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       # taz.de -- Italien macht neue Schulden: Die Zeichen stehen auf Streit
       
       > Die EU-Kommission kritisiert Italiens überzogenen Haushaltsplan. Italien
       > will mehr Geld ausgeben und stärker investieren.
       
   IMG Bild: Im Gegensatz zur EU-Komission ist Luigi Di Maio überzeugt von seinen Plänen
       
       Rom taz | „Es ist klar, dass der präsentierte Haushaltsplan – der anstelle
       einer Reduzierung des Strukturdefizits einen erheblichen Anstieg vorsieht –
       im Widerspruch mit Italiens Zusagen steht, denen alle EU-Staaten zugestimmt
       haben“, sagte EU-Kommissar Valdis Dombrovskis der Zeitung Corriere della
       Sera. Zugleich erinnerte auch Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella an
       die Pflicht der Regierung, die Verfassung zu respektieren – und die
       verlangt einen ausgeglichenen Staatshaushalt.
       
       Statt [1][Haushaltsausgleich strebt die Koalition] aus dem Movimento5Stelle
       (M5S – 5-Sterne-Bewegung) unter Luigi Di Maio und der Lega unter Matteo
       Salvini allerdings eine kräftige Anhebung der Neuverschuldung an. Hatte die
       Vorgängerregierung unter Paolo Gentiloni noch ein Verschuldungsziel von 0,8
       Prozent genannt, so verdreifacht sich diese Zahl jetzt.
       
       In einem heftigen Tauziehen hatten sich Di Maio und Salvini, die beide dem
       Kabinett als Vize-Premiers angehören, gegen den Schatzminister Giovanni
       Tria durchgesetzt, der maximal 1,6 Prozent einräumen wollte.
       
       Doch [2][Di Maio und Salvini brauchen Milliarden], um wenigstens den
       Einstieg in die Umsetzung ihrer jeweiligen Wahlversprechen vornehmen zu
       können. Für Di Maios Movimento5Stelle ist das vorneweg das
       „Bürgereinkommen“, bei dem es sich recht besehen um eine Grundsicherung
       handelt. 780 Euro pro Monat sollen in Zukunft alle jene erhalten, die über
       ein niedrigeres oder gar kein Einkommen verfügen, und das soll auch für
       Bezieher von Kleinrenten gelten. Vor allem im Süden Italiens, in dem das
       M5S einen Erdrutschsieg eingefahren hat, trug dieses Versprechen zur
       Popularität der Fünf Sterne bei. Di Maio feierte jetzt die Grundsicherung
       als „Abschaffung der Armut“. Doch kostet das Vorhaben etwa 10 Milliarden
       Euro pro Jahr.
       
       ## Finanzminister optimistisch
       
       Auch die von der Lega versprochene Korrektur der 2011 verabschiedeten
       Rentenreform wird teuer. [3][Damals, auf dem Höhepunkt der Eurokrise,] war
       das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre angehoben worden. Wenigstens für
       langjährige Beitragszahler soll jetzt wieder ein früherer Renteneintritt
       möglich sein: Wer 38 Beitragsjahre vorweisen kann und 62 Jahre alt ist,
       soll wieder in den Ruhestand gehen können.
       
       Die Kosten werden auf sechs bis acht Milliarden Euro jährlich kalkuliert.
       Außerdem konnte die Lega eine günstigere Besteuerung für kleine
       Selbstständige erreichen, die bei Jahreseinkommen bis 65.000 Euro in
       Zukunft nur 15 Prozent an Mehrwert- und Einkommenssteuer entrichten sollen,
       das macht etwa 1,5 Milliarden Euro.
       
       Dennoch gibt sich jetzt auch Finanzminister Tria optimistisch. Die neuen
       Maßnahmen würden ja das Wachstum ankurbeln, argumentiert er, und so für ein
       relatives Sinken des Gesamtschuldenbergs (der bei 132 Prozent des BIP
       liegt) sorgen. Für nächstes Jahr schätzt Italiens Regierung denn auch
       voller Optimismus 1,9 Prozent Wachstum, während die OECD bloß von 1,1
       Prozent ausgeht.
       
       Abwartend reagierten bisher die Finanzmärkte: Der Zinsabstand zwischen
       Deutschland und Italien für Staatsschuldverschreibungen mit zehnjähriger
       Laufzeit lag zu Wochenbeginn bei 2,6 Prozent und damit nur um 0,3 Prozent
       höher als vor Bekanntgabe der neuen Haushaltseckdaten.
       
       1 Oct 2018
       
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