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       # taz.de -- Russlandtag in Mecklenburg-Vorpommern: Lieber Kartoffeln statt Konflikte
       
       > Auf der Veranstaltung in Rostock umschifft Ministerpräsidentin Schwesig
       > kritische Themen. Bei den russischen Gästen kommt das gut an.
       
   IMG Bild: Schwesig zeigt sich ganz einig mit dem russischen Vize-Handelsminister Osmakov
       
       Rostock taz | Die Umgebung dürfte vielen Gästen in der Rostocker Stadthalle
       vertraut vorkommen. Zwischen Plattenbauten und der Umgebungsstraße
       versprüht die Hansestadt einen postsowjetischen Charme. Und dann weht auch
       noch die russische Flagge vor der Tür.
       
       Ein passender Ort also für den dritten Russlandtag der Landesregierung von
       Mecklenburg-Vorpommern. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hatte
       eingeladen und rund 850 Teilnehmer kamen – ein Rekord für die
       Veranstaltung, die erstmals 2014, auf dem Höhepunkt des Krieges in der
       Ukraine, stattgefunden hatte.
       
       Die Landesregierung möchte die Zusammenkunft von Unternehmensvertretern und
       Politikern als regionale Wirtschaftskonferenz verstanden wissen. Man will
       Kontakte knüpfen und Geschäfte anbahnen.
       
       Ein paar Vereinbarungen wurden denn auch auf der Bühne unterzeichnet: zur
       Zusammenarbeit von Unternehmerverbänden und Hochschulen, zur Kooperation
       von Forschungseinrichtungen oder zur Entwicklung von neuen Kartoffelsorten.
       
       ## Schwesig will erhobenen Zeigefinger vermeiden
       
       Doch natürlich geht es um mehr als das. Über all dem schweben Fragen wie
       Russlands aggressive Außenpolitik und die damit verbundenen Sanktionen, der
       Bau der umstrittenen Ostseepipeline Nordstream2, die [1][Menschenrechtslage
       in Russland] und Hackerangriffe auch auf deutsche Institutionen.
       
       Gastgeberin Manuela Schwesig versuchte diese Themen in ihrer Rede
       weitgehend zu umschiffen. Sie bemühte als Motiv den Titel einer am Vorabend
       eröffneten Ausstellung deutscher und russischer Künstler: „Was uns
       verbindet“.
       
       Das sei eben wichtiger als das Trennende. Wirtschaftskontakte würden
       Verbindungen schaffen und zum Abbau von Konflikten beitragen. Und
       Veränderung sei nur im Dialog zu erreichen und nicht, indem man dem
       Gegenüber mit erhobenem Zeigefinger sage, was er falsch mache, so Schwesig.
       
       Bei den russischen Gästen kommt das super an. „Wir schätzen es sehr, dass
       sich Frau Schwesig für den Abbau von Sanktionen gegen Russland einsetzt“,
       sagt der russische Vize-Handelsminister Vasily Osmakov.
       
       Schon zu Jahresbeginn hatte Schwesig mit drei anderen ostdeutschen
       Ministerpräsidenten den Abbau der Sanktionen [2][gefordert], die 2014 gegen
       Russland wegen der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und seinem
       militärischen Eingreifen im Osten der Ukraine verhängt wurden.
       
       ## Sanktionen seien bloß Stimmungskiller
       
       Sanktionskritiker hatten bisher immer den [3][wirtschaftlichen Schaden
       betont] – besonders für die ostdeutsche Wirtschaft. Dieses Argument wird am
       Mittwoch, angesichts eines Wachstums von 23 Prozent im deutschen
       Außenhandelsumsatz mit Russland im vergangenen Jahr, nicht mehr bemüht.
       Auch in Mecklenburg-Vorpommern ist der Handel wieder auf Vorkrisenniveau.
       Die Sanktionen seien lediglich ein Stimmungskiller, findet auch Osmakov.
       
       Also alles bestens? Anders als Schwesig spricht Bundestagsvizepräsident
       Thomas Oppermann (SPD) auf der Bühne auch Heikles an. Man habe
       unterschiedliche Vorstellungen von Freiheit, Demokratie und
       Menschenrechten. Er hoffe, dass sich die Situation in Russland verbessert.
       „Und natürlich müssen die Cyberangriffe aufhören.“
       
       Der Miesepeter will Oppermann aber auch nicht sein – und preist das gute
       deutsch-russische Verhältnis, das es zu erhalten gelte. Viele
       außenpolitische Probleme ließen sich ohne Russland nicht lösen: das
       Atomabkommen mit dem Iran, die Kriege in Syrien und in der Ukraine.
       
       Gut kommt auch sein Plädoyer für die Nordstream2 an. Die Pipeline sei
       wirtschaftlich vernünftig, so Oppermann. „Das Störfeuer von Donald Trump
       darf uns nicht stoppen.“ Dass auch die EU-Kommission und fast alle
       EU-Staaten sowie die Ukraine das Projekt ablehnen, erwähnt er nicht.
       
       18 Oct 2018
       
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