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       # taz.de -- Konflikt im Kongo: Woran man stirbt, ist ziemlich egal
       
       > Nach dem Ebola-Ausbruch im Ostkongo fordert ein Massaker von Rebellen in
       > der Region weitere Todesopfer. UN-Blauhelme schritten ein.
       
   IMG Bild: UN-Blauhelme im Kongo: Puffer zwischen Rebellen und Militär
       
       Kampala taz | Ein Berg von Leichen, alle blutüberströmt – solche Bilder
       kommen derzeit aus dem Osten der Demokratichen Republik Kongo. Das jüngste
       Massaker nahe der Stadt Beni ereignete sich [1][im Herzen des
       Ebola-Gebiets] der Provinzen Nord-Kivu und Ituri.
       
       Rund um Beni meldet Kongos Gesundheitsministerium mittlerweile 151 Fälle
       von mutmaßlichen Ebola-Infektionen, über 100 Menschen sind seit Anfang
       August gestorben. Angriffe und Kämpfe aber erschweren die Arbeit der
       Ebola-Teams.
       
       Am Samstagabend, kurz vor Einbruch der Dunkelheit, griffen mutmaßliche
       Kämpfer der Rebellengruppe [2][ADF (Allied Democratic Forces)] einen
       neugeschaffenenen Posten der kongolesischen Armee in Kasinga an, im Norden
       von Beni. Vier Soldaten fielen laut Armee im Feuergefecht. „Alles deutet
       darauf hin, dass die Armee überwältigt wurde“, berichtet Teddy Kataliko,
       Vorsitzender der Zivilgesellschaft in Beni.
       
       Der Angriff war kein Zufall. Kongos Armee beginnt derzeit eine neue
       Militäroperation gegen die ADF, der neue Armeechef, General Celestin Mbala,
       übernimmt das Kommando. Am Samstag hatte er gerade sein neues Hauptquartier
       in der rund 500 Kilometer entfernten Stadt Kisangani bezogen.
       
       ## UN-Blauhelme schritten ein
       
       Nach dem Feuergefecht zogen die bewaffneten Männer in der Dunkelheit
       weiter. Sie schossen um sich, Zivilisten wurden getroffen. Die Armee
       brauchte zu lange, um zu reagieren. [3][UN-Blauhelme], die zwei Kilometer
       entfernt eine Basis haben, schritten ein. Die Bilanz: 18 tote Zivilisten,
       vier tote Soldaten, neun Verwundete.
       
       „Unsere Aktion hat ein größeres Drama verhindert“, sagte Charles Bambara,
       Sprecher der UN-Mission im Kongo (Monusco). „Die Angreifer wollten tiefer
       in die Stadt vordringen. Kurz darauf wurde uns von einem neuen Angriff
       erzählt. Und wieder haben wir interveniert.“
       
       Keine zwei Tage später schlugen mutmaßliche ADF-Rebellen erneut zu: In der
       Stadt Oicha, rund 20 Kilometer nördlich von Beni. Sie brannten Häuser
       nieder, töteten einen Mann und entführten 14 Kinder. In Oicha gibt es zwei
       bestätigte Ebola-Infizierte, deren Familienangehörige unter Beobachtung
       stehen.
       
       Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind seit Montag 80 Prozent der
       Menschen, die derzeit im Ostkongo als Ebola-Risikopatienten unter
       Beobachtung stehen, telefonisch nicht mehr erreichbar. Ein Teil der
       Bevölkerung von Oicha ist wohl in den Wald geflohen.
       
       ## Kongolesen rechnen mit zunehmender Gewalt
       
       Die WHO schlägt nun Alarm. Beni ist Hauptquartier der internationalen
       Ebola-Bekämpfer im Ostkongo. „Wir sind extrem besorgt“, so Peter Salama,
       Chef des WHO-Notfallteams im Kongo, „dass nun verschiedene Faktoren in den
       nächsten Wochen zusammenkommen, die einen perfekten Sturm verursachen.“
       
       Gemeint sind damit nicht nur Rebellen und Ebola, sondern auch die am
       [4][23. Dezember anstehenden Wahlen], die in sämtlichen Ecken des Kongo
       gerade Konflikte anheizen. In zahlreichen Provinzen werden derzeit
       politische Machtspiele ethnisch aufgeheizt, Milizen werden entweder von der
       Armee bekämpft oder von ihr aufgerüstet. Viele Kongolesen rechnen mit
       zunehmender Gewalt in den kommenden Monaten.
       
       Diese Vorwahlzeit ist aber aus Sicht der WHO die entscheidende Phase in der
       Entwicklung des Ebola-Ausbruchs. Über 11.000 Menschen sind geimpft worden,
       41 Infizierte sind sogar geheilt. Doch Salama warnt: „Wenn die WHO und ihre
       Partner Nord-Kivu verlassen müssten, hätten wir einen schweren Stand.“ Zwei
       Tage lang konnten die WHO-Mitarbeiter diese Woche nicht ausrücken. „Wir
       denken jedoch noch nicht über eine Evakuierung nach.“
       
       Die Zivilgesellschaft in Beni hat bis Freitag eine Trauerwoche verkündet,
       samt Generalstreik gegen die Gewalt. Kizito Bin Hangi, Chef der
       Zivilgesellschaft, fordert „den Rücktritt der zivilen und militärischen
       Behörden von Beni“ und die Aussetzung des Kampfes gegen Ebola. „Denn es ist
       besser, durch Ebola zu sterben als durch die wiederholten Massaker.“
       
       27 Sep 2018
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schlindwein
       
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