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       # taz.de -- Kritik an EU-Regelung zur E-Mobilität: Mehr Abgase durch E-Autos?
       
       > Mit der Förderung der elektrischen Mobilität will die EU CO2 reduzieren.
       > Doch die geplante Regelung erreicht das Gegenteil.
       
   IMG Bild: EU-Regelungen könnten zu dreckigen Geschäften zwischen E-Mobilität und Abgasschleudern führen
       
       Berlin taz | Im November 2017 gab sich die EU-Kommission als Klimaschützer
       auf der Straße: „Das Ziel für die ,Strategie einer Mobilität mit niedrigen
       Emissionen' ist es, die Emissionen des Verkehrs zu senken, um die Gefahren
       des Klimawandels zu bekämpfen.“
       
       Eine Analyse dieser Strategie durch die Expertengruppe ICCT kommt nun zu
       einem ganz anderen Ergebnis: Die Vorschriften zur Förderung von Fahrzeugen
       mit null oder niedrigem CO2-Ausstoß (ZLEV) „sind bestenfalls zahnlos, wenn
       sie wie geplant umgesetzt werden“, schreibt Peter Mock vom ICCT. „Im
       schlimmsten Fall könnten sie den Nutzen dieser Regulierung für das Klima
       untergraben.“
       
       Der „International Council on Clean Transportation“ ist eine
       Expertengruppe, die unter anderem für die Aufdeckung des Dieselskandals in
       den USA gesorgt hat. Wegen ihres Fachwissens hätten nun Behörden aus den
       drei großen Autobau-Regionen USA, China und der EU um eine Einschätzung
       ihrer Politiken gebeten, mit denen die E-Mobilität gefördert werden soll,
       erklärt die Gruppe.
       
       Für die EU kommt sie in einem Papier, das am Montag veröffentlicht wird
       ([1][www.theicct.org]), zu einem drastischen Ergebnis: Würden die Regeln
       wie jetzt geplant umgesetzt, könnte bis 2030 der Einsatz von immer mehr
       E-Mobilen für den Klimaschutz nach hinten losgehen – die Emissionen aus dem
       Verkehr könnten sogar noch steigen, so die Befürchtung.
       
       ## Nachlass auf den Ausstoß
       
       Der Grund: Wenn Autohersteller E-Mobile oder Hybridautos (mit kombiniertem
       Verbrennungs- und Batterieantrieb) in den Markt bringen, bekommen sie einen
       Nachlass auf den CO2-Ausstoß ihrer Autos mit Verbrennungsmotor, die immer
       noch den Hauptteil ihrer Verkäufe ausmachen. Je mehr E-Autos sie also
       verkaufen, desto weniger müssen sie bei ihren Benzinern und Dieseln den
       Verbrauch senken.
       
       Steigern die Hersteller ihre Elektro-Verkäufe bis 2030 auf 30 Prozent (was
       etwa VW erreichen will), dürfen sie bei den Verbrennern bis zu 5 Prozent
       über der Norm liegen. Und da wird um jedes Prozent und jedes Gramm gekämpft
       – derzeit streiten EU-Parlament und EU-Länder darum, um wie viel die Autos
       zwischen 2021 und 2030 weniger verbrauchen müssen: Während das Parlament
       eine Reduktion um 40 Prozent fordert, wollen die Staaten nur 35 Prozent
       zugestehen.
       
       In diesem Kampf um die Zukunft der Antriebe sind die Vorteile durch die
       E-Autos sehr wichtig. Die jetzige Regel sei aber so großzügig, dass „sie
       tatsächlich die CO2-Emissionen der Autos mit Verbrennungsmotor zwischen
       2021 und 2030 signifikant erhöhen könnte“, so Peter Mock. Die Autobauer
       würden „vom Haken gelassen, wenn sie praktisch ein Jahrzehnt nichts tun
       müssen, um die Effizienz ihrer Verbrenner zu verbessern“.
       
       ## Industrie ist optimistischer
       
       Ein Ausweg sei es, die Hersteller mit Strafen zu belegen, wenn sie ihre
       bislang freiwilligen Ziele für E-Mobile nicht erreichen. Und ihnen
       vorzuschreiben, die Verbrenner weiter jährlich um 1 bis 2 Prozent
       effizienter zu machen. Das Problem löse sich auch, wenn die derzeit heiß
       umkämpfte CO2-Reduktion der Autoflotten in der EU bis 2030 auf 50 Prozent
       erhöht werde.
       
       Die Autoindustrie selbst glaubt offenbar mehr an die E-Mobilität als die
       Politik, zeigt die Studie des ICCT: Bis 2025 wollen die Hersteller weltweit
       etwa 150 Milliarden Dollar in neue Werke investieren und über 15 Millionen
       E-Mobile verkaufen – heute sind es etwa 1,2 Millionen. Und allein die
       Absatzpläne der deutschen Hersteller VW, BMW und Mercedes zusammen liegen
       für 2025 mit etwa 5 Millionen Fahrzeugen schon deutlich höher als das Ziel,
       das die EU-Kommission für ganz Europa ausgegeben hat.
       
       22 Oct 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.theicct.org
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
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