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       # taz.de -- Wildtiere im Zirkus: Manege frei für Quälerei
       
       > Schleswig-Holsteins Landtag spricht sich einstimmig für ein Verbot von
       > Wildtieren im Zirkus aus. Derweil gastiert Circus Krone mit Nashorn in
       > Hamburg.
       
   IMG Bild: Dass ein Zirkus die richtige Heimat für Breitmaulnashorn ist, bezweifeln Tierschützer
       
       HAMBURG taz | Hohe Zäune, bespannt mit Werbebannern, verhindern einen Blick
       hinter die Kulissen. Doch wer durch die kleinen Lücken schaut, kann einen
       Blick auf die Löwen in ihren Käfigen nur wenige Meter von der vierspurigen
       Straße entfernt erhaschen. Seit vergangener Woche gastiert Circus Krone auf
       dem Hamburger Heiligengeistfeld. Mit dabei sind auch der Nashornbulle
       Tsavo, Lamas und die „lustigen Seelöwen“.
       
       Dass der nach eigenen Angaben „größte Circus der Welt“ sein
       „Evolution“-Programm in Hamburg aufführt, löste unter
       Tierschutzorganisationen Proteste aus. Am vergangenen Freitag
       demonstrierten nach Angaben der Veranstalter rund 300 TierschützerInnen am
       Heiligengeistfeld gegen die Ausbeutung von Tieren in der Manege. Der
       Hamburger Tierschutzverein hatte gemeinsam mit anderen Tierschutzgruppen zu
       der Demo aufgerufen und im Vorfeld mit einer groß angelegten Plakataktion
       gegen den Zirkus protestiert.
       
       Bei ihrer Forderung nach einem bundesweiten Verbot von Wildtieren im Zirkus
       können die Tierschützerinnen auf Unterstützung aus der Politik hoffen. Der
       Schleswig-Holsteinische Landtag hat Anfang September einstimmig einen
       Antrag angenommen, der die Bundesregierung auffordert, die Haltung
       bestimmter Wildtiere in Zirkussen zu verbieten. Die Fraktionen von SPD,
       CDU, Grünen, FDP und SSW fordern gemeinsam, dass Affen, Elefanten, Bären,
       Giraffen, Nilpferde, Nashörner, Seelöwen und Raubkatzen nicht mehr in
       Zirkussen auftreten dürfen. „Eine art- und verhaltensgerechte Unterbringung
       ist unter den Bedingungen eines reisenden Zirkusunternehmens praktisch
       nicht möglich“, heißt es in dem Antrag.
       
       Der Vorstoß aus Schleswig-Holstein ist jedoch nicht neu. Bereits drei Mal
       hat der Bundesrat in den vergangenen 15 Jahren die Bundesregierung
       aufgefordert, ein Wildtierverbot durchzusetzen, zuletzt 2016. In dem
       letzten Ratsbeschluss heißt es, dass der von Verbotsgegnern oft kritisierte
       Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit als geringgradig zu beurteilen und
       dem Schutz der Tiere unterzuordnen ist. Gesetzesinitiativen, die Wildtiere
       in Zirkussen bundesweit verbieten wollten, scheiterten dennoch immer wieder
       – vor allem an der CDU/CSU.
       
       Das Aktionsbündnis „Tiere gehören zum Circus“ kritisiert den
       schleswig-holsteinischen Antrag. Das Bündnis spricht in einer
       Pressemitteilung von „gruppenspezifischer Menschenfeindlichkeit“ und
       „radikalem Tierrechts-Aktivismus“. Alfred Brehm, ein Tierautor und Zoologe,
       hätte vom Löwen sogar als verhindertem Haustier gesprochen, so die Gruppe.
       
       Auch Circus Krone wehrt sich gegen ein Wildtierverbot. Frank Keller, Krones
       Tierschutzbeauftragter, zweifelt an einer fachlichen Qualifikation der
       Tierschützer. Gegenüber der taz sagte er, dass es sich bei den Tieren des
       Circus Krone nicht um Wildtiere handele, weil sie schon „in der 16. bis 20.
       Generation“ von Menschen aufgezogen worden seien.
       
       „Das stimmt natürlich nicht“, sagt Frank Wieding, Pressesprecher des
       Hamburger Tierschutzvereins. „Auch bei gezüchteten Tieren kann Circus Krone
       eine artgerechte Haltung nicht gewährleisten.“ Wieding kritisiert, dass die
       Stadt Hamburg nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft habe, den Zirkus in
       Hamburg zu verhindern.
       
       Laut Gert Kekstadt, dem Tierschutzexperten der SPD-Bürgerschaftsfraktion in
       Hamburg, stehen kommunale Auftrittsverbote jedoch „rechtlich auf wackeligen
       Beinen“, weil das Tierschutzgesetz ein Bundesgesetz ist. Zwar haben einige
       Kommunen bereits beschlossen, keine Flächen mehr an Zirkusbetriebe zu
       vermieten. Die Zirkusse könnten dagegen jedoch klagen. „Wir müssen darauf
       achten, dass die Prüfungen und Vergaben rechtssicher sind“, sagt der
       Sprecher der Hamburger Wirtschaftsbehörde, die die Fläche auf dem
       Heiligengeistfeld an Circus Krone vermietet. Die Hamburger SPD-Fraktion,
       die sich wie Grüne und die Linke gegen den Auftritt von Circus Krone mit
       Wildtieren ausgesprochen hat, appelliert deshalb an die Bundesregierung,
       ein Wildtierverbot für Zirkusse durchzusetzen. Die hat sich im
       Koalitionsvertrag den Wildtierschutz bis Mitte der Legislaturperiode als
       Hausaufgabe gegeben.
       
       Aus dem CDU-geführten Landwirtschaftsministerium heißt es dazu, dass dem
       Verbot von Tieren im Zirkus wegen des Eingriffs in die Grundrechte der
       Betreiber verfassungsrechtlich hohe Hürden gesetzt seien. Der
       Bundesratsbeschluss von 2016, wonach die Berufsausübungsfreiheit hinter dem
       Tierschutz zurückstehen muss, scheint hier nicht durchgedrungen zu sein.
       Das Ministerium stehe aber, so sagt eine Sprecherin, mit Zirkusbetreibern
       in Kontakt, um ein gemeinsames Konzept zur Reduzierung der Haltung
       bestimmter Tierarten zu vereinbaren.
       
       1 Oct 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marthe Ruddat
       
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