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       # taz.de -- Erfolgreiche Klage gegen Hannover 96: Der unerwünschte Fan
       
       > Ein Fan klagt dagegen, dass Hannover 96 ihn aus dem Verein geworfen hat
       > und bekommt recht. Grund für den Ausschluss war eine angeblich geplante
       > Schlägerei.
       
   IMG Bild: Welche Rolle spielte der Konflikt um die 50+1-Regel beim Ausschluss von 96-Fan Fabian?
       
       HANNOVER taz | Fabian* hat sich einen Sieg erstritten. Hannover 96 hatte
       den 39-Jährigen aus dem Verein geworfen. Der Grund ist, dass er einer von
       170 Hannover-Fans war, die die Polizei vor dem Derby gegen Eintracht
       Braunschweig im November 2016 auf einem Baumarktparkplatz in Hildesheim
       festgesetzt hat. Die Vermutung der Beamt*innen: Die verfeindeten Fangruppen
       hatten eine Massenschlägerei geplant. Braunschweiger tauchten zwar nicht
       auf, die Polizist*innen fanden aber Schlagwerkzeuge in den Autos.
       
       „Gewalt und Gewaltbereitschaft finden bei Hannover 96 keinen Platz“,
       schrieb der Verein in einer Pressemitteilung und schloss insgesamt 36
       Mitglieder aus dem Verein aus, die auf dem Parkplatz dabei waren. Deren
       Gewaltbereitschaft verstoße „gegen das in unserer Satzung verankerte
       Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung“. Das sei grob
       vereinsschädigend.
       
       Fabian klagte – und setzte sich durch. Das Amtsgericht Hannover urteilte,
       dass der Ausschluss rechtswidrig war. Der Verein, der ihn nicht haben will,
       muss Fabian als Mitglied zurücknehmen. „Ich erwarte eine vollständige
       Rehabilitierung“, sagt der 39-Jährige. Er sei sich keiner Schuld bewusst.
       Er sei nicht auf dem Baumarktparkplatz gewesen, um sich zu prügeln, sondern
       um mit Freunden ein Bier zu trinken.
       
       Fabian ist verheiratet, selbstständig, Ex-Soldat und der Vorsitzende eines
       Schützenvereins. Fußballfan ist Fabian schon lange. Seit 1995 geht er
       regelmäßig ins Stadion, wurde Mitglied einer Ultragruppe und trat zehn
       Jahre später in den Verein ein, um dort mitbestimmen zu können.
       
       ## Bierchen auf dem Parkplatz
       
       Am Abend des 4. November 2016 war er mit seinem Trauzeugen auf dem
       Parkplatz in Hildesheim. Als sie den Polizeihubschrauber über ihren Köpfen
       kreisen hörten, setzten sich die Freunde ins Auto und fuhren los. „Die
       Polizei hat uns den Weg versperrt“, sagt Fabian. „Sie haben uns mit
       vorgehaltener Waffe aus dem Auto gezogen.“
       
       117 der 170 Hannover-Fans nahm die Polizei mit auf die Wache. Fabian durfte
       nach stundenlangem Warten in der kalten Novemberluft wieder gehen. Er bekam
       nur einen Platzverweis für das bevorstehende Fußballspiel in Braunschweig.
       „Ich bin nicht mitgenommen worden, weil ich nichts auf dem Kerbholz habe,
       keine Vorstrafen“, vermutet Fabian.
       
