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       # taz.de -- Kataloniens Separatisten vor Jahrestag: Die Bewegung ist angeschlagen
       
       > Bei Protesten in Barcelona ist es zu Krawallen gekommen. Vor dem
       > Jahrestag des Unabhängigkeitsreferendums zeigt sich die Bewegung
       > politisch gespalten.
       
   IMG Bild: Proteste in Barcelona vor dem Jahrestag des Unabhängigkeitsreferendums
       
       Bereits seit diesem Wochenende begehen die Befürworter der Unabhängigkeit
       Kataloniens den Jahrestag des Referendum vom 1. Oktober 2017. Dabei ist es
       am Samstag in Barcelona zu Krawallen gekommen. Die katalanische Polizei
       wurde von Separatisten attackiert, die sich einer Demonstration von Beamten
       der nationalen Polizeieinheiten Policía Nacional und Guardia Civil nähern
       wollten und daran gehindert wurden.
       
       Die katalanischen Polizisten seien unter anderem mit Farbbeuteln und Eiern
       beworfen worden, berichteten spanische Medien unter Berufung auf die
       Behörden. Eine Person sei festgenommen worden. Über Verletzte wurde
       zunächst nichts bekannt.
       
       Am Montag jährt sich zum ersten Mal [1][das als verfassungswidrig
       eingestufte Unabhängigkeitsreferendum]. Zahlreiche Veranstaltungen, sowie
       kleinere und größere Kundgebungen sollen am Montagabend mit einer
       Demonstration in Barcelona enden. Der Aufruf, den alle Parteien und
       Organisationen unterstützen, die für die Loslösung von Spanien eintreten,
       kann allerdings über eines nicht hinwegtäuschen. Mit neun Politikern und
       Aktivisten im Gefängnis sowie sieben im Exil – darunter der [2][ehemalige
       katalanische Regierungschef Carles Puigdemont] – ist die Bewegung stark
       angeschlagen.
       
       Im Januar wird das Gerichtsverfahren beginnen. [3][Allen wird „Rebellion“,
       „Aufstand“ sowie „Veruntreuung öffentlicher Gelder“ vorgeworfen.] Insgesamt
       stehen darauf bis zu 55 Jahre Haft. Ein Urteil wird es erst nach den
       Kommunal- und Europawahlen Ende Mai geben.
       
       ## Politisch gespalten
       
       Juristisch gehen die Betroffenen gemeinsam vor. Doch politisch ist die
       Unabhängigkeitsbewegung längst gespalten. Die Linie verläuft zwischen
       [4][Puigdemont und seiner „Gemeinsam für Katalonien“ (JxCat)] und dem
       inhaftierten ehemaligen stellvertretenden Ministerpräsidenten Oriol
       Junqueras mit seiner Republikanischen Linken Kataloniens (ERC). Für
       Puigdemont und seinem engen Vertrauten, Quim Torra, der mittlerweile in
       Katalonien einer Koalitionsregierung aus JxCat und ERC vorsteht, ist das
       Ergebnis der Volksabstimmung „ein politischer Auftrag“.
       
       Am Referendum vor einem Jahr nahmen trotz Verbot und polizeilicher
       Repression, die knapp 1.000 Verletzten zur Folge hatte, 43 Prozent der
       Wahlberechtigten teil. 90 Prozent sprachen sich für die Loslösung von
       Spanien aus. Keine vier Wochen später verkündete Puigdemont im Parlament
       die „katalanische Republik“. Madrid löste seine Regierung auf und stellte
       Katalonien unter Zwangsverwaltung. Puigdemont ging ins Exil, Junqueras
       endete in Untersuchungshaft.
       
       „Das katalanische Volk hat in der Volksabstimmung vom 1. Oktober 2017 einem
       unabhängigen Staat in Form einer Republik beschlossen. Dies wurde am 27.
       Oktober vom Parlament bestätigt und am 21. Dezember gültig, als bei vom
       spanischen Staat aufgezwungenen Wahlen eine Mehrheit für die Unabhängigkeit
       gewählt wurde“, heißt es im von Puigdemont und Torra ins Leben gerufenen
       „Nationalen Aufruf für die Republik“, dem sich seit Juli 50.000 Menschen
       angeschlossen haben. Jetzt gelte es diese Republik Realität werden zu
       lassen.
       
       ## „Weder links noch rechts“
       
       Junqueras sieht das anders. „Keiner kann auf dem politische Wert des 1.
       Oktobers verzichten“, erklärt er in einem Interview im Vorfeld des
       Jahrestages. Doch ein direktes Mandat für die Errichtung einer Republik
       sieht er darin nicht. Er strebt nach eigenen Worten eine „pragmatische
       Politik“ an, will die mehr Unterstützer für eine Unabhängigkeit gewinnen
       und Madrid so zwingen, ein Referendum in beiderseitigem Einverständnis
       abzuhalten.
       
       Es geht um mehr als politische Nuancen, es geht um die Vorherrschaft in der
       Unabhängigkeitsbewegung. Puigdemont und Torra erklären: Die neue Bewegung
       sei „weder links noch rechts“ und stehe allen offen, die für das neue
       Katalonien eintreten. Der „Aufruf“ will bei den Kommunalwahlen und wohl
       auch zu den Europawahlen im kommenden Mai antreten und erreichen, dass die
       einzelnen Parteien auf eine eigene Kandidatur verzichten, so wie dies bei
       den katalanischen Wahlen 2015 gelang.
       
       Doch Junqueras ist dafür nicht zu haben. Er kündigte am Samstag per Brief
       aus der Haft an, bei den Europawahlen die Liste seiner Republikanische
       Linke Kataloniens (ERC) höchstpersönlich anführen zu wollen. Ausserdem
       besteht er auf eigenen Bürgermeisterkandidaturen. „Für mich ist der beste
       Weg, derjenige, der es erlaubt mehr Wähler für die Unabhängigkeitsbewegung
       zu gewinnen, indem wir koordiniert im jeweiligen politischen Umfeld
       arbeiten“, erklärt Junqueras.
       
       Die Umfragen sehen seine ERC in der Wählergunst vor Puigdemonts Option, wie
       immer sie auch heißen mag. Doch das war auch im vergangene Dezember so und
       Puigdemont setzte sich letztendlich gegen Junqueras durch, der auch damals
       auf eine eigene Kandidatur seiner ERC bestanden hatte.
       
       30 Sep 2018
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Reiner Wandler
       
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