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       # taz.de -- Streit um Reisebusse in Berlin: Eine verfahrene Situation
       
       > Anrainer der Museumsinsel kritisieren das Reisebuskonzept der
       > Verkehrsverwaltung. Sogar das Weltkulturerbe sei in Gefahr, sagen sie.
       
   IMG Bild: Es werden immer mehr und sie kommen zu gerne in Bussen: Touristen auf der Berliner Museumsinsel
       
       Auf den ersten Blick handelt es sich um ein überschaubares Problem: Drei
       Haltebuchten für Reisebusse plant die Senatsverwaltung für Verkehr an der
       Südseite des Humboldt Forums in Mitte. Baubeginn soll im November sein.
       Doch an diesen drei Plätzen für die Be- und Entladung von Touristen
       entzündet sich ein Streit, der tiefer geht.
       
       Zwei dieser Buchten liegen direkt vor dem Eingang der Hochschule für Musik
       Hanns Eisler. Deren Rektor Robert Ehrlich lehnt die Pläne komplett ab, weil
       dadurch ein „heilloses Durcheinander“ vor und selbst in der Hochschule
       entstehen würde.
       
       Andere Anrainer der Museumsinsel teilen die Kritik, wie sie am Dienstag vor
       Journalisten erklärten. Sie werfen der Senatsverwaltung zudem vor, nicht
       mit ihnen reden zu wollen, obwohl sie ein sinnvolles Gegenkonzept für den
       Umgang mit den Reisebussen entworfen hätten. Und die Direktorin des
       Ägyptischen Museums, Friederike Seyfried, sieht gar den Status der
       Museumsinsel als Weltkulturerbe gefährdet, wenn man das Problem mit den
       Bussen nicht in den Griff kriegt.
       
       Sechs Anrainer haben sich in seltener Eintracht zusammengeschlossen zur
       Interessengemeinschaft Kultur und Bildung Spreeinsel. Tatsächlich ist die
       Masse an Reisebussen dort schon jetzt auffällig für jeden Passanten. Wenn
       Ende kommenden Jahres dann das Humboldt Forum im Retroschloss eröffnet,
       rechnet man mit bis zu 21.000 Besuchern täglich. In den morgendlichen
       Spitzenzeiten kämen davon gut 1.000 mit dem Bus – pro Stunde wohlgemerkt,
       wie Hans-Dieter Hegner, Bau-Vorstand des Humboldt Forums, erklärte.
       
       Um des wachsenden Busverkehrs Herr zu werden, hat die
       Interessengemeinschaft 2017 ein eigenes Modell entwickelt: Danach sollen
       die Busse künftig nicht auf der Museumsinsel selbst, sondern etwas weiter
       Richtung Alexanderplatz entlang der Karl-Liebknecht-Straße halten und,
       nachdem alle Mitfahrer aus- oder eingestiegen sind, wieder weiterfahren.
       „Wir wollen keine Busse, die auf der Insel parken und bei laufendem Motor
       und Klimaanlage für Abgase und Lärm sorgen“, betonte Hegner.
       
       Entsprechend lehnt die Interessengemeinschaft auch die drei neuen
       Haltebuchten vor der Musikhochschule ab. Deren Rektor Ehrlich befürchtet,
       dass wegen der vielen Busse die Hochschule nicht mehr die Fenster öffnen
       könne und die Touristen en masse deren Toiletten benutzen würden. „Dafür
       sind wir nicht ausgerichtet.“ Doch die Senatsverwaltung wolle die Kritik
       und die Verbessungsvorschläge der Initiative nicht hören, Gespräche darüber
       fänden nicht statt, in Planungen sei man nicht ein bezogen worden. „Es wird
       durchregiert – das finden wir nicht akzeptabel“, sagte Ehrlich.
       
       Tatsächlich sind die Planungen für das Umfeld des Humboldt Forums fast zehn
       Jahre alt. Damals seien die Musikhochschule und alle anderen Betroffenen
       einbezogen worden, weist Matthias Tang, Sprecher der Verkehrsverwaltung,
       die Kritik der Interessengemeinschaft zurück.
       
       Deren Alternativhalteplatz in der Liebknecht-Straße sei aus mehreren
       Gründen nicht umsetzbar, so Tang: Es sei unklar, was auf dem
       Marx-Engels-Forum passiere. Und der im Koalitionsvertrag festgeschriebene
       Plan, die Straße Unter den Linden zur Fußgängerzone zu machen und womöglich
       auch die Busse von dort zu verbannen, sei längst nicht vom Tisch. Wenn die
       U 55 fertig sei, werde es eine Verkehrsuntersuchung dazu geben, kündigte
       Tang an.
       
       Ob irgendwann die Busse ganz von der Museumsinsel verschwinden sollten –
       wie das etwa in anderen großen Museumsquartieren Europas längst Usus ist –,
       darüber ist man sich in der Initiative allerdings uneins. Zwar forderte die
       Ägyptologin Seyfried: „Wir wollen die Insel busfrei haben.“ Hegner vom
       Humboldt Forum will indes auf diese Touristen nicht verzichten. Zudem sei
       ein „voller Bus ein sehr ökologisches Transportmittel“.
       
       16 Oct 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bert Schulz
       
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