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       # taz.de -- Trump zu Tötung von Jamal Khashoggi: Auffällige Zurückhaltung
       
       > Für den US-Präsidenten geht es nicht nur um lukrative Waffengeschäfte mit
       > Riad. Die USA sind derzeit auf saudisches Öl angewiesen.
       
   IMG Bild: Auf Gedeih und Verderb verbündet
       
       Genf taz | Bei einem Wahlkampfauftritt vor Militärs auf dem
       Luftwaffenstützpunkt Luke in Arizona hat US-Präsident Donald Trump die vom
       Königshaus in Riad angebotene Erklärung für den gewaltsamen Tod von Jamal
       Kashoggi „glaubwürdig“ genannt und die Festnahme von 18 an der Tötung des
       Regimekritikers beteiligten Personen als „ersten großen Schritt“ gewertet.
       
       Gleich im nächsten Atemzug lobte Trump Saudi-Arabien als „großartigen
       Verbündeten“ und verwies auf die saudischen Aufträge an US-Unternehmen in
       Höhe von 450 Milliarden Dollar, die er von seinem Besuch in Riad im April
       2017 – seiner ersten Auslandsreise als Präsident – mitgebracht hatte.
       „Darunter 110 Milliarden Dollar für neue Waffen, die viele Jobs in unserer
       Rüstungsindustrie sichern und in erster Linie euch zu Gute kommen“, betonte
       Trump gegenüber den Militärs gleich mehrfach.
       
       Doch die äußerst lukrativen Rüstungsgeschäfte mit Riad sind nicht der
       einzige Grund für die windelweiche Haltung der Administration Trumps
       gegenüber dem Regime in Riad. Der US-Präsident braucht dringend eine
       Erhöhung der saudischen Ölproduktion und Exporte, um – insbesondere vor den
       US-Zwischenwahlen im November – ein weiteres Ansteigen der Benzin- und
       Heizölpreise sowie andere negative innenpolitische Folgen seiner
       Sanktionspolitik gegen Iran zu verhindern.
       
       Schon seit Mai ist die Nachfrage auf dem Weltölmarkt größer als das
       Angebot. Der Preis für ein Fass stieg seitdem von rund 50 auf knapp 75
       US-Dollar. Entsprechend zogen die Benzinpreise in den USA in den letzten
       fünf Monaten deutlich an. Wesentlicher Grund für diese Entwicklung sind die
       im Mai verhängten Sanktionen, mit denen die US-amerikanische Regierung Iran
       völlig vom internationalen Ölmarkt abschneiden will. Anfang November werden
       diese Sanktionen noch einmal erheblich verschärft. Dann könnte die
       Nachfrage auf dem Weltölmarkt das Angebot um mindestens 1,7 Millionen Fass
       täglich übersteigen.
       
       ## Öl und Schulden
       
       Wenn Saudi-Arabien oder andere Mitglieder des von Riad angeführten Kartells
       der Organisation erdölexportierender Staaten (OPEC) ihre Produktion nicht
       erhöhen, könnte der Weltmarktpreis nach Einschätzung von Experten wieder
       das Rekordniveau des Krisenjahres 2008 von 150 US-Dollar pro Fass
       erreichen. Das würde nicht nur zu einem weiteren Anstieg der Benzin- und
       Heizölpreise in den USA führen, sondern könnte den Aufschwung der
       Wirtschaft beenden, von dem die Republikaner bei den Zwischenwahlen zu
       profitieren hoffen.
       
       Neben der Ölwaffe hat Riad noch ein weiteres Druckmittel im Fall Kashoggi.
       Saudi-Arabien ist der zwölftgrößte Gläubiger der USA. Einen Großteil ihrer
       Einnahmen aus dem Ölgeschäft haben die Saudis in den USA investiert.
       Darunter die Rekordsumme von fast 170 Milliarden in US-Staatsanleihen.
       
       Sollten die Saudis diese Staatsanleihen verkaufen, würde das die Zinsen an
       den Anleihemärkten hochtreiben. Die Administration Trumps ist aber auf
       niedrige Zinsen angewiesen, um die gigantische zusätzliche
       Staatsverschuldung zu finanzieren, die sie mit ihren erheblichen
       Steuererleichterungen für Unternehmen verursacht.
       
       Allein für 2018 belaufen sich die zusätzlichen Staatsschulden auf 800
       Milliarden Dollar. 2019 werden es voraussichtlich eine Billion Dollar sein.
       Diese Schulden will die Regierung durch die Ausgabe neuer Staatsanleihen
       hereinholen. Der Verkauf von US-Staatsanleihen durch Riad wäre eine sehr
       unliebsame Konkurrenz. Schließlich ist Saudi-Arabien der wichtigste
       Risikokapitalgeber für Start-ups in den USA geworden. Seit Mitte 2016 hat
       der saudische Machthaber Kronprinz Mohammed Bun Salman hier rund 13
       Milliarden Dollar investiert.
       
       21 Oct 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Zumach
       
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