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       # taz.de -- petition der woche: Gebt dem KFC Uerdingen seine Hymne zurück!
       
       Wenn die Spieler der Lieblingsmannschaft gerade aus ihrer Kabine kommen,
       die Einlaufhymne erklingt und das ganze Stadion anfängt, laut mitzugrölen:
       Das ist der Gänsehautmoment eines vollbrünstigen Fußball-Fans. Zu den
       bekanntesten gehört Gerry and the Pacemakers „You’ll never walk alone“, das
       die Fans des FC Liverpool 1963 in die Arena brachten und das heute auch auf
       zahlreichen anderen Plätzen ertönt.
       
       Einlauflieder, die sind wichtig. Die Fans von Hertha BSC haben sich Frank
       Zanders „Nur nach Hause“ erst neulich wieder als Einlaufhymne zurückgeholt,
       nachdem der Verein ihn durch „Dickes B“ von Seeed ersetzt hatte. Das war
       den Fans gar nicht recht.
       
       Ganz ähnlich ging es Tim Seel, einem Fußballfan aus dem Ruhrgebiet. Der
       ärgerte sich, als nach über 20 Jahren das Einlauflied seiner
       Lieblingsmannschaft KFC Uerdingen abgesetzt wurde. Die bisherige Hymne,
       „Jump“ von Van Halen, erklang plötzlich nicht mehr. „Keiner wusste wieso,
       warum“, erzählt Seel am Telefon. Er wollte das nicht einfach hinnehmen.
       „Ich bin seit 1995 Fan und kenne nur ‚Jump‘. Letztens lief dann ‚Hells
       Bells‘ von ACDC, das kenne ich aber von St. Pauli.“
       
       Seel wunderte sich, denn aus dem festen Ritual war durch wechselnde Songs
       etwas Unkalkulierbares geworden. Nicht gut für die Spieltagsdramaturgie.
       Geht gar nicht, fand er, vor allem nicht bei einem Traditionsverein, auch
       wenn der in der Dritten Liga spielt, seit Juli aber immerhin mit Kevin
       Großkreutz, einem der Weltmeister von 2014. Also startete Seel eine
       Petition.
       
       Rückendeckung dafür erhält er im Fanforum des KFC Uerdingen. Viele User
       sind enttäuscht: „Jump war immer Uerdingen und ich finde es auch schade,
       das diese nervige Hells Bells gespielt hat. Das ist so ausgelutscht und
       Jump hat halt niemand“, schreibt „JimPanse“, woraufhin ihm „Heini“
       beisprang: „Danke, genauso ist es. ‚Jump‘ wird auch meine ‚ewige
       Einlaufmusik‘ bleiben.“
       
       Sabine Radtke kann die empörten Reaktionen verstehen. „Bei Fans gibt es
       über die sportbezogenen Belange hinaus eine starke Bindung an den
       jeweiligen Verein und dessen Kultur“, erklärt die Sportsoziologin der
       Universität Paderborn. „Manche Fangruppierungen sehen sich ganz klar als
       einen wichtigen, geradezu existentiellen Teil der Vereinskultur und möchten
       hier nicht übergangen werden.“
       
       Jan Filipzik, Pressesprecher des KFC Uerdingen, will zu der Sache
       eigentlich kein Statement geben. Tut es dann aber doch: Man habe noch gar
       nichts entschieden, es habe lediglich der Gedanke bestanden, man bräuchte
       etwas Neues. Allerdings sei das Thema auch nicht neu, die Musik wurde
       bereits letzte Saison geändert. „Wir sind mit den Fans im Austausch und
       haben generell einen sehr guten Draht zu den Fangruppen und Clubs“, sagt
       Filipzik. Da sei noch alles offen: „Alles ganz entspannt.“
       
       Auch Seel sieht seine Petition locker. Zwar wolle er wirklich gern das alte
       Lied zurück. Aber: „Ich dachte, ich kann es wenigstens versuchen. Das ist
       jetzt auch nichts Weltbewegendes.“ Und er wisse ja, dass es natürlich
       verschiedene Lager gäbe. Am Ende könne man nie alle glücklich machen.
       Trotzdem: „Für mich gehört das einfach zur Atmosphäre. Ich gehe seit 23
       Jahren zu den Spielen, das ist ein Stück Nostalgie für mich.“
       
       Leonie Ruhland
       
       29 Sep 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Leonie Ruhland
       
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