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       # taz.de -- AfD Bremen verklagt sich selbst: Führerprinzip greift noch nicht
       
       > In Ungnade gefallene Mitglieder der AfD klagen gegen den Landesvorstand
       > um Frank Magnitz. Dabei treten Demokratiedefizite offen zutage.
       
   IMG Bild: Zu Demokratie gehört Öffentlichkeit: Frank Magnitz, AfD-Landesvorstand Bremen, wird beim Parteitag im Juni gegenüber Journalisten handgreiflich
       
       Bremen taz | Gleich sieben Verfahren mit AfD-Beteiligung laufen derzeit
       beim Landgericht Bremen. Das bestätigte ein Sprecher des Landgerichts der
       taz. Mal sei die Partei beklagt, mal selbst Klägerin, mal beigeordnet.
       Allein in dieser Woche wird vor der Zivilkammer in drei verschiedenen
       Verfahren verhandelt, bei denen sich die AfD mit internen
       Rechtsstreitigkeiten rumschlägt.
       
       Am Montag und am Dienstag ging es um wahrscheinlich rechtswidrige
       Parteiausschlussverfahren, am Donnerstag (9:15 Uhr, Saal 117) klagt die AfD
       auf Unterlassung einer Äußerung eines unliebsamen Mitglieds, das gesagt
       hatte, dass die Partei mit Personen zusammenarbeite, die vom
       Verfassungsschutz beobachtet werden.
       
       Am Dienstagnachmittag, als es um zwei Parteiauschlussverfahren geht, stehen
       einige Herren mit überwiegend schütterem weißen Haar vor dem Gerichtssaal
       115. In kleinen Grüppchen warten sie auf Einlass in den Gerichtssaal. Fast
       alle bekannten Gesichter der AfD Bremen sind da: Frank Magnitz, der im
       Bundestag sitzt und Landesvorstand ist, sein Stellvertreter Thomas
       Jürgewitz, aber auch [1][Gerald Höns] warten auf Einlass.
       
       Auf der Gegenseite: der [2][aufmüpfige Kreisverband Mitte-West], der mitten
       im Bundestagswahlkampf 2017 die Fahnen gestrichen hat, weil ihnen die AfD
       mittlerweile zu weit rechtsaußen gewesen war und der
       Bürgerschaftsabgeordnete [3][Alexander Tassis] zudem der rechtsextremen
       Identitären Bewegung zu nahe stehe. In Folge klagten mehrere Mitglieder
       gegen ihren Landesvorstand und dessen Beschluss, sie auszuschließen und
       ihrer Ämter zu entheben. Ihre Namen: Peter Scharlau und Heinrich Rauch.
       
       In einem weiteren Verfahren wiederum klagt die AfD auf Unterlassung gegen
       den [4][inzwischen ausgetretenen] Frank Regener, der unter anderem gesagt
       hatte, dass er es als unerträglich empfinde, [5][“dass sich der
       Landesvorstand mit Gruppierungen gemein macht, die vom Verfassungsschutz
       als demokratiefeindlich eingestuft werden.“]
       
       ## Gegenseite nicht gehört
       
       Richtig lange dauert die Güteverhandlung bezüglich der Ausschlussverfahren
       an diesem Dienstag nicht: Die Rechtslage ist einigermaßen eindeutig, wie
       das Gericht vor allem dem AfD-Landesvorstand klarmachen muss. Man müsse
       sich bei Parteiordnungs- oder Ausschlussverfahren an gewisse Formalia
       halten und auch die Gegenseite anhören. Das aber habe der Landesvorstand
       einfach ignoriert. Das Gericht attestiert der Klage gute Erfolgsaussichten.
       
       Der vorsitzende Richter Andreas Helberg wies darauf hin, dass das
       Rechtsverständnis des AfD-Landesvorsitzenden Frank Magnitz nicht „dem guten
       deutschen Grundsatz des rechtlichen Gehörs“ entspreche. In dem umstrittenen
       Beschluss, aus dem der Richter zitiert, wurde die AfD-Parteiführung überaus
       deutlich: Der Ausschluss sei beschlossen, mit sofortiger Wirkung dürfe
       keiner der Betroffenen Mitgliedsrechte ausüben oder an Parteitagen
       teilnehmen.
       
       Scharlau und Rauch legten Widerspruch ein und beantragten für den Parteitag
       im Dezember 2017 erfolgreich eine einstweilige Verfügung, weil sie ihren
       sofortigen Ausschluss für rechtswidrig hielten. Das sah auch das damals
       zuständige Gericht so, die unliebsamen Mitglieder durften teilnehmen.
       
       Auch bei der heutigen Güteverhandlung wird klar: Schon über grundlegende
       Formalia hat sich die AfD-Führung hinweggesetzt: Sie hätte die
       ausgeschlossenen Mitglieder informieren, Ordnungsmaßnahmen schriftlich
       begründen, sich zudem zu dem Widerspruch verhalten müssen – all dies aber
       taten Magnitz und Kameraden nicht.
       
       ## Urteil fällt wohl zu Ungunsten der Parteiführung aus
       
       Die Prozessstrategie des Landesvorstands wirkt konfus bis unverständlich.
       Eine gute dreiviertel Stunde erklärte der vorsitzende Richter dem
       Landesvorstand, wie der deutsche Rechtsstaat funktioniert. Den Großteil
       davon nahmen die Beklagten schweigend zur Kenntnis.
       
       Erst einen Tag vor der mündlichen Verhandlung hat sich der Landesvorstand
       gegenüber dem Gericht geäußert. Man sei sich bewusst, dass die
       Ordnungsmaßnahmen nicht standhalten würden. Deswegen habe man die
       betroffenen Mitglieder ja auch per Rundschreiben zum Parteitag im Dezember
       eingeladen. Warum er dann nicht die Ordnungsmaßnahmen widerrufen habe, die
       Frage des Gerichts kann Magnitz nicht beantworten. Wie aus Trotz besteht er
       am Ende der Verhandlung darauf, ein schriftliches Urteil zu bekommen –
       obwohl die drei Richter mehrfach klar durchscheinen lassen, dass dieses
       wohl nur zu Ungunsten der Parteiführung ausfallen könne.
       
       Einer der Kläger, Peter Scharlau, gibt sich nach der gescheiterten
       Güteverhandlung zuversichtlich. Man könne den Rechtsaußen in der AfD nicht
       einfach so kampflos das Feld überlassen, sagt er. Warum er noch etwas mit
       der Partei zu tun haben wolle? „Ich will mich einklagen, weil ich
       Kassenwart war. Ich will in meine Funktion zurückkommen und sehen, wofür
       die Rechtsaußen Geld ausgegeben haben.“ Alles Weitere werde man dann sehen.
       
       *In einer früheren Version des Artikels hieß es, dass Frank Regener
       ebenfalls gegen sein Ausschlussverfahren klagt. Er streitet sich mit der
       AfD vor Gericht allerdings wegen einer von ihm getätigten Äußerung. Das
       wurde in dem Artikel berichtigt und ergänzt. Gegenüber der taz sagte Frank
       Regener, er hätte nicht gegen seinen Parteiausschluss geklagt, weil er
       nicht weiter Mitglieder dieser Partei sein wolle.
       
       17 Oct 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://afdwatchbremen.com/gerald-hoens-beirat-walle/
   DIR [2] /!5454810/
   DIR [3] /AfD-Abgeordneter-sympathisiert-mit-IB/!5446922
   DIR [4] https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-frank-regener-schmeisst-hin-_arid,1661578.html
   DIR [5] https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-zoff-in-der-bremer-afd-_arid,1654220.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
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