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       # taz.de -- Korruptionsprozess gegen Ex-Präsidentin: Haftbefehl gegen Cristina Kirchner
       
       > Argentiniens frühere Präsidentin Cristina Kirchner wird als Kopf einer
       > kriminellen Vereinigung angeklagt. Ob sie in Untersuchungshaft muss, ist
       > noch offen.
       
   IMG Bild: Nahm kein Geld an – ist sie aber trotzdem verantwortlich? Cristina Kirchner
       
       Buenos Aires taz | Argentiniens ehemaliger Präsidentin Cristina Kirchner
       droht der Gang ins Gefängnis. Kirchner soll der Kopf einer kriminellen
       Vereinigung gewesen sein, deren Zweck das Einsammeln von Schmiergeldern
       war, sagt Bundesrichter Claudio Bonadío, der am Montag Anklage erhob, gegen
       die 65-Jährige einen Haftbefehl erließ und rund 86 Millionen Euro aus ihrem
       Vermögen beschlagnahmte.
       
       Für Bonadío liegen ausreichend Beweise vor, dass Cristina Kirchner an der
       Spitze einer kriminellen Vereinigung stand, die in der Amtszeit des 2010
       verstorbenen ehemaligen Präsidenten Néstor Kirchner 2003 bis 2007 begann
       und von ihr als Amtsnachfolgerin bis 2015 weitergeführt wurde.
       
       Die Anklage stützt sich auf die Notizen des Fahrers eines ehemaligen
       Staatssekretärs. Der Chauffeur hatte seine Fahrten in den Jahren 2005 und
       2010 und von 2013 bis 2015 [1][nicht nur penibel mit Abfahrts- und Zielort
       aufgeführt], sondern auch die Zahl der Taschen und die Summen der darin
       eingepackten Dollar notiert. Die wurden bei Unternehmen abgeholt und zum
       Teil zur Präsidentenresidenz oder zur Privatwohnung Néstor und Cristina
       Kirchners gebracht.
       
       Seit die Notizen Anfang August bekannt sind, machen immer mehr ehemalige
       Staatsangestellte und Unternehmer von einer Kronzeugenregelung Gebrauch und
       geben die Zahlung oder den Erhalt von Schmiergeldern zu. Dass Cristina
       Kirchner die Taschen nicht persönlich in Empfang nahm, entbinde sie nicht
       von ihrer Verantwortung, so Bundesrichter Bonadío in seiner 550-seitigen
       Anklageschrift. Den Haftbefehl begründete er damit, Kirchner könne die
       Ermittlungen aktiv behindern.
       
       ## Als Senatorin genießt Kirchner Immunität
       
       Kirchner hat die Vorwürfe bisher stets zurückgewiesen. Außer ihr sind
       weitere 42 Personen angeklagt, darunter ein ehemaliger Bundesrichter und
       weitere Justizangestellte, ein Ex-Minister sowie einige Ex-Staatssekretäre
       und Unternehmer. Gegen einige erließ er ebenfalls Haftbefehle.
       
       „Der Vorgang ist ein wichtiger Schritt und legt den sehr geschmierten
       Mechanismus der Korruption offen“, sagte Justizminister Germán Garavano und
       forderte eine unverzügliche Klärung. „Es muss so schnell wie möglich
       festgestellt werden, ob die ehemalige Amtsträgerin schuldig ist“, so
       Garavano. Zwar sind gegen Cristina Kirchner bereits sechs Anklagen
       anhängig, doch diesmal könnte es eng werden.
       
       Ob Kirchner tatsächlich in U-Haft kommt, ist offen. Als Senatorin genießt
       sie Immunität, deren Aufhebung Bonadío noch nicht beantragt hat. Sie ist
       Teil der Opposition, die im Senat die Mehrheit stellt. Die hat bisher stets
       betont, dass die Immunität eines Senatsmitglieds erst nach einer
       rechtskräftigen Verurteilung aufgehoben werde. Doch die Front könnte
       bröckeln. Erst vor wenigen Wochen stimmte der Senat für eine teilweise
       Aufhebung von Kirchners Immunität, um Durchsuchungen in ihren drei
       Wohnungen zu ermöglichen.
       
       19 Sep 2018
       
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