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       # taz.de -- Gericht entscheidet über Pegida-Galgen: Verkauf nicht zulässig
       
       > Sigmar Gabriel gewinnt zivilrechtlich gegen einen sächsischen
       > Online-Händler. Persönlichkeitsrechte haben hier Vorrang vor
       > Meinungsfreiheit.
       
   IMG Bild: Der Galgen wurde 2015 auf einer Pegida-Demo in Dresden öffentlich zur Schau getragen
       
       Freiburg taz | Der so genannte Pegida-Galgen darf nicht öffentlich zum
       Verkauf angeboten werden. Das entschied auf Klage des Ex-SPD-Vorsitzenden
       Sigmar Gabriel jetzt das Landgericht Hamburg. Das Urteil ist noch nicht
       rechtskräftig.
       
       Der Holzgalgen, um den es geht, ist 35 Zentimeter hoch und ist mit zwei
       Stricken versehen. Am vorderen Strick hängt ein Zettel mit der Aufschrift
       „Reserviert – Angela ‚Mutti‘ Merkel“ und am hinteren Strick hieß es
       „Reserviert – Sigmar ‚Das Pack‘ Gabriel“. Auf dem Galgen steht
       „Volksverräter“. Angefertigt wurde die Konstruktion von Jens Döbel, einem
       Online-Händler aus Schwarzenberg in Sachsen. Im Oktober 2015 brachte er den
       [1][Galgen nach Dresden zur wöchentlichen Pegida-Demo] mit. Dort erregte er
       großes Aufsehen.
       
       Nach Medienberichten gab es aber auch helle Empörung in der öffentlichkeit.
       Anschließend verkaufte Döbel den Galen als „Original vom Original…bekannt
       aus Funk und Fernsehen“ für 29.95 Euro in seinem Online-Shop. Nach eigenen
       Angaben wollte er gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung
       protestieren. Döbel verwahrte sich gegen die Einstufung als rechtsradikal.
       Er engagierte sich aber in der Freigeist-Bewegung, in der auch
       Rechtsradikale aktiv sind.
       
       Sigmar Gabriel wehrte sich als Betroffener zivilrechtlich gegen den
       weiteren Verkauf des Galgens. Da der Galgen im Internet angeboten wurde,
       konnte er sich den Gerichtsstand aussuchen. Er wählte das Landgericht
       Hamburg, vermutlich weil dort der Schutz von Persönlichkeitsrechten
       besonders streng gehandhabt wird. Das Landgericht Hamburg musste nun die
       Meinungsfreiheit von Jens Döbel mit den Persönlichkeitsrechten von Sigmar
       Gabriel abwägen und gab letzteren klar den Vorzug.
       
       Kritik an der staatlichen Flüchtlingspolitik sei zulässig, erläuterte die
       Vorsitzende Richterin Simone Käfer. Doch der Galgen gehe „weit darüber
       hinaus“. Denn hier werde die Hinrichtung Gabriels „befürwortet“ und „für
       gerechtfertigt“ gehalten. Hinzu komme die Einstufung als „Volksverräter“,
       was auf Todesurteile des NS-Volksgerichtshofs anspiele. Dadurch werde
       Gabriel „der personale Wert schlechthin abgesprochen“. So etwas müsse sich
       auch ein Politiker nicht gefallen lassen. Zwar [2][hatte Gabriel 2015
       rechte Demonstranten im sächsischen Heidenau als „Pack“ bezeichnet] und
       damit auch grobe Worte benutzt. Damals sei es aber um gewalttätige
       Ausschreitungen gegangen, so das Gericht. Gegen Döbel sprach außerdem, dass
       er den Galgen im Internet „in Gewinnerzielungsabsicht“ anbot.
       
       Auch die Berufung Döbels auf die Kunstfreiheit lehnte das Landgericht ab.
       Es handele sich hier um keine Satire. Der Galgen sei als Galgen gemeint und
       enthalte keine „satiretypischen Gestaltungsmerkmale wie Übertreibungen,
       Verfremdungen oder Überhöhungen“.
       
       Die Entscheidung kommt nicht überraschend. Schon im Dezember 2017 hatte das
       Hamburger Landgericht eine einstweilige Verfügung gegen Döbel erlassen.
       Gerichtssprecher Kay Wantzen wies allerdings darauf hin, dass die jetzige
       Entscheidung nur für den kommerziellen Verkauf im Internet gelte. „Was
       gilt, wenn Demonstranten so einen Galgen mit sich führen oder eine
       Darstellung im Internet geliked wird, ist noch nicht geklärt.“
       
       Die Staatsanwaltschaft Dresden hatte nach dem Vorfall im Oktober 2015
       Ermittlungen aufgenommen, die sie im März 2017 aber wieder einstellte. Es
       liege keine eindeutige „öffentliche Aufforderung zu Straftaten“ vor. Der
       Galgen Döbels sei „interpretationsfähig und damit mehrdeutig“. Für eine
       Strafverfolgung wegen Beleidigung fehle der Strafantrag der Betroffenen.
       
       28 Sep 2018
       
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