URI: 
       # taz.de -- Naturkatastrophen in Indonesien: Mit Beben leben
       
       > In den letzten zwei Monaten wurde Indonesien von fünf schweren Beben
       > heimgesucht. Es herrscht Angst, beim nächsten Mal selbst betroffen zu
       > sein.
       
   IMG Bild: Schäden im indonesischen Petabo
       
       JAKARTA taz | Es ist keine Filmmontage: Eine Familie klammert sich panisch
       aneinander, während hinter ihr Häuser und Bäume wie auf einem Fluss vorbei
       schwimmen und schließlich in sich zusammensacken. [1][Das Video] wurde in
       den letzten Tagen tausendfach in Indonesiens sozialen Medien geteilt. Es
       zeigt die Bodenverflüssigung im Bezirk Sigi bei der Stadt Palu in der
       Provinz Zentralsulawesi, die am Freitag von einem Erdbeben der Stärke 7,4
       und einem Tsunami getroffen wurde.
       
       Es ist das fünfte schwere Beben in Indonesien in nur etwas mehr als zwei
       Monaten. Die drei Erdplatten, auf dem der Inselstaat liegt, sind wieder in
       Bewegung, die Bewohner auch in anderen Landesteilen tief beunruhigt. Zwar
       gehören hier Naturkatastrophen zum Alltag. Das Land liegt auf dem
       Pazifischen Feuerring. Ständig gibt es Meldungen über kleinere und mittlere
       Erdbeben, Vulkanausbrüche, Zyklone. Doch ein Tsunami dieses Ausmaßes gab es
       nicht mehr seit der Todeswelle, bei der im Jahr 2004 allein in der Provinz
       Aceh 170.000 Menschen starben. Die Heftigkeit der letzten Ereignisse
       erschüttert auch die katastrophenerfahrenen Bewohner von Indonesiens
       bevölkerungsreichster Insel Java.
       
       Auch hier fragen sich die Menschen, warum das Tsunamiwarnsystem in Palu
       versagt hat. Doch sind Details eher zweitrangig. Stattdessen überwiegt die
       Angst, als nächster selbst betroffen zu sein: Eltern teilen ihre Sorgen im
       Netz, Schulen verschicken Verhaltensratschläge im Falle einer Katastrophe –
       und selbsternannte Hellseher sagen voraus, wo angeblich das nächste Beben
       stattfindet. Die Katastrophenschutzbehörde warnt ständig vor
       Falschmeldungen wie die Vorhersage von Beben, die auch mit moderner Technik
       nicht frühzeitig erkannt werden können.
       
       Natürlich gibt es im Staat mit der weltgrößten muslimischen Bevölkerung
       auch islamistische Prediger, die die Katastrophen mit der Verderbtheit der
       Menschen verbinden – oder gar politisch ausnutzen. So behauptete der
       Vorsitzende der radikalen Verteidigungsfront des Islams, Shobri Lubis, am
       Samstag in Jakarta, dass die Beben auf Lombok und Sulawesi damit
       zusammenhingen, dass die Regierung gegen seine Organisation vorgehe.
       
       ## Privathäuser geplündert
       
       Doch meist äußern sich sowohl religiöse Organisationen als auch normale
       Bürger entsetzt über die vielen Plünderungen in der Region um Palu.
       [2][Videos zeigen], wie Läden von Mobs aufgebrochen und ausgeräumt werden.
       Dabei geht es nicht nur um Lebensmittel. Vielmehr wird alles, was nicht
       niet- und nagelfest ist, mitgenommen: Haushaltswaren, elektrische Geräte,
       Schmuck. Auch Privathäuser, deren Bewohner geflohen sind, werden
       geplündert. Es gibt sogar Berichte über Opfer, die im Tsunami umgekommen
       sind, weil sie trotz Warnung ihre Häuser aus Angst vor Plünderungen nicht
       verlassen wollten. „Etwas stimmt nicht mit der Mentalität unserer
       Gesellschaft“, schreibt ein Familienvater in einer WhatsApp-Gruppe.
       „Während unsere Angehörigen leiden, haben diese Menschen nichts anderes zu
       tun, als zu stehlen.“
       
