen und Eichen. Zudem
       gibt es Vorkommen geschützter Arten wie der Bechsteinfledermaus.
       [3][Mehrere Organisationen wollen seine Rodung unter anderem aus diesen
       Gründen verhindern.] Aus Sicht von RWE ist die Abholzung unvermeidbar, um
       die Stromproduktion in den Braunkohlekraftwerken zu sichern. Frühestens im
       Oktober darf der Konzern mit der Rodung beginnen.
       
       Der Streit um den Hambacher Forst könnte auch die Arbeit der sogenannten
       Kohlekommission stören, obwohl das Thema dort offiziell nicht auf der
       Tagesordnung steht. Wirtschaft, Klimaschützer, Politik und Betroffene
       sollen bis Ende des Jahres gemeinsam einen Weg aus der
       Kohlestrom-Produktion vereinbaren. Die beteiligten Umweltverbände fordern
       einen Aufschub der Rodung, bis das erledigt ist – ihrer Ansicht nach könnte
       der Wald vielleicht stehenbleiben, wenn ältere Kraftwerke abgeschaltet
       werden.
       
       (mit dpa)
       
       13 Sep 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.facebook.com/HambacherForstBesetzung/photos/a.1369651906478554/1717436361700105/
   DIR [2] /Schwerpunkt-Hambacher-Forst/!t5013292
   DIR [3] /Aktivistin-ueber-Tag-X-im-Hambacher-Forst/!5531061
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernd Müllender
   DIR Anett Selle
       
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