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       # taz.de -- Verschwundener Journalist Khashoggi: Gesichtswahrender Ausweg in Sicht
       
       > Saudi-Arabien will den Tod Jamal Khashoggis wohl eingestehen. Die Schuld
       > soll eigenmächtig handelnden Beamten zugeschoben werden.
       
   IMG Bild: Mike Pompeo am Dienstag in Riad mit dem saudischen Kronprinz Mohammed bin Salman
       
       Istanbul taz | Die Ermittlungen und Erklärungsversuche zu dem mutmaßlichen
       Mord an dem saudischen Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat
       in Istanbul treiben auf einen bizarren Höhepunkt zu. Während die türkische
       Polizei das saudische Konsulat durchsuchte und auch noch die Residenz des
       Konsuls inspizieren wollte, [1][berichten US-Medien, hinter den Kulissen
       würde eine Erklärung vorbereitet,] in der die saudische Regierung den Tod
       von Khashoggi eingestehen würde. Die Schuld daran würde aber eigenmächtig
       handelnden unteren Chargen zugeschoben.
       
       Nach tagelangem Drängen war es türkischen Ermittlern am Montagabend, 13
       Tage nach dem Verschwinden Khashoggis, gelungen, gemeinsam mit aus Riad
       eingeflogenen saudischen Kollegen Zugang zum mutmaßlichen Tatort, dem
       saudischen Konsulat in Istanbul, zu bekommen. Über neun Stunden lang wurden
       mithilfe von Spürhunden [2][Räume und Garten des Konsulats durchsucht.]
       
       Laut dem türkischen Sender NTV sollte Dienstagnachmittag die Durchsuchung
       fortgesetzt werden und auch die Residenz des Konsuls inspiziert werden.
       Über mögliche Ergebnisse drang bisher nichts nach außen. Türkische Medien
       verweisen darauf, dass die Saudis genug Zeit gehabt hätten, mögliche Spuren
       zu verwischen.
       
       Schon vor der Durchsuchung war aus dem türkischen Sicherheitsapparat
       gestreut worden, man habe eindeutiges Audio- und Videomaterial, aus dem
       hervorgehe, dass Khashoggi im Konsulat erst befragt, dann gefoltert und
       später ermordet worden sei. Dieses Material soll auch die US-Regierung
       kennen. Bisher hat die Türkei diese angeblichen Beweise aber nicht
       offengelegt und kein Staatsanwalt hat seine Existenz bestätigt.
       
       ## „Unautorisierter Killer“
       
       Stattdessen telefonierte Präsident Recep Tayyip Erdoğan am Sonntagabend mit
       dem saudischen König Salman und informierte ihn wohl über die türkischen
       Erkenntnisse. Das Ergebnis ist keine öffentliche Anklage der Saudis,
       sondern im Gegenteil eine gemeinsame saudisch-türkische
       Ermittlungskommission. Offensichtlich will Erdoğan den Hüter der heiligen
       Stätten des Islam nicht öffentlich vorführen, sondern mit den Saudis
       zusammen an einer gesichtswahrenden Lösung arbeiten.
       
       Dasselbe gilt für US-Präsident Donald Trump. Auch der telefonierte mit
       König Salman und sagte danach, der König habe den Mordvorwurf heftig
       zurückgewiesen. Anschließend deutete Trump an, wie die Affäre gelöst werden
       könnte. Es habe sich bei dem Mord an Khashoggi möglicherweise um die Tat
       eines unautorisierten Killers gehandelt. Wie ein unautorisierter Killer
       einen prominenten Dissidenten im saudischen Konsulat ermordet haben soll,
       sagte Trump nicht.
       
       Doch [3][berichtete am Dienstag CNN,] hinter den Kulissen bereitete das
       saudische Königshaus eine Erklärung vor, die Trumps Annahme bestätigen
       würde. Darin würde der Tot von Khashoggi eingeräumt, doch hätten die Täter
       ohne Auftrag gehandelt.
       
       Wohl um einer entsprechenden Erklärung den letzten Schliff zu geben, traf
       gestern US-Außenminister Mike Pompeo in Saudi-Arabien zu einem Treffen mit
       dem König ein. Saudi-Arabien ist der wichtigste Verbündete der USA im Nahen
       Osten, insbesondere im Streit mit dem Iran, und darüber hinaus der
       wichtigste Käufer amerikanischer Waffen. Trump hat bereits deutlich
       gemacht, dass die Affäre keine Waffenverkäufe beeinträchtigen dürfe.
       
       Auch der türkische Präsident will, obgleich er Khashoggi persönlich kannte,
       keinen Bruch mit den Saudis. Kronprinz Mohammed bin Salman ist dafür
       bekannt, dass er schon bei geringeren Anlässen diplomatische Beziehungen
       abgebrochen hat. Erdoğans Türkei konkurriert zwar mit den Saudis um
       Einfluss im Nahen Osten, aber gleichzeitig ist die geschwächte türkische
       Wirtschaft auf saudische Investitionen angewiesen. Womöglich zeigen sich
       Saudis am Ende dafür erkenntlich, dass Erdoğan mit ihnen kooperiert hat.
       
       16 Oct 2018
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Gottschlich
       
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