URI: 
       # taz.de -- Frauenquote in US-Unternehmen: Wenn Gerechtigkeit nicht reicht
       
       > Als erster US-Bundesstaat führt Kalifornien eine Frauenquote für
       > Aufsichtsräte großer Unternehmen ein. Das ist vor allem für Tech-Firmen
       > brisant.
       
   IMG Bild: Eine der wenigen Chefinnen im Silicon Valley: Sheryl Sandberg, Co-Geschäftsführerin von Facebook
       
       Die Unterschrift des Gouverneurs Jerry Brown machte es am Sonntag
       offiziell: Kalifornien ist der erste Bundesstaat mit einer Frauenquote für
       Verwaltungsräte. Bis Ende 2021 müssen in Verwaltungsräten börsennotierter
       Unternehmen, die ihren Hauptsitz in Kalifornien haben, mindestens zwei von
       fünf Mitgliedern weiblich sein. Hat der Verwaltungsrat mehr als sechs
       Sitze, müssen drei an Frauen gehen. Rein männliche Aufsichtsräte soll es
       schon ab Ende nächsten Jahres nicht mehr geben dürfen – ein weibliches
       Mitglied ist bis dahin Pflicht. Unternehmen, die die Vorgaben nicht
       einhalten, müssen mit einer Geldstrafe von bis zu 300.000 US-Dollar
       rechnen.
       
       Schön ist, dass die demokratischen Politikerinnen um Senatorin Connie Leyva
       mit ihrer Gesetzesvorlage Erfolg hatten und Kalifornien nun eine
       verbindliche Frauenquote einführt. Absurd ist, dass das Argument
       „Geschlechtergerechtigkeit“ dafür allein nicht ausgereicht hat. Stattdessen
       schreiben die Politikerinnen in ihrer Gesetzesvorlage von „finanziellen
       Vorteilen“, die Unternehmen durch mehr weibliche Führungskräfte hätten.
       Frauen in Verwaltungsräten führten zu höheren Renditen und rentablerem
       Eigenkapital, heißt es da. Die Autorinnen berufen sich auf Studien des
       US-Finanzdienstleisters MSCI und der Schweizer Großbank Credit Suisse. In
       anderen Worten: Frauen sind gut fürs Geschäft. Geschlechtervielfalt ist
       profitabel.
       
       Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg ist nur rund jeder sechste der 3500
       Verwaltungsratssitze in börsennotierten Unternehmen in Kalifornien mit
       einer Frau besetzt.
       
       Dass die Quote ausgerechnet in Kalifornien eingeführt wird, ist vor allem
       für Tech-Unternehmen brisant: Viele von ihnen sitzen im kalifornischen
       Silicon Valley. So wird die neue Regelung auch bei Facebook, Tesla oder
       Apple zu personellen Veränderungen führen. Beim Autobauer Tesla sind zwei
       von neun Mitglieder des Verwaltungsrats weiblich. Genau wie bei Facebook,
       das mit Sheryl Sandberg immerhin eine weibliche Co-Geschäftsführerin hat.
       Bei Apple sind nur zwei von elf Personen dieses Gremiums weiblich. Sie alle
       werden nachbessern müssen.
       
       ## Gut für Konto und Kultur
       
       Mit dem Gesetz sende man Frauen eine Botschaft des Respekts, sagte die
       demokratische Politikerin Connie Leyva dem San Francisco Chronicle. „Wir
       wissen, dass diverser zusammengesetzte Führungsriegen und mehr Stimmen von
       Frauen das gesamte Unternehmen weiterbringen.“
       
       Und das gilt, legt man internationale Forschung zu Grunde, nicht nur
       finanziell. Laut einer Studie der Personalberatung Rochus Mummert führten
       mehr weibliche Mitglieder in der Unternehmensleitung dazu, dass dort
       deutlich häufiger über Wertschätzungskultur und Ethik diskutiert würde.
       Themen, die auf den Agenden einflussreicher Unternehmen regelmäßig
       auftauchen sollten.
       
       In Deutschland gibt es seit 2016 in den Aufsichtsräten börsennotierter
       Unternehmen eine Geschlechterquote von 30 Prozent. Und tatsächlich stimmen
       Zahlen und Quote zwei Jahre später überein. Laut eines Berichts der
       schwedisch-deutschen Allbright-Stiftung sind 1192 Aufsichtsratsmitglieder
       männlich, 522 weiblich. Gerecht ist der Anteil zwar immer noch nicht, kommt
       aber einer Revolution gleich, wenn man sich die Situation in den
       dazugehörigen Vorständen anschaut, für die die Quote bislang nicht gilt.
       Dort kommen 56 Frauen auf 641 Männer.
       
       Und die Pointe kommt noch: Laut Stiftung entspreche der Zuwachs an Frauen
       in Vorständen börsennotierter Unternehmen im vergangenen Jahr dem Zuwachs
       an Männern, die „Thomas“ mit Vornamen heißen. 2017 gab es mehr
       Vorstandsmitglieder, die Thomas oder Michael heißen, als insgesamt Frauen.
       
       Dass da etwas schief läuft, ist so klar wie die Gläserne Decke. Und
       erfordert zur Verdeutlichung ganz bestimmt keine Studien über den
       Zusammenhang von Frauen und höheren Renditen.
       
       3 Oct 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Leonie Gubela
       
       ## TAGS
       
   DIR Frauenquote
   DIR Silicon Valley
   DIR Kalifornien
   DIR Schwerpunkt Meta
   DIR Tesla
   DIR Kalifornien
   DIR 40 Jahre taz
   DIR Frauenquote
   DIR Frauenquote
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kaliforniens Gouverneur tritt ab: Der grüne Ami, der gute Ami
       
       Jerry Brown erlebt seine letzten Tage als Gouverneur von Kalifornien. Mit
       ihm tritt einer ab, der Ökopolitik gemacht und Trump getrotzt hat.
       
   DIR 40 Jahre taz: Der Frauenstreik 1980: Die nackte historische Wahrheit
       
       Der größte Exportschlager der taz war die Frauenquote. Sie wurde nach einem
       einwöchigen Streik der Frauen 1980 beschlossen.
       
   DIR Überwiegend männliche Chefredaktionen: Wo sind die Frauen?
       
       In den vergangenen Wochen haben viele Verlage neue Chefredakteure
       engagiert. Fast alle sind mittelalte, weiße Männer.
       
   DIR Unternehmen und Frauenquote: Es will ja keine
       
       Deutschen Unternehmen graut es vor der Quote. Sie finden einfach keine
       passenden Kandidatinnen. Dabei haben sie alles versucht. Ehrlich.