URI: 
       # taz.de -- Vorbereitungskurs für Geflüchtete: Erstmal Ausbildung light
       
       > Weil die Altenpflege-Ausbilung zu schwer ist, machen Geflüchtete bei der
       > Heimstiftung eine Vorausbildung. Ein Modell für weitere Berufe?
       
   IMG Bild: Kein einfacher Beruf: die Altenpflege
       
       Bremen taz | Walid Hderi Kheder ist zwölf Jahre alt, als seine Oma
       plötzlich gepflegt werden muss. Die Familie übernimmt diese Aufgabe
       Zuhause, auch der Sohn hilft mit. Waschen, aufmuntern, bei Problemen helfen
       – Dinge, die in Walids alter Heimat, im Irak, traditionell von der Familie
       übernommen werden.
       
       Kheder ist heute 22 Jahre alt. Seit drei Jahren lebt er in Deutschland, vor
       zwei Wochen durfte er seine Ausbildung als Altenpflegehelfer beginnen. „Ich
       möchte vor allem Menschen helfen. Für Hygiene sorgen, die Menschen
       unterhalten, aufmuntern, wenn sie eine schlechte Nacht hatten“, erzählt
       Kheder.
       
       Mit ihm gemeinsam starteten Anfang Oktober zwölf Geflüchtete in die
       Ausbildung bei der Bremer Heimstiftung. Diese stellte ihr neues
       Kooperationsprogramm am Freitag gemeinsam mit dem Aus- und
       Fortbildungszentrum für den bremischen öffentlichen Dienst (AFZ) vor. Das
       Programm, so Holger Wendel, Leiter des AFZ, soll eine ganz neue berufliche
       Perspektive für Geflüchtete in Bremen sein. Denn die Ausbildung zur
       Altenpflegehilfe kann eigentlich nur mit einem Bildungsgutschein der
       Agentur für Arbeit finanziert werden. Auf den haben Geflüchtete aber keinen
       Anspruch. Für die 13 Neueinsteiger*innen wird die Ausbildung deshalb vom
       Senat finanziert.
       
       ## Pflege von sozialer Relevanz
       
       Im Rahmen der Kampagne ‚Zukunftschance Ausbildung‘ ermöglicht das Land
       Bremen neben der Ausbildung bei der Bremer Heimstiftung auch einen
       finanzierten Einstieg für Geflüchtete in kaufmännische, technische und
       handwerkliche Berufe.
       
       Dass die Kooperation ausgerechnet in der Pflege zu Stande kommt, ist kein
       Zufall. „Viele der neuen Auszubildenden kommen aus Ländern, in denen die
       Altenpflege nicht institutionalisiert ist und diese Aufgabe so der Familie
       zukommt“, erzählt Sandra von Atens vom AFZ. Deshalb sei es für die
       Geflüchteten von sozialer Relevanz, einen Pflegejob zu übernehmen.
       
       Der Beruf sei deshalb bei den jungen Geflohenen besonders beliebt. Eine
       spannende Entwicklung für die Pflege, denn „zwei Drittel der neuen
       Auszubildenden sind Männer. Das ist etwas ganz Neues in einem Beruf, dessen
       Ausbildung sonst von einer großen Mehrheit Frauen abgeschlossen wird“.
       
       Positive Effekte hat der Zuwachs an geflüchteten Auszubildenden auch für
       die Heimstiftung selbst. Sie garantiert den zukünftigen Pflegehelfer*innen
       eine Übernahme, „entweder in die Ausbildung zur Altenpflege, die dann noch
       einmal drei Jahre dauert, oder in die praktische Arbeit als
       Altenpflegehelfer“, und sorgt damit für Nachwuchs, erläutert Alexander
       Künzel, Seniorvorstand der Bremer Heimstiftung. Derzeit bekommt sie ihre
       Ausbildungsklassen an den drei Pflegeschulen meist nicht voll bestückt.
       
       ## Die Hürden unterschätzt
       
       Für die dreizehn Geflüchteten, die zwischen 18 und 31 Jahren alt sind,
       bedeutet das Programm vor allem Zukunfts, Berufs- und gleichzeitig
       Bleibeperspektive in Bremen.
       
       Mit der Anpassung der Ausbildung der Altenpflegehilfe lernen die
       Beteiligten aus vorherigen Fehlern. „Wir haben zunächst versucht, die
       Geflüchteten einfach in den Klassen der Altenpflegeausbildung mit lernen zu
       lassen. Wir haben jedoch die Hürden unterschätzt“, sagt Künzel. Die Lösung:
       Fachspezifischer Sprachunterricht, sozialpädagogische Betreuung und eine
       längere Ausbildungsphase ergeben nun ein neues Ausbildungskonzept. 45
       Bewerber*innen schafften es in die engere Auswahl um die 15
       Ausbildungsplätze.
       
       Kheder ist, wie seine 12 Mitschüler*innen, hochmotiviert. Er freut sich auf
       die Arbeit mit den alten Menschen. „Aber erst möchte ich noch viel lernen
       und eine zweite Ausbildung zum Altenpfleger machen.“
       
       12 Oct 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lea Schweckendiek
       
       ## TAGS
       
   DIR Altenpflege
   DIR Geflüchtete
   DIR Ausbildungsplätze
   DIR Förderung
   DIR Altenpflege
   DIR Alten- und Pflegeheime
   DIR Lesestück Interview
   DIR Österreich
   DIR Streik
   DIR Studentenwohnheim
   DIR Arbeitsmarkt
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Vorstoß zur Verbesserung der Altenpflege: CDU findet Linke „überengagiert“
       
       Die Bremer Linksfraktion will, dass sich der Bremer Senat für ein
       bundesweites „Sofortprogramm“ zur Verbesserung der Altenpflege stark macht.
       
   DIR Großkonzerne kassieren bei Pflege: Senioren locken Investoren
       
       Großkonzerne kaufen sich in Pflegeheime ein und hoffen auf satte Gewinne.
       Der Vorwurf: Diese gehen auf Kosten von Qualität und Personal.
       
   DIR Autorin über Jobs für Geflüchtete: „Viele Berufe sind nicht bekannt“
       
       Viktoria Doll hat einen Bewerbungsratgeber für Geflüchtete geschrieben. Sie
       erzählt, warum angehende Friedhofsgärtner und Köche gute Chancen haben.
       
   DIR Flüchtlinge in Österreich: Abschiebung während der Ausbildung
       
       In Österreich sind Hunderte Auszubildende von einer Abschiebung bedroht.
       Die Rechtsregierung verteidigt sich mit der Durchsetzung des Rechtsstaats.
       
   DIR Schüler streiken gegen Abschiebungen: „Nicht unsere Vision von Zukunft“
       
       Am Freitag streiken Schüler*innen, Azubis und Studierende. Sie protestieren
       gegen Abschiebungen und für Bildung, die für alle zugänglich ist.
       
   DIR Mangel an bezahlbarem Wohnraum: Alle unter einem Dach
       
       Junge Geflüchtete, Studierende und Azubis finden kaum noch Wohnungen. Durch
       die Schaffung gemeinschaftlicher Wohnformen soll sich das ändern.
       
   DIR Arbeitskräftemangel in Deutschland: Weiblich, Mutter, gerne älter
       
       Firmen suchen händeringend nach Azubis und Fachkräften. So ergeben sich
       neue Chancen für Mütter, Geflüchtete und Studienabbrecher.