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       # taz.de -- Löschvorgänge bei YouTube: Mit Filtern gegen Kinderpornos
       
       > Vor gut einem Jahr wurde das NetzDG eingeführt. Für Youtube hat sich
       > wenig geändert. Dort löscht man Videos vor allem aus einem Grund.
       
   IMG Bild: 75 Prozent aller gelöschten Videos hat vorher noch kein YouTube-Nutzer gesehen
       
       Bei der Löschung unerwünschter Videos setzt YouTube immer mehr auf
       technische Filter. Das berichtete die Juristin Julie Wahrendorf,
       Mitarbeiterin in der Rechtsabteilung von Google (der Mutter von YouTube),
       bei einer Veranstaltung im Mainzer Abgeordnetenhaus.
       
       Soziale Netzwerke sind schon seit 2007 verpflichtet, rechtswidrige Inhalte
       „unverzüglich“ zu löschen. Doch was heißt „unverzüglich“? Im Oktober 2017
       trat das [1][Gesetz zur Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (NetzDG)]
       in Kraft und machte klare Vorgaben. Rechtswidrige Inhalte müssen binnen
       sieben Tagen entfernt werden, „offensichtlich rechtswidrige“ Inhalte sogar
       binnen 24 Stunden. Wenn das Beschwerdemanagement einer Plattform
       systematische Schwächen aufweist, kann das Bundesamt für Justiz ein Bußgeld
       bis zu 50 Millionen Euro verhängen.
       
       Google befürchtete zunächst ein sogenanntes „Overblocking“, dass aus
       Vorsicht auch legale Inhalte gelöscht werden könnten. Das Unternehmen
       überlegte, gegen das NetzDG Verfassungsbeschwerde einzulegen, hat dann aber
       darauf verzichtet. Eine bereits ausgearbeitete Klageschrift des
       Medienrechtlers Tobias Gostomzyk blieb in der Schublade.
       
       ## Weltweite und nationale Sperren
       
       In der Praxis hat sich für YouTube durch das NetzDG nicht viel geändert.
       „Bei uns konnte man schon immer Verstöße gegen die Community Guidelines
       melden und auch Verstöße gegen deutsches Recht.“ Inzwischen wurden die
       beiden Meldestränge zusammengeführt und das Verfahren wurde beschleunigt.
       
       Wenn ein Video wegen Volksverhetzung gemeldet wird, wird bei YouTube zuerst
       geprüft, ob es gegen die eigenen Richtlinien verstößt, die auch
       [2][„hasserfüllte Inhalte“ verbieten]. Wenn ja, wird das Video weltweit
       gesperrt. Nur wenn das Video nach den Guidelines zulässig bleibt, wird noch
       deutsches Recht geprüft. „Bei Hass ist die überlappung aber sehr groß“,
       sagte Wahrendorf. Das deutsche Recht ist vor allem beim Verbot
       verfassungswidriger Kennzeichen, etwa von Hakenkreuzen, strenger als
       YouTube. Hier wird ein Video dann nur national gesperrt.
       
       Wichtiger als individuelle Meldungen sind inzwischen aber technische
       Filter. Im letzten Quartal 2017 seien rund 400.000 Videos von Nutzern
       gemeldet worden, während 6,6 Millionen Videos von der YouTube-Technik als
       Verstoß eingestuft wurden, berichtet Wahrendorf. Es gehe dabei vor allem um
       „grafische Inhalte“, insbesondere Kinderpornografie und
       IS-Enthauptungsvideos.
       
       Vor der Löschung kontrolliere aber immer noch (kurz) ein Mensch, ob die
       Maschine richtig lag. Ein erkanntes Video wird mit einem Hashwert (einer
       Art digitaler Fingerabdruck) versehen und in eine Datenbank eingespeist,
       auf die zum Beispiel auch Facebook zugreifen kann. „75 Prozent der
       entfernten Videos hat vorher noch kein YouTube-Nutzer gesehen“, sagte
       Wahrendorf. Um die Maschinen zu ersetzen, bräuchte YouTube 180.000
       zusätzliche Mitarbeiter. Für vermeintliche Hassreden seien derartige Filter
       aber ungeeignet, so die Google-Juristin, „denn hier kommt es immer auf den
       Zusammenhang, den Kontext an.“
       
       Ein großes Problem sind für YouTube derzeit Gerichtsentscheidungen zu
       sogenannten Restore-Ansprüchen. Hier geht es um Löschungen, die von Nutzern
       für falsch gehalten werden. „Wir haben nichts gegen einen Prüfanspruch und
       korrigieren auch Fehlentscheidungen“, betont Wahrendorf, „aber es kann
       nicht sein, dass uns Gerichte zwingen, Videos zu zeigen, die in Deutschland
       zwar legal sind, aber gegen die YouTube-Richtlinien verstoßen.“ Dies gelte
       vor allem für Videos, die „Nacktheit“ zeigen. Im Ergebnis fordert YouTube
       also ein Recht auf Overblocking.
       
       17 Oct 2018
       
       ## LINKS
       
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