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       # taz.de -- Kinder und ihre Betreuung: Entertainment für bessere Kitas
       
       > Mit einem neuen Gesetz will Familienministerin Giffey Eltern zu mehr
       > Kita-Plätzen verhelfen. Dafür mimt sie auch mal die Showmasterin.
       
   IMG Bild: Familienministerin Giffey erklärt mit Würfeln ihr neues Gesetz. Den Kindern hat's gefallen
       
       Berlin taz | Wie beim „Glücksrad“, einer TV-Spieleshow, bei der die
       Kandidat*innen Buchstaben kaufen können, um ein Wort zu erraten, klappt
       Franziska Giffey an einer Tafel mit bunten Würfeln diese nacheinander um.
       Darauf stehen aber keine Buchstaben, sondern ganze Wörter. Zum Beispiel
       „Bedarfsgerechts Angebot“ und „Sprachliche Bildung“.
       
       Giffey gibt am Mittwoch in einer Berliner Kita die Entertainerin, ist aber
       Familienministerin der Republik. Und als diese zuständig für die
       „Kita-Krise“: zu wenig und zu teure Plätze, zu kurze Öffnungszeiten. Dazu
       kommen Personalmangel und schlechte Betreuung. Das will die SPD-Politikerin
       ändern, mit dem sogenannten Gute-Kita-Gesetz. Am Mittwoch hat das Kabinett
       hat einen entsprechenden Entwurf beschlossen. Welcher Ort eignet sich für
       die Präsentation desselben besser als eine Kita?
       
       Um die geht es schließlich. Bundesweit sollen die Einrichtungen laut Gesetz
       mehr Erzieherinnen und Erzieher bekommen, länger offen sein, ein warmes und
       gutes Mittagessen anbieten, tolle Spielplätze haben und für sozial
       benachteiligte Familien kostenlos sein. Dafür will die Bundesregierung in
       den kommenden vier Jahren 5,5 Milliarden Euro ausgeben. Am 1. Januar 1919
       soll es losgehen, wenn mit allen Bundesländern Verträge über die Vorhaben
       abgeschlossen sind.
       
       Denn das Gesetz ist ein Novum im bundesdeutschen Föderalismus: der Bund
       gibt das Geld und steigt damit in die Kita-Planung ein. Gewöhnlich ist
       Bildung Ländersache. Mit den Ländern werde jetzt ausgehandelt, welche
       Prioritäten sie setzen wollen: Öffnungszeiten bis 18 Uhr, mehr Männer in
       den Einrichtungen, mehr Erzieher*innen oder überhaupt erst mal mehr Plätze.
       „Die Länder wissen am besten, was sie brauchen“, sagt Giffey.
       
       ## Kostenlos für 1,2 Millionen Kinder
       
       Denn Kita ist nicht gleich Kita und Bundesland nicht gleich Bundesland.
       Während Nordrhein-Westfalen das Problem hat, zunächst den hohen Bedarf an
       Kita-Plätzen abdecken zu müssen, dürfte in Mecklenburg-Vorpommern
       vielleicht eher die Betreuungsqualität eine Rolle spielen. Der Osten ist
       bekanntermaßen mit Kita-Plätzen besser ausgestattet als der Westen. Dem
       Institut der Deutschen Wirtschaft zufolge suchen in Mecklenburg-Vorpommern
       nur 3 Prozent der Eltern einen Kita-Platz, in NRW hingegen fast 16 Prozent.
       
       Gute Kitas sind „eine nationale Aufgabe“, sagt Giffey: „Die Zukunftsaufgabe
       schlechthin.“ Wenn Giffey über Kinder, Bildung, Kitas und Schulen redet,
       ist sie in ihrem Element. Damit kennt sie sich aus, als frühere
       Bürgermeisterin des Berliner Problembezirks Neukölln kann sie ein Lied
       davon singen, wie schlecht Mädchen und Jungen sprechen, lesen und rechnen,
       wenn sich niemand mit ihnen beschäftigt.
       
       Giffey weiß auch, dass manche Eltern ihre Kinder gern in eine Einrichtung
       bringen würden, wenn diese nicht so viel Geld kosten würde. So zumindest
       sagt das die Ministerin. Von den 4,6 Millionen Kindern unter sieben Jahren
       gehen 3 Millionen in eine Krippe oder in eine Kita. Künftig soll der
       Kita-Besuch für Kinder von Eltern, die Wohngeld oder Hartz IV bekommen,
       kostenlos sein, insgesamt 1,2 Millionen Kinder.
       
       Die Union erwartet trotzdem, dass „jedes Land zunächst Fortschritte bei der
       Betreuungsqualität anstrebt und nicht das gesamte Bundesgeld in die
       Gebührenfreiheit steckt“, sagt der familienpolitische Sprecher der
       Unionsfraktion, Marcus Weinberg. Norbert Müller, kinderpolitischer Sprecher
       von der Linksfraktion. kritisiert das Gesetz als „handwerklich schlecht
       gemacht und finanziell bei weitem nicht ausreichend“.
       
       19 Sep 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schmollack
       
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