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       # taz.de -- Debatte im Abgeordnetenhaus: „Riechen Sie auch den Schwefel?“
       
       > SPD-Fraktionschef Raed Saleh verteufelt die AfD, Regierungschef Michael
       > Müller verlangt von jedem, klare Kante zu zeigen und nicht wegzusehen.
       
   IMG Bild: Er verteufelte im Berliner Abgeordnetenhaus die AfD: SPD-Fraktionschef Raed Saleh
       
       Radikal mag Michael Müller nicht sein, aber klare Kante, die fordert er
       nach den Ereignissen in Chemnitz ein. „Niemand darf mehr weggucken, wenn
       Nazi-Parolen gegrölt werden oder Hitler-Gruß gezeigt wird“, sagt der
       Regierungschef von der SPD, jeder könne und müsse etwas tun. Müller spricht
       im Plenarsaal des Abgeordnetenhauses und erinnert daran, dass die
       Nazi-Größe Göring aus dem Gebäude, dem vormaligen preußischen Landtag, ein
       Ballhaus machte.
       
       Es ist die erste Parlamentssitzung nach der Sommerpause. SPD-Fraktionschef
       Raed Saleh hat die Rederunde eröffnet, die AfD als gesellschaftlichen
       Brandstifter kritisiert und im wahrsten Wortsinne verteufelt: Der Pferdefuß
       schaue bei den Abgeordneten der Partei auch bei noch so perfekt sitzendem
       Anzug hervor. Und nicht nur das: „Bei der AfD riecht es permanent nach
       Schwefel“, sagt Saleh, „riechen Sie’s auch?“
       
       Sein Chefkollege von der CDU, Burkard Dregger, spricht weniger bildhaft und
       wiederholt eine alte CDU-Klage: Dass der rot-rot-grüne Senat Rechts- und
       Linksextremismus nicht gleichermaßen bekämpfe. „Chemnitz muss ein Warnruf
       an uns Demokraten sein“, sagt er, „wir müssen verhindern, dass Rechts- und
       Linksradikale die öffentliche Debatte bestimmen.“ Dregger hält Müller eine
       Schwarz-Weiß-Denke vor, lobt vielmehr die Grautöne als das Verbindende
       zwischen den Lagern. „Wenn alles, was nicht ins linke Weltbild passt,
       ,Nazi' ist, dann verharmlost man auf schäbigste Art die Gräueltaten der
       Nationalsozialisten“, sagt der CDU-Mann. Als er das Mikro verlässt, gibt es
       auch Applaus aus den Reihen der AfD, die Dreggers Redetext nur einmal
       erwähnt.
       
       ## „Unsägliche Gleichsetzung“
       
       „Unsäglich“ ist diese Gleichsetzung von Rechts und Links für
       Linksfraktionschef Udo Wolf, „einen sehr gefährlichen Weg“ gehe Dregger
       damit. „Auch die Union, die bürgerliche Mitte, muss sich entscheiden, in
       welchem Team sie spielen will: dem der Demokraten oder dem der
       Antidemokraten.“
       
       Schließlich steht AfD-Fraktionschef Georg Pazderski am Mikrofon. „Als Sohn
       eines NS-Zwangsarbeiter bin ich entsetzt, wie unbedarft schamlos die
       Begriffe Nazi oder Rassist über Ihre Lippen kommen“, sagt er, Millionen
       AfD-Wähler und Sympathisanten würden so diffamiert. Auch Pazderski
       verteufelt: Nicht die SPD – Pazderski will als Erstwähler für Willy Brandt
       gestimmt haben – aber Linke und Grüne, bei ihm „Postkommunisten und vegane
       Autohasser“: Er wirft Michael Müller einen „Pakt mit dem Teufel“ vor, um
       sich im Amt zu halten.
       
       Da hätte Müller als letzter Redner auch anders auftreten könne, lauter,
       polarisierender. Doch nachdem Grüne und FDP mäßigende Töne anschlagen,
       kommt er auch ohne Schärfe auf den Punkt. Dreggers Vorwürfe weist er
       zurück: „Die Koalition verurteilt jede Art von Extremismus.“ Doch es gebe
       Menschen, die hätten Angst vor der Entwicklung Berlins – „es ist unsere
       Aufgabe, ihnen zuzuhören“.
       
       Müller fordert mehr Konsens und befürchtet, dass die AfD mehr ist als eine
       vorübergehende Erscheinung wie früher die Republikaner-Partei: „Die Truppe
       kann erfolgreich sein, wenn sich die demokratischen Kräfte in der Stadt
       auseinander dividieren lassen.“
       
       13 Sep 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
       ## TAGS
       
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