       Für Anwalt Andreas Hüttl ist es völlig unverständlich, dass sein Mandant
       unter diesen Umständen überhaupt aus dem Verein geworfen wurde: „Die
       Polizei hat vor Ort eine individuelle Überprüfung der Gefährlichkeit
       vorgenommen“, sagt er. Der 39-Jährige sei nicht als gefährlich eingestuft
       und deshalb nicht festgenommen worden. „Diese Einzelfallbewertung hat 96
       überhaupt nicht interessiert.“
       
       ## Keine Schlägerei
       
       Rausgeworfen wurden alle, die dabei waren. Tatsächlich hält Hüttl jeden
       einzelnen Ausschluss für falsch. Denn unabhängig davon, dass es an besagtem
       Tag keine Braunschweiger Fans, keine Schlägerei und somit auch keine
       Straftat gegeben habe, „hätte es selbst dann keinen Grund gegeben, wenn sie
       sich wie die Kesselflicker gekloppt hätten“, sagt der Anwalt. „Das gibt die
       Satzung nicht her.“
       
       Diese sieht einen Ausschluss vor, wenn ein Mitglied sich „grob
       vereinsschädigend verhält“ oder „gegen das Bekenntnis zur freiheitlich
       demokratischen Grundordnung verstößt, insbesondere durch rassistische,
       verfassungs-, fremdenfeindliche, diskriminierende und gewaltbereite
       Bestrebungen“. Er verstehe darunter Terroranschläge oder kriminelle
       Vereinigungen, die die Republik erschüttern wollten, sagt Hüttl – „aber
       keine geplanten Schlägereien zwischen Fans, für die es null Beweise gibt“.
       
       Der Anwalt vermutet viel mehr, dass es eigentlich andere Gründe hat, dass
       sein Mandant rausgeworfen wurde. Fabian saß vor seinem Rauswurf im Ehrenrat
       von Hannover 96 und hat hier kritisiert, dass Klubchef Martin Kind, die
       sogenannte 50+1-Regelung abschaffen will. Diese besagt, dass mindestens 51
       Prozent der Anteile an der Profifußballsparte beim Verein und damit in der
       Hand der Mitglieder bleiben müssen. Kind würde den Weg gern für Investoren
       frei machen – dagegen protestieren jedoch viele Mitglieder und Fans. „Es
       ist bekannt, dass mein Mandant ein Kritiker ist.“ Der Verein versuche
       offenbar, solche Stimmen auszuschließen.
       
       ## Unterstützung durch die Fanhilfe Hannover
       
       Heiko Rehberg, der Pressesprecher von Hannover 96, bezeichnet das als
       „Quatsch“. „Meinungsvielfalt und Kritik sind bei 96 erwünscht und die gibt
       es auch“, sagt Rehberg. Der Verein prüfe derzeit, ob er gegen das Urteil
       Berufung einlegen wolle.
       
       Anwalt Hüttl hofft, dass der Verein noch einlenkt und auch die anderen 35
       Betroffenen wieder aufnimmt. Er vertritt ein weiteres ausgeschlossenes
       Mitglied vor Gericht. Die Chancen stünden gut, dass sie auch in diesem Fall
       gewännen. Die Fanhilfe Hannover hat bereits angekündigt, die anderen
       Mitglieder bei Klagen zu unterstützen.
       
       Fabian hofft, dass er schon bald wieder im Ehrenrat von Hannover 96
       mitarbeiten kann. Er ist erst im April vergangenen Jahres in das Gremium,
       das Streit im Verein schlichten soll, gewählt worden. „Ich will in den
       Verein zurück, um meine Unschuld darzulegen“, sagt er.
       
       Er habe sich nicht schlagen wollen. Verurteilen will er es grundsätzlich
       aber auch nicht, wenn andere das tun: „Wenn sich zwei Gruppen absprechen,
       um sich gegenseitig zu verdreschen, dann sollen sie das irgendwo abseits
       tun, wo sie keine Unbeteiligten gefährden“, sagt Fabian. Inwiefern das den
       Verein schädigen könne, sehe er nicht. „Der Einzige, der sich momentan
       vereinsschädigend verhält, ist der Vorstand von Hannover 96, indem er
       Anteile zu Schleuderpreisen an eine Privatperson verkauft, um die
       50+1-Regel auszuhebeln.“
       
       *Name von der Redaktion geändert.
       
       3 Oct 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andrea Maestro
       
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