       Doch auch die Solidarität ist groß. Im Bewusstsein, vielleicht als nächstes
       selbst von einer Naturkatastrophe betroffen zu seine, organisieren neben
       den Behörden und Hilfsorganisationen auch viele Privatinitiativen
       Spendenaktionen. Über die sozialen Medien melden Überlebende, deren Handys
       noch funktionieren, an Freunde und Verwandte, was am dringendsten gebraucht
       wird. In Städten sammeln an jeder Kreuzung Schüler und Studenten Spenden
       für Palu – so wie sie es vor zwei Monaten noch für Lombok getan haben. Eine
       Mutter in der Stadt Yogyakarta, die 2006 selbst nur knapp ein schweres
       Beben überlebte, sagt: „Wir müssen helfen, und den Überlebenden die
       Gewissheit geben, dass das Leben weiter geht.“
       
       1 Oct 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.youtube.com/watch?v=YyWS7CYJfCg
   DIR [2] https://www.youtube.com/watch?v=yYr2jZBE9mo
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christina Schott
       
       ## TAGS
       
   DIR Indonesien
   DIR Tsunami
   DIR Erdbeben
   DIR Tsunami
   DIR Naturkatastrophe
   DIR Indonesien
   DIR Sulawesi
   DIR Indonesien
   DIR Indonesien
   DIR Indonesien
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Jahrestag Tsunami im Indischen Ozean: Jetzt kommt sie langsam auf dich zu
       
       Vor zwanzig Jahren war unser Autor noch ein Kind. Die Tsunami-Katastrophe
       hat sich ihm dennoch tief eingeprägt – vor allem in ihren kulturellen
       Auswirkungen.
       
   DIR Naturkatastrophen in Asien: Fluten, Starkregen, Vulkanausbruch
       
       In Pakistan, den VAE, Indonesien und Afghanistan gibt es schwere
       Naturkatastrophen. Die Klimakrise verstärken sie, sagen Experten.
       
   DIR Erdbebenkatastrophe in Indonesien: Ausländische Nothelfer unerwünscht
       
       Bei der Katastrophe in Sulawesi dürfen nur noch Organisationen mit lokalen
       Partnern helfen. Andere Ausländer sollen abziehen.
       
   DIR Indonesien nach Beben und Tsunami: 5.000 Vermisste im zerstörten Palu
       
       Indonesiens Katastrophenschutzbehörde erhöht die geschätzte Zahl der
       Vermissten auf der Insel Sulawesi. Bisher gab es mehr als 1.760 Tote.
       
   DIR Nach dem Tsunami in Indonesien: Die Lage ist „ein Alptraum“
       
       Nach dem Tsunami versuchen die Retter weiterhin Überlebende zu finden. Die
       Region Donggala ist noch immer von der Außenwelt abgeschnitten.
       
   DIR Erdbeben und Tsunami: Mehr als 830 Tote in Indonesien
       
       Nach dem schweren Beben und einem Tsunami in Indonesien werden immer mehr
       Tote geborgen. Das Warnsystem des Landes steht in der Kritik.
       
   DIR Tsunami in Indonesien, Taifun in Japan: Über 400 Tote auf Sulawesi befürchtet
       
       Erst bebt in Indonesien die Erde, dann schwappt eine Tsunamiwelle über die
       Küste einer Insel. In Japan wurden beim Wirbelsturm „Trami“ 18 Menschen
       verletzt.
       
   DIR Rezepte gegen den Klimawandel: Fairer Handel, lebendige Wälder
       
       Hilflos gegen den Klimawandel? Von wegen! Was Regierungen, Parlamente und
       Unternehmen tun können, um das Schlimmste zu verhindern.