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       # taz.de -- Besetzung des Hambacher Forsts: Die letzte Räumung
       
       > Nach inzwischen zwei Wochen sind alle Baumhausdörfer mindestens teilweise
       > geräumt – bis auf Lorien. Hier geht die Polizei rabiat vor.
       
   IMG Bild: Lorien: Die letzte Bastion
       
       Hambacher Forst taz | Das letzte von der Räumung unberührte Baumhausdorf im
       Hambacher Forst ist umgeben von einer Menschenkette. Lang ist die Mauer aus
       eingehakten Menschen zwischen den Räumfahrzeugen und der Besetzung. „Ham-bi
       bleibt, Ham-bi bleibt“, rufen etwa 200 bis 300 Menschen. PolizistInnen
       bilden ihre eigene Kette entlang der Menschenmauer, rücken vor, rücken
       nach.
       
       Kurz wartet man noch, dann gehen die BeamtInnen vor, die meisten
       augenscheinlich verhältnismäßig. Doch es gibt auch andere Szenen. Mit
       Schilden schlägt man Menschen – auch ausgewiesene Presse – auf Arme und
       Kopf, mit der Faust ins Gesicht, reißt an Haaren, lässt niemanden zu den
       Seiten raus. Menschen werden zusammengeschoben, können nicht weg und nicht
       zurückweichen, im Rücken Zelte und Barrikaden. PolizistInnen schieben
       weiter, Menschen fallen um, andere treten auf sie drauf, Panik bricht aus.
       
       Zuvor hatte die Polizei die Leute aufgefordert, die „Versammlung“
       freiwillig zu verlassen. Das hatten sie nicht getan, im Gegenteil, die
       Kette noch verstärkt. Nach zwei Wochen Räumung sind alle Baumhausdörfer
       mindestens teilweise geräumt – bis auf Lorien. Hier konzentriert sich nun
       der Widerstand gegen die Räumung, die offiziell mit Brandschutz begründet
       wird. In den letzten zwei Wochen ist die Räumung von Osten nach Westen
       vorgerückt. [1][Lorien ist die westlichste Besetzung.]
       
       ## „Was hier passiert, ist so schlimm“
       
       Um mit den Räumfahrzeugen an die Häuser heranzukommen, muss man Bäume
       fällen – um an die Bäume heranzukommen, muss die Polizei die Menschenkette
       auflösen. Was auch gelingt. Am Ende sind die AktivistInnen verstreut. Im
       Sicherheitsbereich harrt noch eine Sitzblockade unter einem Baumhaus aus,
       die PolizistInnen umstellen sie weiträumig. Dann wird auch sie geräumt.
       
       Unter den Menschen, gegen die die PolizistInnen hier vorgehen, ist auch
       eine 62-Jährige. Blond, Perlenkette, bürgerlich. „Ich war bis vor drei
       Wochen eigentlich unpolitisch“, sagt sie. „Ich habe nicht mal viel
       mitbekommen. Aber was hier im Hambacher Wald läuft, ist gegen Recht und
       Ordnung.“ [2][Herbert Reul], der Innenminister, instrumentalisiere die
       Polizei, sagt sie. „Ich erlebe hier, dass man über alle Regeln geht und
       alles machen darf. Wir haben friedlich gesessen, sollten dann gehen, aber
       ich konnte nicht schnell genug aufstehen. Die Leute werden geschlagen.“
       
       Und: „Meine Tochter und ich, wir sind zum ersten Mal hier bei so was. Was
       hier passiert, ist so schlimm.“ Nachdem die Protestierenden geräumt sind,
       spannt man einen Sicherheitsbereich ab, wie immer. Und während die Räumung
       von Lorien beginnt, versammelt sich an den Absperrungen weiterer Protest.
       „Ich werde nicht wiederkommen“, sagt die 62-Jährige. “Das macht mir zu viel
       Angst. Aber ich bin jetzt bereit, mich zu organisieren.“ Wo genau, das
       wisse sie noch nicht. Aber sie werde es tun. Denn was ihr noch mehr Angst
       mache, sei der Eindruck, wie man hier mit BürgerInnen umgehe.
       
       27 Sep 2018
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Anett Selle
       
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