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       # taz.de -- Zuwanderungskonzept der Koalition: Einigung im Einwanderungsstreit
       
       > Die Große Koalition hat sich auf Eckpunkte für ein Zuwanderungskonzept
       > geeinigt. Auch Asylsuchende sollen profitieren, aber nur in bestimmten
       > Fällen.
       
   IMG Bild: Es wird weiter zwischen Asyl und Erwerbsmigration unterschieden
       
       Berlin dpa | Die Spitzen von Union und SPD haben sich auf Details für die
       Zuwanderung von Fachkräften geeinigt. Das teilte SPD-Chefin Andrea Nahles
       am frühen Dienstagmorgen nach sechsstündigen Beratungen in Berlin mit.
       Damit soll Deutschland erstmals ein Einwanderungsgesetz bekommen, das sich
       an Vorbildern wie etwa in Kanada orientiert. Die Eckpunkte sollen schon am
       Dienstag vom Kabinett beschlossen werden.
       
       [1][Im Streit um einen „Spurwechsel“] zwischen Asylverfahren und einer
       Einwanderung in den Arbeitsmarkt gibt es dabei einen Kompromiss. „Am
       Grundsatz der Trennung von Asyl und Erwerbsmigration halten wir fest“,
       heißt es in dem überarbeiteten Eckpunktepapier, das der Deutschen
       Presse-Agentur vorliegt. Zugleich wird aber betont: „Wir werden im
       Aufenthaltsrecht klare Kriterien für einen verlässlichen Status Geduldeter
       definieren, die durch ihre Erwerbstätigkeit ihren Lebensunterhalt sichern
       und gut integriert sind.“
       
       Im Kern geht es bei dem geplanten Fachkräfteeinwanderungsgesetz darum, dass
       Deutschland für qualifizierte Fachkräfte jenseits der EU attraktiver wird.
       Das Gesetz soll deren Zuzug ordnen und steuern. Bedarf und Qualifikation
       sollen zentrale Kriterien sein. Abschlüsse sollen schneller anerkannt
       werden und das Deutschlernen bereits im Ausland erleichtert werden.
       
       Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag hatte schon vor der
       Detaileinigung mit Blick auf die Pläne von einem positiven Signal
       gesprochen. „Schon heute fehlen 1,6 Millionen Arbeitskräfte, daher brauchen
       wir neben großem Engagement mit Blick auf inländische Potenziale dringend
       auch parallel bessere Zuwanderungsregeln“, betonte DIHK-Präsident Eric
       Schweitzer.
       
       ## Einigung zwischen Seehofer und Heil
       
       „Fachkräfte aus dem Ausland leisten schon heute einen wichtigen Beitrag zur
       Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft“, heißt es in dem
       Eckpunktepapier. Nachdem das hohe Wirtschaftswachstum auch durch die
       Zuwanderung aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union gestützt wurde, gehe
       diese Zuwanderung aber zurück, wird in dem Papier betont, das auf eine
       Einigung zwischen Innenminister Horst Seehofer (CSU) und Arbeitsminister
       Hubertus Heil (SPD) zurückgeht. „Ergänzend müssen wir daher auch bei der
       Gewinnung qualifizierter Fachkräfte aus Drittstaaten deutlich erfolgreicher
       werden.“
       
       Streit gab es bis zuletzt um den von der SPD geforderten Spurwechsel für
       abgelehnte, aber gut integrierte Asylsuchende. Die Sozialdemokraten wollen,
       dass sie nach dem neuen Zuwanderungsrecht in Deutschland bleiben können.
       Vor allem die CSU lehnte das strikt ab, damit „Wirtschaftsflüchtlinge“
       nicht zur Einreise ermuntert werden.
       
       CSU-Chef Seehofer hatte vor dem Treffen betont, er sei sich mit Minister
       Heil einig, dass es keinen Spurwechsel für alle abgelehnten Asylsuchenden
       in den Arbeitsmarkt geben solle. Bei der mit Heil erarbeiteten Grundlage
       sei ein Spurwechsel in diesem Sinne daher nicht mit dabei. Aber „wenn nicht
       ausgewiesen werden kann aufgrund zwingender Gründe, und zwar von Gründen,
       die nicht in der Person des Asylsuchenden liegen, dann sagen doch die
       Menschen, bevor sie hier rumsitzen, lasst sie arbeiten“. Das bezieht sich
       darauf, wenn zum Beispiel Folter im Herkunftsland droht.
       
       Wer aber abgelehnt und ausreisepflichtig sei, sollte auch ausreisen, so
       Seehofer. Geduldete Asylsuchende dürfen unter bestimmten Bedingungen auch
       schon heute arbeiten. Heil betonte, es gehe um pragmatische Lösungen für
       Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus, die die deutsche Sprache können
       und in den deutschen Arbeitsmarkt integriert sind. Diese Menschen müssten
       bleiben können. „Viele nennen das „Spurwechsel“. Mir ist aber nicht
       wichtig, wie die CSU das nennt, sondern, dass wir das Richtige tun.“ Einig
       sei man sich, „dass wir nicht die Falschen abschieben dürfen“, sagte Heil
       der dpa vor dem Treffen.
       
       Mit der nun gefundenen Regelung könnte es eine Art eingeschränkten
       „Spurwechsel“ nur für geduldete Asylsuchende geben. „Wir wollen keine
       Zuwanderung unqualifizierter Drittstaatsangehöriger“, betonen Union und SPD
       in dem Papier. Mit klaren Kriterien wolle man dafür sorgen, dass
       Vorschriften nicht missbraucht werden können. Die Zuwanderung von
       Fachkräften werde sich am Bedarf der Volkswirtschaft ausrichten und
       berücksichtige „die Qualifikation, das Alter, Sprachkenntnisse, den
       Nachweis eines konkreten Arbeitsplatzangebotes und die Sicherung des
       Lebensunterhaltes in angemessener Weise“. Der letzte Punkt soll verhindern,
       dass eine Einwanderung in die Sozialsysteme erfolgt.
       
       Aus konjunkturellen Gründen können zudem per Verordnung der Bundesregierung
       bestimmte Berufsgruppen zeitweise ausgeschlossen werden. Mit der Wirtschaft
       sollen Anwerbemöglichkeiten im Ausland verbessert und das Angebot an
       Deutschkursen ausgeweitet werden, damit die Arbeitskräfte sich in
       Deutschland schneller integrieren können.
       
       [2][Auch beim Thema Diesel gab es eine Einigung in der Großen Koalition.]
       Für Diesel-Besitzer sollen neue Angebote kommen, um Fahrverbote in Städten
       mit zu schmutziger Luft abzuwenden. Laut SPD-Chefin Andrea Nahles gibt es
       auch eine Verständigung zu umstrittenen Hardware-Nachrüstungen für ältere
       Diesel. Dafür könnte nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur
       voraussichtlich zu einem kleineren Teil auch Steuergeld eingesetzt
       werden.Details des „Konzepts für saubere Luft und die Sicherung der
       individuellen Mobilität in unseren Städten“ sollen Verkehrsminister Andreas
       Scheuer (CSU) und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) am Dienstagmittag
       vorstellen.
       
       2 Oct 2018
       
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