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       # taz.de -- „Unteilbar“-Demo in Berlin: Die Mitte in Bewegung bringen
       
       > Die #Unteilbar-Demo gilt schon als Erfolg, bevor sie überhaupt
       > stattgefunden hat. Bleibt zu hoffen, dass daraus langfristig mehr
       > entsteht.
       
   IMG Bild: Auch er ist Mitte: Herbert Grönemeyer kommt zur Unteilbar-Demo
       
       Viele müssen’s sein. An der Antirassismusparade „We’ll come united“ in
       Hamburg sollen 25.000 Teilnehmer*innen, bei der „Jetzt gilt’s“-Demo in
       München 40.000 und im Hambacher Wald sogar 50.000 Menschen teilgenommen
       haben.
       
       Und in Berlin erwarten die Organisator*innen der #unteilbar-Demonstration
       an diesem Sonnabend rund 40.000 Teilnehmer*innen. Damit setzt sich die
       Folge der großen Solidaritäts-Demonstrationen dieses Jahres fort. Gegenüber
       rechten Demonstrationen ist das schon rein quantitativ ein – wenn auch
       leider oft übersehener – Erfolg. Doch Symbolpolitik allein reicht nicht
       aus.
       
       Denn wer sind diese vielen? Auf der Straße tobt seit Monaten der Kampf
       nicht nur um die Deutungshoheit von Diskursen, sondern auch um die
       politische Mitte. In einem scheinbar orientierungslosen Taumel möchten von
       AfD bis Seebrücken-Bewegung alle die gesellschaftliche Mitte ansprechen
       oder gar repräsentieren – ob in Chemnitz, Köthen, München, Hamburg oder nun
       in Berlin. Denn Mitte zu sein, ist wichtig: Sie gilt als Aushängeschild des
       demokratischen Fundaments.
       
       ## Eisbären und Amnesty
       
       Das #unteilbar-Bündnis hat es tatsächlich geschafft, seine Demonstration
       genau darauf aufzubauen, indem es einen Querschnitt der Gesellschaft für
       sich gewann. Rund 9.000 Einzelpersonen und Organisationen, darunter die
       Eisbären Berlin, Amnesty International, Carolin Emcke, Hengameh
       Yaghoobifarah oder die Punkband ZSK, unterschrieben den Aufruf zur
       #unteilbar-Demonstration.
       
       Darin heißt es, dass Rassismus und Menschenverachtung zunehmend
       gesellschaftsfähig würden. Dem müsse man ein Signal der unteilbaren
       Solidarität und die Stärkung des Sozialsystems entgegensetzen. Denn mit dem
       gesellschaftlichen Rechtsruck würden Sozialstaat, Flucht und Migration
       gegeneinander ausgespielt. Mit ihrer Unterschrift werten das die
       Unterzeichner*innen des Aufrufs als einen „Angriff auf uns alle“.
       
       Um diesen Angriff abzuwehren, braucht es jedoch mehr als ein Demo-Event der
       breiten Mitte in Mitte. Denn ergänzend zur Größe hat auch die Route der
       Demonstration Symbolcharakter. Vom Alexanderplatz wird sie sich bis zur
       Siegessäule quer durch Berlin-Mitte, selbst schon ein Eventspace, wenn man
       an die Einheits-Feierlichkeiten oder die Fanmeile denkt, schlängeln.
       
       Doch um tatsächlich eine kraftvolle antirassistische Bewegung zu werden,
       muss die solidarische Symbolpolitik sowohl zivilgesellschaftlich wie auch
       politisch Wirkung zeigen. Was heißt das? Die gewohnten
       Oppositionspolitiker*innen werden gewiss für Selfies auf der Demo posieren.
       Aber es ist die regierende Parteipolitik, die den Willen zur
       Handlungsbereitschaft zeigen muss, strukturellen Rassismus in den eigenen
       Reihen, dem eigenen Kopf und den eigenen Institutionen anzuzeigen. Die
       Debatten nach Chemnitz haben anderes gezeigt.
       
       ## Gute Voraussetzungen
       
       Zum anderen bedarf es zivilgesellschaftlicher Interventionen, neuer
       Bündnisse und Vernetzungen. Nur so kann #unteilbar von der Event-Demo in
       den Alltag aller Teilnehmenden übersetzt werden. Dafür werden mit der
       Demonstration gute Voraussetzungen geschaffen, denn hier kommen Menschen
       zusammen, die bereits in Willkommensinitiativen, Organisationen von und für
       Geflüchtete, der antirassistischen oder queer-feministischen Bewegungen und
       so fort organisiert sind, mit solchen, die noch aktiviert werden möchten.
       
       Deshalb ist es wichtig, dass die Demonstration groß wird. Je mehr Menschen,
       desto höher ist der Wirkungsgrad, Rassismus, Menschenverachtung und
       Diskriminierung sichtbar zu machen. Diese Themen müssen im Alltag und auf
       den politischen Agenden beim Namen genannt werden.
       
       Das ist der Anfang. So kann #unteilbar an die gesellschaftlichen Ränder
       getragen und die sogenannte Mitte verbreitert werden. Das würde #unteilbar
       zu einem wahren Erfolg machen, und nicht nur klangvolle
       Solidaritätsbekundungen Herbert Grönemeyers auf der Abschlusskundgebung.
       Trotzdem gut, dass auch er dabei ist.
       
       13 Oct 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Torben Becker
       
       ## TAGS
       
   DIR #Unteilbar
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