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       # taz.de -- Kommentar Räumung Hambacher Forst: Lebensgefahr durch Schutzmaßnahme
       
       > Im Forst wird geräumt, weil die Baumhäuser keinen Schutz vor Feuer
       > bieten. Die Regierung zeigt dabei das Diplomatiegefühl einer
       > Dreijährigen.
       
   IMG Bild: Scheint sich ebenfalls nicht zu freuen: die Polizei Aachen muss den Erlass umsetzen
       
       Die Weisung des Ministeriums für Heimat, Bau und Gleichstellung ist
       eindeutig: Die Baumhäuser im Hambacher Forst seien sofort zu räumen. Dass
       es zu [1][einer Räumung der Besetzung] kommen könnte, war lange klar. Aber
       wie das NRW-Bauministerium von Ina Scharrenbach (CDU) dies nun einleitet,
       zeugt vom Diplomatiegefühl einer Dreijährigen an der Supermarktkasse.
       
       Im Erlass des Ministeriums steht als Begründung: „Gefahr im Verzug für Leib
       und Leben der Baumhausbewohner aus Brandschutzgründen“. Das jedoch nicht
       etwa während des Rekordsommers [2][mit zahlreichen Waldbränden], sondern im
       September. Nach Jahren, in denen die Baumhäuser schon bewohnt werden.
       Plötzlich bemerkt man also Brandgefahr, sogar akute: Aus Sicherheitsgründen
       dürfe es keinen zeitlichen Aufschub bei der Räumung geben.
       
       Mit ihrem Vorgehen schafft Scharrenbach vier auf einen Streich: Zunächst
       einmal bringt sie die beiden Bauordnungsämter der Stadt Kerpen und des
       Kreises Düren in eine unmögliche Position. Die Ämter müssen den Erlass
       umsetzen. Sie sind weisungsgebunden. Nun sind also zwei kleine Ämter
       offiziell verantwortlich einen Einsatz, den ein Sprecher der Aachener
       Polizei als einen der größten in der jüngeren NRW-Geschichte bezeichnet.
       
       Die Bauämter scheinen sich über die neue Rolle nicht gerade zu freuen: Wie
       der WDR berichtet, wollen sie Aufschub gewähren – trotz der Dringlichkeit
       laut Erlass – sofern die BaumhausbewohnerInnen einstweilige Verfügungen
       erwirken wollen. Die Wortwahl „wollen“ statt „können“ oder „erwirkt haben“
       deutet auf ein Entgegenkommen hin.
       
       ## Manche Bewohner leben seit Jahren hier
       
       Wer sich ebenfalls nicht zu freuen scheint, ist die Polizei Aachen. Auch
       sie hängt drin, denn die beiden Bauämter können den Erlass nicht allein
       umsetzen: Also stellen sie, die keine Wahl haben, einen Gesuch um Amtshilfe
       an die Polizei, woraufhin die ebenfalls keine Wahl mehr hat. Amtshilfe muss
       geleistet werden, so Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach im
       Pressegespräch am Mittwochnachmittag.
       
       Und: Sollte auch nur passiver Widerstand geleistet werden, bedeute das
       Lebensgefahr „für alle Beteiligten“.
       
       Mit passivem Widerstand [3][ist erfahrungsgemäß zu rechnen]. Manche
       BesetzerInnen leben seit Jahren hier. Ein Einsatz, der offiziell
       stattfindet, um Menschen vor dem mangelhaften Brandschutz ihrer Häuser zu
       retten, bringt sie und BeamtInnen also in akute Lebensgefahr durch Sturz
       aus bis zu 20 Metern Höhe. Ob die Maßnahme notwendig, zweckmäßig oder
       rechtmäßig sei, könne er nicht beantworten, sagt Weinspach. Das sei ja
       nicht seine Operation. Richtig, es ist die von Scharrenbachs Ministerium.
       Das schubst die Dominokette um. Die Landespolitik mischt sich ein im
       Konflikt zwischen KohlegegnerInnen und RWE: Und mit den Folgen dürfen sich
       andere beschäftigen.
       
       13 Sep 2018
       
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