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       # taz.de -- Debatte Datenschutzpanne bei Facebook: Gefährlich praktisch
       
       > Facebook kreiert immer neue Datenskandale, Besserung ist nicht in Sicht.
       > Im Zweifel können sie einem das Leben ruinieren. Was tun? Gehen oder
       > bleiben?
       
   IMG Bild: Guckt immer zu: Facebook
       
       Er hat es getan. [1][Schon wieder]. Mark Zuckerberg hat erneut die Konten
       von Millionen Facebook-Nutzer*innen denen preisgegeben, die dort nichts
       verloren haben. Von Betrug sprechen die einen, von Vertrauensbruch – und
       ein hämisches Hab-ich-doch-schon-immer-gesagt –, die anderen.
       
       Vor rund einer Woche musste Konzernchef Zuckerberg eingestehen, dass die
       Funktionen, die seine Plattform anbietet, vor Hackern nicht sicher sind.
       Offenbar konnten die virtuellen Eindringlinge den Digitalschlüssel etlicher
       User*innen stehlen und hatten somit theoretisch Zugriff nicht nur auf deren
       Facebook-Konto, sondern auch auf Apps, Nachrichtendienste oder Spiele. Wer
       auf Tinder ist, online Poker spielt oder bei Amazon einkauft, kann sich
       über Facebook einloggen und den Zugriff jederzeit offenlassen. Das ist
       einfach, praktisch. Und gefährlich.
       
       Unternehmensangaben zufolge nutzen rund 2,2 Milliarden Menschen auf der
       ganzen Welt Facebook. Sie posten Nachrichten, Texte, die sie gut oder blöd
       finden, führen Kampagnen. Sie lassen die Welt teilhaben an ihrer Liebe,
       ihrer Wut, an ihrem Mittagessen, Urlauben, schönen und weniger schönen
       Momenten mit mehr oder weniger wichtigen Menschen. Manche betreiben
       Geschäfte über die Plattform, andere arbeiten an ihrer Karriere, für wieder
       andere ist das soziale Medium die wichtigste, wenn nicht die einzige
       Möglichkeit, mit Menschen in den virtuellen Dialog zu gehen.
       
       Datenschützer*innen warnen, seit es Facebook gibt, vor dem Datensauger.
       Rena Tangens von Digitalcourage bezeichnete Facebook schon bei der
       Verleihung des BigBrotherAwards 2011 an die deutsche Niederlassung des
       Konzerns als „Gated Community“ – als einen geschlossenen Raum, in dem zwar
       viele Menschen freiwillig zusammenkommen, aber Überwachung und
       Zwangsangebote mit zum Deal gehören. Das System Facebook ist kein schwarzes
       Loch, die Nutzer*innen kennen den Preis, den sie dafür zahlen, seit Langem.
       
       ## Ungewollte Einkäufe, angedichtete Liebschaften
       
       Also hilft nur mehr Mut zur digitalen Einsamkeit? Der Kontaktabbruch zu
       Freund*innen im australischen Outback, zu denen, die sich vor allem über
       Facebook kritisch zu Regime und Menschenrechtsverletzungen äußern können,
       zur kranken Bekannten, die im schwäbischen Dorf sitzt und für die bei
       „Facebook sein“ Teilhabe am sozialen Leben bedeutet? Auf alternativen
       Plattformen wie Diaspora oder nebenan ist kaum einer unterwegs. Ähnlich ist
       es bei den Internetdiensten signal, wire oder threema. Es geht um eine
       Grundsatzentscheidung.
       
       Als der Hack vergangenes Wochenende bekannt wurde, wollten Zuckerberg und
       seine Führungsriege beweisen, dass sie schnell auf die Sicherheitslücke
       reagieren können. Bereits wenige Tage nach der Attacke aus dem Web kam die
       Botschaft aus Menlo Park, dem Firmensitz Facebooks: Das Problem ist
       behoben. Die Hacker drangen über die View-as-Funktion in die Konten der
       Nutzer*innen ein und konnten so Informationen zu Name, Wohnort, Geschlecht,
       vielleicht auch Nachrichten abgreifen. Kenntnisse über eine Manipulation
       der Kontoeinträge liegen dem Konzern nicht vor, lässt die Firmenspitze
       mehrfach mitteilen. Aber ausschließen kann sie es auch nicht.
       
