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       # taz.de -- Neuer Vorstoß des Verkehrsministers: Hü und Hott bei Dieselautos
       
       > Noch am Freitag wollte er Dieselstinker umrüsten lassen. Jetzt setzt
       > Verkehrsminister Scheuer doch auf Anreize, neue Autos zu kaufen.
       
   IMG Bild: Mal so, dann wieder so: Minister Scheuer steht vor einem Testfahrzeug im Hauptabgaslabor des Kraftfahrt-Bundesamtes.
       
       Berlin taz | Burkhard Storck hat für den ganzen Dieselschlamassel eine
       eigene Lösung parat: Weil die Hälfte aller Autofahrten ohnehin nicht weiter
       als 5 Kilometer gingen, sollten diese Touren doch besser per Rad oder zu
       Fuß erledigt werden. „Dann“, twitterte der Bundesgeschäftsführer des
       Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) am Montag“, werde „von
       Fahrverboten keine Rede mehr“ sein.
       
       Fraglich, ob Andreas Scheuer da mitgehen kann: Der CSU-Verkehrsminister
       nuancierte nämlich am Montag einen alten Vorschlag erneut, damit weitere
       Fahrverbote für die Dieselstinker in deutschen Städten vermieden werden.
       Besitzer älterer Dieselautos sollen, so Scheuer im Unions-Hausblatt FAZ,
       mit „attraktiven Umstiegsprämien, wo richtig was geht“, zum Umstieg auf
       sauberere Autos bewegt werden. Die bisherigen Kaufprämien seien „offenbar
       nicht attraktiv genug“, die Hersteller müssten nachbessern. Im Kampf gegen
       Luftverschmutzung und Fahrverbote äußerte er erneut Bedenken gegen
       Hardware-Nachrüstungen an älteren Diesel-Pkw, schloss sie aber auch nicht
       aus. „Wir denken nach allen Seiten“, sagte er.
       
       Noch am Freitag hatte Scheuer ganz anders geklungen – und ein „neues“
       Konzept angekündigt, zu dem neben Anreizen für den Umstieg auf sauberere
       Autos auch „technische Lösungen“ für Bestandsfahrzeuge gehören könnten. Es
       soll bis Ende September vorgestellt werden. Das hatten Beobachter als
       Trendwende gesehen.
       
       Zuvor hatte sich Scheuer nämlich stets gegen solche Hardware-Lösungen, also
       neue Katalysatoren, die den Stickoxid-Ausstoss senken, ausgesprochen: Aus
       seiner Sicht solle besser in neue Technik investiert werden. Doch nach
       einem Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte Scheuer seine
       Haltung geändert – oder ändern müssen. In diesen Tagen jährt sich das
       Bekanntwerden der Abgasmanipulationen bei VW zum dritten Mal.
       
       ## „Mehr als nur Absatz-Ankurbelung der Autoindustrie“
       
       Hintergrund des Hü und Hott der Bundesregierung ist, dass Dieselfahrern in
       immer mehr Städten Fahrverbote drohen, weil die Luftverschmutzung das in
       der EU erlaubte Maß überschreitet. Erst vor kurzem hatte ein
       Verwaltungsgericht das Land Hessen dazu verdonnert, auch in Frankfurt/Main
       Fahrverbote für Diesel einzuführen. Ähnliche Urteile gab es bereits für
       Hamburg, Stuttgart und Aachen, weitere werden erwartet.
       
       Verbraucherschützer mahnten, Umtauschprämien müssten mehr sein als ein
       Programm zur Absatz-Ankurbelung der Autoindustrie. „Alle Dieselbesitzer,
       die wegen Fahrverboten ihr Auto nicht mehr nutzen können, sollten ein
       Angebot von den Autoherstellern erwarten können“, sagte Klaus Müller,
       Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). „Angemessen wäre
       hier der Rückkauf ihres Fahrzeuges zum Zeitwert zuzüglich 1.000 Euro.“
       
       Umweltschützer kritisierten, der Vorschlag zeige die „Hilflosigkeit“ des
       Verkehrsministers. „Mit der Umstiegsprämie wird Andreas Scheuer keine
       Fahrverbote verhindern“, sagte BUND-Verkehresexperte Jens Hilgenberg. „Das
       Konzept der Umstiegsprämien klingt, als sei es dem Minister von der
       Autoindustrie ins Hausaufgabenheft diktiert worden.“
       
       Unklar ist, wie die Autobauer dazu bewegt werden sollen, sich über die
       laufenden Software-Updates an 6,3 Millionen Autos und bereits angebotenen
       Umstiegsprämien hinaus zu beteiligen. „Wie das genau gelingt, wird Teil
       dieses Konzepts sein“, sagte ein Sprecher des Verkehrsministeriums.
       
       ## Jetzt Hardware-Nachrüstung für Scheuer doch falsch
       
       „Hardware-Nachrüstung halte ich für den falschen Weg“, sagte Scheuer am
       Montag erneut bei einem Besuch im brandenburgischen Schönewalde. Eine
       Ausrüstung mit Katalysatoren sei selbst bei den insgesamt 5,5 Millionen
       Fahrzeugen der Euro-5-Norm nur bei etwa zwei Millionen möglich. Dies sind
       übrigens Zahlen, die das SPD-geführte Umweltministerium anzweifelt. Scheuer
       betonte, er setze vor allem auf Anreize zum Kauf neuer Autos. „Die
       Hersteller sind in der Pflicht“, sagte Scheuer. Sie hätten die Debatte
       durch Manipulationen mitausgelöst. Der Steuerzahler solle nicht belastet
       werden.
       
       Ein Sprecher des Umweltministeriums betonte, dass Prämien nur dann sinnvoll
       seien, wenn die Autofahrer nicht nur neuere, sondern auch im Alltag
       tatsächlich sauberere Autos kauften. Zu einer möglichen Größenordnung
       äußerten die Ministerien sich am Montag nicht. (mit dpa/afp)
       
       17 Sep 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kai Schöneberg
       
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