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       # taz.de -- Urteil wegen sexueller Belästigung: Catcalling kostet
       
       > Frankreich verhängt erstmals ein Bußgeld wegen einer anzüglichen
       > Bemerkung: 300 Euro muss ein Mann nun zahlen.
       
   IMG Bild: Spätestens seit Beginn der „MeToo“-Debatte immer wieder Anlass für Diskussionen
       
       [1][#nerienlaisserpasser] heißt auf Deutsch „nichts geschehen lassen“ und
       ist die hashtaggewordene Begründung dafür, dass ein Mann in Frankreich vor
       wenigen Tagen wegen anzüglicher Kommentare zu 300 Euro Bußgeld verurteilt
       worden ist. Das neue Gesetz solle sexuelle Gewalt, die oft mit verbaler
       Belästigung, sogenanntem Catcalling, beginne, von Anfang an unterbinden,
       sagt Gleichstellungsministerin Marlène Schiappa und freut sich auf Twitter
       über die erste verhängte Geldstrafe, Hashtag: #nerienlaisserpasser.
       
       Die bis zu 750 Euro hohen Bußgelder können direkt verhängt werden. Fraglich
       bleibt allerdings, ob Betroffene bereit sind, die Konfrontation dafür in
       Kauf zu nehmen. Kommt es zum Prozess, kann die verbale Belästigung bis zu
       3.000 Euro kosten.
       
       Auslöser für Schiappas Vorstoß war ein [2][virales Video] von Juli dieses
       Jahres. Überwachungskameras eines Pariser Cafés nahmen auf, wie ein Mann
       die 22-jährige Marie Laguerre mit einem Aschenbecher bewirft und ins
       Gesicht schlägt. Er hatte laut Laguerre kurz davor im Vorbeigehen ihr
       Aussehen kommentiert und anzügliche Geräusche gemacht. Laguerre dreht sich
       um, geigt ihm die Meinung und muss sich kurz darauf vor einem Aschenbecher
       wegducken. Das Video verbreitete sich im Netz und löste in Frankreich eine
       Debatte über sexuelle Übergriffe und Gewalt gegen Frauen aus.
       
       Frankreich ist nicht das einzige europäische Land, in dem Catcalling unter
       Strafe steht. Auch in Belgien, Portugal oder den Niederlanden sind verbale
       Belästigungen auf der Straße mittlerweile illegal. Dass Catcalling gerade
       Frauen in Metropolen im täglichen Leben beeinträchtigt, zeigte 2014 [3][das
       Video einer jungen Frau], die zehn Stunden mit versteckter Kamera durch New
       York spaziert. Über 100 Mal wird sie von fremden Männern angesprochen,
       angepfiffen, ihr Aussehen bewertet.
       
       In Deutschland sind anzügliche Kommentare kein eigener Straftatbestand.
       Voraussetzung für sexuelle Belästigung ist „sexuell bestimmter“
       Körperkontakt. Dabei sind die negativen Folgen des Catcallings
       wissenschaftlich belegt. Eine Studie der Universität Melbourne aus dem Jahr
       2017 besagt, dass anzügliche Kommentare dem Selbstwertgefühl der Menschen
       schadet, an die sie gerichtet sind. Die Wissenschaftler kommen zu dem
       Schluss, dass das regelmäßige objektiviert werden das Verhältnis zum
       eigenen Körper stören kann. Laut einer internationalen Umfrage der Cornell
       Universität von 2014 wurden in Deutschland 85 Prozent der befragten Frauen
       noch vor dem 17. Lebensjahr auf offener Straße anzüglich angesprochen.
       
       Catcalling belastet die Psyche und kann wie im Fall der jungen Französin in
       Gewalt ausarten. Die französische Regierung hat das verstanden –
       Deutschland sollte sich ein Beispiel nehmen, #nichtsgeschehenlassen.
       
       28 Sep 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/search?q=%23nerienlaisserpasser&src=typd
   DIR [2] /!5525036/
   DIR [3] https://www.youtube.com/watch?v=b1XGPvbWn0A
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Leonie Gubela
       
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