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       # taz.de -- Demo-Initiator über ein friedliches Europa: „Es ist vielleicht zu selbstverständlich“
       
       > In 14 Ländern wurde am Samstag demonstriert, zu #unteilbar in Berlin
       > kamen Tausende. Doch für Europa zu mobilisieren sei schwer, sagt
       > Mitinitiator Jonas Lüscher.
       
   IMG Bild: Die Menschen merken auf Demos, dass es noch gute Gründe für ein positives Selbstbewusstsein gibt, sagt Lüscher
       
       taz: Herr Lüscher, in Berlin waren [1][am Samstag rund 240.000 Menschen auf
       der Straße]. Sind Sie zufrieden? 
       
       Jonas Lüscher: Ehrlich gesagt bin ich etwas zwiegespalten. Berlin war ein
       großer Erfolg, vermutlich auch, weil es dort viel um lokale Fragen ging,
       etwa bezahlbaren Wohnraum. Aber unser Anliegen war der europaweite Protest.
       
       Ihr Ziel waren fünf Millionen Demonstrierende in ganz Europa. Wie sieht es
       aus – hat das geklappt? 
       
       Leider nein. Wir kennen noch immer keine konkreten Zahlen. Aber wir haben
       Rückmeldungen bekommen, die uns gezeigt haben, wie wichtig die
       Veranstaltungen dennoch für die Organisatoren und Teilnehmer waren. Gerade
       für die Menschen in Polen, Ungarn und Italien ist es wichtig, zu sehen,
       dass sie mit ihren Problemen nicht alleine sind – dass es eine europäische
       Solidarität gibt.
       
       Woran messen Sie denn den Erfolg? An Teilnehmerzahlen? 
       
       Einerseits haben sich europaweit 54 Städte beteiligt, das ist ja eigentlich
       schon sehr schön. Andererseits waren die Demonstrationen teilweise recht
       klein. Die Kraft von Demonstrationen liegt allerdings in der Masse. Nicht
       nur für die Außenwirkung, auch für die Teilnehmer ist es wichtig, dass sich
       viele Menschen vereinen. Dieses Wir-Gefühl trägt zu einer Politisierung
       junger Menschen bei.
       
       Warum zündete der Protest in Europa nicht so richtig? 
       
       Vielleicht ist ein Europa in Frieden zu selbstverständlich geworden.
       Möglicherweise ist Europa auch immer noch zu abstrakt, um dafür auf die
       Straße zu gehen. Wir müssen überlegen, wie wir die Idee eines solidarischen
       Europas in den Mittelpunkt rücken können.
       
       In Deutschland kursierte vor dem Hashtag #unteilbar der Hashtag
       #wirsindmehr. Populisten bezweifeln und relativieren immer wieder die Größe
       der Demos. Wie wichtig ist gerade jetzt die Positionierung als Mehrheit? 
       
       Sie ist wichtig, weil momentan eine relativ kleine Gruppe sehr laut ist,
       sehr viel Aufmerksamkeit generiert und ständig behauptet, sie würde eine
       Mehrheit vertreten. Ich bin aber überzeugt, dass eine Mehrheit sich ein
       Leben in einer liberalen Demokratie wünscht. Sicher, wir müssen aufmerksam
       sein, dass die Rechtspopulisten in der Minderheit bleiben. Aber
       gleichzeitig dürfen wir durchaus selbstbewusst unser Leben in einer freien
       Gesellschaft leben. Die Menschen merken auf Demos, dass es trotz aller
       Panik noch gute Gründe für ein positives Selbstbewusstsein gibt. Berlin war
       dafür ein gutes Beispiel.
       
       Eigentlich sind Sie Schriftsteller. Warum haben Sie ausgerechnet jetzt Ihre
       Komfortzone, den Schreibtisch, verlassen? 
       
       Weil es an der Zeit war. Das ist zwar ein etwas redundanter Ruf. Aber es
       gab für mich in letzter Zeit doch ein paar Ereignisse, die mich sehr
       aufgerüttelt haben. Unter anderem der Brexit, bei dem sich gezeigt hat, was
       passiert, wenn die jungen Leute ihre politischen Rechte nicht wahrnehmen.
       Das ist auch die wichtigste Aufgabe im nächsten Jahr: Wir müssen die
       Europawahl im Mai ins Bewusstsein rufen und die Jungen an die Urne zu
       bringen.
       
       Wie kann das gelingen? Sie haben ja jetzt Erfahrung in der Organisation
       europaweiter Proteste. 
       
       Es war wahnsinnig schwierig, für Europa zu mobilisieren. Und es bleibt
       schwierig. Sicher ist nur: Die Globalisierung, die Migrationsfrage,
       überhaupt die gesellschaftlichen Veränderungen verlangen dringend nach
       europäischen Antworten. Im Klartext: nach einem solidarischen Europa.
       
       16 Oct 2018
       
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