       Ungewollte Einkäufe, angedichtete Liebschaften bis hin zum Rufmord und
       finanzieller Abzocke – rein technisch kann das eigene Profil unbemerkt zur
       Falle werden. Die üblichen Ich-habe-doch-nichts-zu-verbergen-Sprüche
       schützen nicht vor Manipulation. Weder im virtuellen noch im realen Leben.
       Es ist Zeit zu handeln.
       
       Die Politik hat ganz sachte gezeigt, wie es gehen kann. Nach dem Skandal um
       Cambridge Analytica musste sich Zuckerberg im Frühsommer nicht nur vor dem
       US-Kongress, sondern auch vor der EU-Kommission [2][und dem Europäischen
       Parlament erklären]. Stundenlang verhörten die Abgeordneten Zuckerberg.
       Schließlich hatte er nichts weniger erlaubt als die Zusammenarbeit mit
       einer britischen Beratungsfirma, die Geld mit der Analyse, dem
       Ausschlachten persönlicher Informationen, macht und damit gezielt in
       politische Prozesse eingreifen konnte.
       
       ## Manche sprechen von einer Zerschlagung Facebooks
       
       Zum Beispiel in den US-Präsidentschaftswahlkampf oder in die Kampagne zum
       Austritt der Briten aus der EU. Die Resultate beider Abstimmungen lösten
       Schockwellen aus, sorgten für Kopfschütteln und Fassungslosigkeit. Nicht
       zuletzt wegen der bitteren Erkenntnis, dass der eigene Auftritt auf der
       Plattform eines sozialen Mediums indirekt tatsächlich mitschuldig sein
       könnte an den politischen Entscheidungen.
       
       Zuckerberg entschuldigte sich für die Datenkooperation, gelobte Besserung.
       Tatsächlich ist einiges passiert. Facebook aktualisierte seine
       Datenschutzbestimmungen, informierte in großangelegten Werbekampagnen die
       Nutzer*innen darüber, wie passgenaue Werbung auf dem eigenen Profil
       erscheint. Vermutlich war die Angst vor dem Kurseinbruch, vor der Wut der
       Anleger*innen und dem drohenden Bußgeld bei Datenschutzverstoß, in der EU
       über die Datenschutzgrundverordnung, Treiber der Kampagnen.
       
       Die Politik hat auf den jüngsten Facebook-Fail schärfer reagiert [3][als
       zuvor]. Selbst Manfred Weber (CSU), EVP-Fraktionsvorsitzender im
       EU-Parlament, spricht von einer Zerschlagung Facebooks oder zumindest von
       einer umfassenden Untersuchung der Unternehmensstruktur. Es ist kein
       Geheimnis mehr, dass der US-Konzern allein mit der Übernahme der
       Internetdienste WhatsApp und Instagram eine Monopolstellung innehat.
       
       Doch vorerst bleibt den Nutzer*innen nur, selbst aktiv zu werden. Mit ein
       paar Klicks sind die Datenschutzeinstellungen des Profils verschärft, der
       Zugriff Dritter deutlich eingeschränkt. Muss ich meine
       Facebook-Freund*innen wirklich über jeden Jobwechsel informieren oder am
       Ende einer Liebe teilhaben lassen? Nein, wer Facebook nutzt, braucht einen
       Deal. Weniger Daten, dafür trotzdem bleiben. Mark Zuckerberg, es bleibt
       kompliziert mit uns beiden.
       
       4 Oct 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Reaktionen-auf-Datenhack/!5539772
   DIR [2] /Zuckerbergs-Anhoerung-im-EU-Parlament/!5507542
   DIR [3] /Facebook-Aktie-stuerzt-ab/!5519982
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tanja Tricarico
       
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